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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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sich Ruth zu einem Lächeln und wiederholte ihre Worte wie ein Versprechen:
    »Der Impfstoff wird auch Ihr Kind schützen.«
    Sie musste erneut lügen, als sie nachts zusammengedrängt mit den anderen auf einer Höhe von etwa 8500 Fuß eine Ruhepause einlegte, umgeben von Rucksäcken, Gerätschaften und Waffen. Das Grollen der Kampfjets, die kreuz und quer durch die Nacht flogen, brach sich an den Bergwänden. Die Grashüpfer sangen und sangen. Sie erläuterte auf Gaskells Fragen, dass sie den Impfstoff von Fallschirmspringern erhalten hätten. Das lag nahe genug an den tatsächlichen Ereignissen, um die Wahrheit zu verschleiern, falls das Gerücht von ihrer Aktion jemals den falschen Leuten zu Ohren kommen sollte. Sie erzählte ihm außerdem noch, dass sie das Pestjahr ein Stück südlich von hier überlebt hätten, auf einem Gipfel oberhalb der Skigebiete am Lake Tahoe, und erhielt dabei Unterstützung von Cam, der mehr als überzeugend einige Wahrzeichen der Gegend schilderte.
    Am schwersten fiel es ihr, die Schutzbrillen zu erklären. Gaskells Leute besaßen Anoraks mit Kapuzen, sie hatten sich aus Stoffresten ähnliche Gesichtsmasken zurechtgeschnitten, wie ihre Retter sie trugen. Ruth machte Gaskell weis, dass sie die Brillen und sonstigen Klamotten der Insekten wegen benötigten. Seine Gruppe war geimpft. Eine bessere Abschirmung gegen die Pest gab es nicht. Und Ruth hatte keine Lust, ihre eigene Ausrüstung zu verschenken oder darum zu kämpfen.
    Am Morgen trennten sie sich. Gaskell versprach, ein paar Männer zu einem anderen Gipfel im Südosten zu schicken. Ruth war nicht sicher, dass er Wort halten würde, aber sie fühlte sich erleichtert, als sie endlich allein waren. Die Leute hatten ihr Angst eingejagt. Außerdem war eine größere Gruppe von einem Flugzeug oder Satelliten aus leichter zu entdecken. Sie fand es gut, wieder mit Cam und Newcombe in den Wäldern unterzutauchen. Dennoch schaute sie sich anfangs immer wieder um, ein wenig erstaunt über ihren eigenen Mut. Vielleicht wäre es besser gewesen, zusammenzubleiben. Aber Gaskells Leute schienen ebenfalls froh zu sein, wieder unter sich zu sein, nun da sie zumindest einige Antworten erhalten hatten.
    Wir sind alle solche Schwächlinge geworden, dachte sie.
    Sie kämpften sich nach Norden durch, obwohl sie das dichter an die Startpiste für die Patrouillenjets heranführte. Besonders bei der Landung schienen die Flugzeuge dicht über ihre Köpfe hinwegzudröhnen – obwohl sie sich in Wahrheit Meilen entfernt und Tausende von Fuß über ihnen befanden. Dieser Abstand vergrößerte sich mit jedem Schritt talwärts. Sie planten, am darauffolgenden Tag in einem Bogen ostwärts zu wandern. Die Karte vor ihnen zeigte zwei Täler, die sich bis hinunter nach Nevada erstreckten.
    Ruth schottete sich nach außen ab und trottete in einer Art Trance dahin, ein Zustand, in dem sie bewusst nur noch Cams Jacke und das unebene Gelände zwischen ihnen wahrnahm. Alles, was sich außerhalb dieses schmalen Tunnels befand, versuchte sie auszublenden. Ihren Durst. Ihre offenen Füße.
    Die Sonne stand hoch über dem Wald, und überall summten Fliegen.
    »Schscht!« Cam drehte sich um und schlang den Arm um ihre Taille, als sie ins Stolpern geriet. Im nächsten Augenblick kniete Ruth schon neben ihm – unter den kratzigen Zweigen eines Wacholders. Sie stellte seine Entscheidung, ein Versteck aufzusuchen, keine Sekunde lang in Frage.
    Newcombe hatte sich ihnen gegenüber niedergekauert und robbte langsam vorwärts, auf die Knie und eine Hand gestützt. Er hatte das Gewehr nicht von der Schulter genommen, hielt den Feldstecher aber mit der freien Hand an die Augen. Ruth stieß Cam an – eine stumme Frage. Cam deutete an den Bäumen vorbei. Auf einem anderen Hang, nicht weit entfernt im Norden und etwa auf gleicher Höhe mit ihnen, stieg Rauch auf. Ein Feuer ? Ruth war zu erschöpft, um sich zu ängstigen. Sie wartete nur. Schließlich erhob sich Newcombe und kam zu ihnen herüber. Sie spürte, wie Cam sich entspannte, als der Soldat aufstand.
    »Es ist ein Flugzeug«, sagte Newcombe. »Ein Kampfjet, ziemlich verbeult. Eine alte russische MiG, wenn mich nicht alles täuscht. Ich meine, wirklich alt, zwanzig oder dreißig Jahre – das sind diese Dinger, die schon in den Achtzigern des vorigen Jahrhunderts eingemottet wurden. Ich tippe mal auf einen technischen Defekt beim Landeanflug. Oder der Sprit ging aus, weil kein Tankflugzeug in der Nähe war. Schwer zu sagen.

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