Plastikfreie Zone
»Jetzt fängt also das nächste Experiment an!« Ich selbst war hin- und hergerissen. Einerseits habe ich trotz allem hin und wieder Appetit auf Fleisch und wollte vor allem Samuel und Leonard nicht von heute auf morgen zum Fleischverzicht zwingen, andererseits fand ich alle Kompromissvorschläge zu aufwendig, und so wurde eine Entscheidung erst einmal vertagt, bis unsere Reserven verbraucht sind.
Freunde und Verwandte reagierten nicht unbedingt positiv auf die neue Entwicklung. »Jetzt müsst ihr aber langsam aufpassen, dass ihr nicht zu radikal werdet«, bekamen wir zu hören. Oder: »Das wird jetzt schon ein bisschen extrem.« Peters Mutter äußerte vor allem ernsthafte Bedenken, dass die Buben bei fleischloser Ernährung nicht alle nötigen Nährstoffe bekommen würden.
Ich selbst sehe mich seitdem in einer seltsamen Zwischenposition, die mir ganz und gar nicht behagt, denn ich rechtfertige einerseits die Entscheidung, vegetarisch zu leben, und verteidige genauso meinen und der Buben Wunsch, hin und wieder Fleisch zu essen. Das empfinde ich nicht nur als äußerst zermürbend, sondern gerate dadurch außerdem in einen Gewissenskonflikt. Angesichts der Tatsache, dass ein großer Teil der Menschheit überhaupt nie in die Verlegenheit kommt, sich zwischen unterschiedlichen Ernährungsformen entscheiden zu können, erscheint es mir geradezu lächerlich, dass wir der Frage der ausreichenden Nährstoffversorgung so viel Aufmerksamkeit widmen. Wieder einmal ein Problem, das ursächlich aus dem Überfluss, in dem wir leben, resultiert.
Überlegungen wie diese führten mich schließlich zu der Frage, ob es nicht anderen Menschen ganz ähnlich geht, wenn sie sich unsere Argumente gegen die Verwendung von Plastik anhören. Und ob es nicht falsch von mir ist, in dieser speziellen Angelegenheit andere Meinungen und Sichtweisen mehr oder weniger nicht ganz ernst zu nehmen. Fast alles, was in Richtung pro Plastik geäußert wird, stufe ich zumindest innerlich als billige Ausrede oder als Ausdruck von Unwissen ein, was es meinen Gesprächspartnern sicher nicht einfach macht, an einer weiteren Diskussion interessiert zu sein. Selbst wenn ich meine Überzeugung nicht offen äußere, kommt sie offenbar so stark zum Ausdruck, dass Skeptiker sich schnell zurückziehen.
Bin ich von dieser Sache vielleicht zu überzeugt und dadurch betriebsblind? Besteht gar die Gefahr, dass ich mich in eine radikale Richtung bewege, die andere eher abschreckt und nicht zum Nachdenken bewegt? Wie viel Überzeugung ist gut, wie viel ist anstrengend und wie viel am Ende sogar hinderlich? Die Diskussionen pro und contra Fleischkonsum haben tatsächlich einige Zweifel bei mir ausgelöst. Allerdings frage ich mich, ob sich die kritischen Geister in Sachen Plastikreduktion ebenfalls je mit Selbstzweifeln herumschlagen. Wenn man sich ständig dafür rechtfertigen muss, dass man Plastik verweigert oder kein Fleisch isst, warum bekommen dann die Fleischvertilger und Plastikjunkies dieser Welt nicht ebenfalls ein schlechtes Gewissen?
Manchmal empfiehlt es sich übrigens, wenn man nach den Gründen für den Fleischverzicht gefragt wird, statt langer Erklärungen eine Gegenfrage in den Raum zu stellen. »Hast du dir eigentlich schon mal überlegt, warum du Fleisch isst?« Erst neulich habe ich das selbst erlebt. Während sich in einer größeren Runde unter den Fleischessern eine lebhafte Diskussion entspann und jeder in seiner Biografie nach Gründen für seine Vorlieben suchte, konnte ich in aller Ruhe meinen Bohnensalat essen und mich nebenbei köstlich über die Tatsache amüsieren, welch heftige Reaktionen eine so simple Frage ausgelöst hatte.
Doch zurück zu den Verpackungsproblemen: Ist es schon schwierig genug, Fleisch in entsprechender Qualität plastikfrei einzukaufen, so stößt man bei der Beschaffung alternativer Eiweißquellen wie Sojamilch, Tofu oder ähnlichen Produkten teilweise an schier unüberwindliche Grenzen. Eine Tatsache, auf die ich durch eine Anfrage auf unserem Blog gestoßen wurde. Da Leonard Sojamilch nicht verträgt und Peter Tofu nicht besonders mag, hatte ich mich bisher in diesem Bereich nicht wirklich ernsthaft nach Alternativen umgesehen.
Jetzt, nachdem die vegetarische Lebensweise für uns zum Thema geworden ist, musste ich feststellen, dass es zumindest auf den ersten Blick so gut wie kein Sojaprodukt ohne Plastikverpackung gibt und diverse Milchalternativen wie Hafermilch, Reismilch oder eben Sojamilch anscheinend
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