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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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    Die Loyalität der diversen Truppenteile in der Umgebung von Leadville beruhte einerseits auf dem Wohlstand der Stadt, andererseits auf der gewohnten Befehlsstruktur – in erster Linie aber auf dem Wohlstand. Nirgendwo sonst würde es ihnen so gut gehen wie hier in der Nähe der Hauptstadt.
    Aber angenommen, die Menschen konnten wieder unterhalb der Todesgrenze leben?
    Nein. Es war zu einfach, Leadville an allem die Schuld zu geben. Selbst wenn die Führung wechselte – was sollte sie denn anders machen? Leadville besaß die besten Labors auf der Welt. Die Leute dort waren sicher in der Lage, das Impfmittel zu entwickeln und herzustellen. Daran glaubte Hernandez. Und wenn die neue Nano-Waffe kein Hirngespinst war, sollte sie ebenfalls in Leadville hergestellt und kontrolliert werden. Die Kriege auf der anderen Seite des Planeten konnten sich im Nu bis hierher ausweiten. Bewohnbares Land war mehr als knapp, und es galt doch, eine Art Zentrum zu bewahren ...
    Vor nicht allzu langer Zeit waren die Ratgeber des Präsidenten noch echte Volksvertreter gewesen, bestimmt durch eine ordnungsgemäße und gerechte Wahl. Sie hatten zwar mehr als schlechte Karten erhalten, aber das Beste daraus gemacht, und doch ... Und doch respektierte er zu viele der Männer und Frauen, die gegen ihn gearbeitet hatten. James Hollister und Captain Young, Ruth Goldman und Cam, den Überlebenden.
    Frierend trat Hernandez von einem Fuß auf den anderen. Ein schwarzer Vogel segelte im Wind. Wieder kam ihm der Gedanke, wie sich wohl all die Quadrate und Pfeile auf seinen Karten verschieben würden, wenn sich die Impf-Nanos ausbreiteten. Es hatte zu viele Gräuel gegeben, als dass sich Amerika sofort wieder als Nation vereinigen konnte. Jeder von ihnen hatte gute Gründe gefunden, den Gegner zu hassen, und bestimmt gab es auf anderen Kontinenten Gruppen von Überlebenden, die in ihrer Verzweiflung alles versuchen würden, um an das Impfmittel zu kommen. Die einzige realistische Überlegung war die Frage nach dem Ausmaß des bevorstehenden Konflikts – wer gegen wen, wann und wo ? Er konnte die neuen Linien fast abstecken. In vielerlei Hinsicht würde die neue Woge der Gewalt ebenso grausam und vernichtend sein wie die Maschinenpest selbst, und ihm dämmerte, dass kleine Einheiten wie seine Truppe ein entscheidender Faktor im Bürgerkrieg sein konnten, ein Gewicht, das letzten Endes den Ausschlag gab.
    Aber Frank Hernandez musste erst entscheiden, auf welcher Seite er stehen wollte.

7
    Ruth hob ihr Fernglas und verzog genervt das Gesicht, weil sich unter ihrer Brille und Maske Schweißtropfen sammelten. Die drei Flüchtlinge hatten einen Schattenfleck neben einem FedEx-Lieferwagen gefunden, aber das half nicht viel. Das Fahrzeug hatte den ganzen Vormittag in der Sonne gestanden und strahlte nun neben der Hitze den süßlich faden Geruch der im Innern gestapelten Pakete ab. Karton und Kleber. Der Highway, auf dem sich Autos stauten, glühte wie eine Herdplatte. Seit anderthalb Tagen hatte sich keine Wolke am Himmel gezeigt. Der Frühling schien in einen Frühsommer überzugehen. Die Sonne brannte wie eine weiße Fackel, und nicht der leiseste Windhauch sorgte für Abkühlung. Sie versuchten die dunklen Fahrzeuge zu meiden. Ruth konnte ein schwarzes Auto durch ihren Handschuh oder ihre Jacke spüren, ohne einen Blick darauf zu werfen. Ihre gesunde Hand war vom häufigen Kontakt mit dem heißen Blech rissig und wund. Das Gleiche galt für alle anderen Körperteile, die in dem engen Gewirr immer wieder die Autos streiften – die Außenseiten ihrer Schenkel, ihre Knie, ihre Hüften.
    Von Schmerzen geplagt, spähte sie zu den Häuserreihen unterhalb des Highways hinüber. Die Chance, dass sie etwas Wichtiges entdeckte, war nur gering, aber bis jetzt hatten sie immer wieder die Kleinigkeiten gerettet. Und sie musste sich eingestehen, dass die Umgebung eine hässliche Faszination auf sie ausübte.
    Mehr als eine Meile entfernt war ein Stahlmeteor durch zwei Wohngebiete gepflügt und hatte Schrapnelle umhergeschleudert. Mindestens ein Dutzend Häuser war explodiert oder so zerstört, dass sich nur Reste des Mauerwerks erhalten hatten. Verputz, Möbeltrümmer und Metallteile türmten sich zu Bergen. Das war der Lärm, den sie am Vortag gehört hatten, die Explosion des von Geschossen getroffenen Flugzeugs. Die Maschine musste sich im Gegensatz zu ihnen dem vereinbarten Treffpunkt auf dem Highway 65 genähert haben. Sie befanden sich jetzt hinter

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