Plastikfreie Zone
werden wir einfach hin und wieder eine Ausnahme machen, was sich in anderen Bereichen durchaus bereits bewährt hat.
Neue Einkaufsroutine
Im Laufe unseres ersten plastikfreien Jahres gab es nette und weniger nette und gelegentlich auch ganz unerfreuliche Erlebnisse. Vor allem beim Einkaufen, wo man sich tagtäglich gegen den Konsumrausch des Mainstreams abgrenzen und manchmal auch verteidigen muss.
In großen Supermärkten empfand ich nach den ersten Wochen Abstinenz bei der Wiederbegegnung einen regelrechten Plastikschock, bekam bisweilen schon beim Betreten des Geschäfts Fluchtgedanken und konnte Peters Einkaufsphobie plötzlich sehr gut nachvollziehen. Später gelangte ich zu dem Schluss, dass es sich um eine eigentlich normale Reaktion auf ein nicht adäquates Angebot handelte. Mit anderen Worten: Der Fehler liegt nicht bei mir, sondern beim Angebot! Heute weiß ich, dass ich die Reizüberflutung auch früher schon, als ich sie noch als Normalität betrachtete, negativ spürte, denn nach intensiven Einkaufstouren fühlte ich mich oft wie gerädert.
Jetzt stellt sich das Problem insofern anders dar, weil ich mit dem Überangebot nichts mehr anfangen kann und nicht davon angesprochen werde. Zudem gewinne ich zunehmend den Eindruck, ausgerechnet das, was ich brauche, nicht zu finden. Nachforschungen, warum es dieses und jenes nur so und nicht in anderer Verpackung gibt, beschwören Frust herauf und haben mich in der Vorbereitungsphase für unser Experiment oftmals schier verzweifeln lassen. Besonders die Einkaufserlebnisse der ersten Wochen bewogen mich daher, große Supermärkte weitgehend zu meiden – wenn überhaupt gehe ich nur noch in solche, wo ich das Sortiment einigermaßen kenne.
Darüber hinaus besorgen Peter und ich, da wir beide in Graz arbeiten, alles, was es auf dem Land nicht gibt, in dortigen Bioläden oder anderen Spezialgeschäften. Das hat zwar zur Folge, dass ich an manchen Tagen mit vollgepacktem Rucksack und zwei gefüllten Fahrradtaschen vom Bahnhof nach Hause fahren muss, aber mittlerweile sehe ich das zumeist sportlich: sozusagen als kleines, in den Alltag integriertes Fitnessprogramm.
Außerdem haben wir inzwischen einen Bauern gefunden, der einen Zustelldienst in der Region betreibt und uns jeden Dienstag mit frischen Lebensmitteln unserer Wahl beliefert. Damit erledigen sich viele Wege, die wir sonst extra zurücklegen müssten. Zudem sind wir von der Qualität der Produkte begeistert, die wir überdies problemlos ohne Plastikverpackung bekommen. Manches wird in Papier gewickelt, anderes – vor allem Obst und Gemüse – liegt offen in Kisten. Der überschaubare Rahmen und der direkte Kundenkontakt machen eben auch das Eingehen auf individuelle Wünsche möglich. Für meine persönlichen Einkaufsentscheidungen spielt diese Art von Kundenservice ohnehin eine zunehmend größere Rolle, denn natürlich kann sich unser Biobauer, was die Auswahl betrifft, nicht im Entferntesten mit einem Supermarkt messen – während dieser im Gegenzug niemals an die Qualität des Biobauern heranreichen wird. Ganz ähnlich empfinde ich es übrigens bei unserem Lagerhaus im Nachbarort, dessen Lebensmittelsortiment in der Bauernecke ebenfalls dem Motto »Klein, aber fein« entspricht.
Inzwischen ist diese Art des Einkaufens für uns Routine geworden, aber das war es natürlich nicht von Anfang an. Da haben wir uns bisweilen recht schwergetan und viel Zeit verplempert, bis wir lernten, die Einkäufe so zu planen, dass sie sich fast ausschließlich am Weg zur oder von der Arbeit erledigen lassen. Darüber hinaus dauerte es einige Monate, bis wir herausfanden, dass es oft die beste Alternative ist, gar nichts zu kaufen. Auch in finanzieller Hinsicht. Genau hier nämlich liegen die echten Einsparpotenziale.
Ein typisches Beispiel für die Verzichtbarkeit mancher Produkte sind Müllsäcke. Ich führe sie in diesem Zusammenhang an, weil sie mir im Rahmen einer Diskussion über dieses Thema als Erstes einfielen. Zwar lachten damals die Leute, doch Müllsäcke sind aus meiner Sicht wirklich komplett entbehrlich und stellen somit eine gewisse Einsparmöglichkeit dar.
Kurz nach Beginn unseres Experiments ersetzte ich die üblichen Plastikmüllsäcke zunächst durch Bioplastik, doch je mehr ich mich mit der Müllproblematik und möglichen Alternativen beschäftigte, desto absurder und grotesker erschien es mir, unseren Müll überhaupt noch in eigens dafür produzierte Säcke zu verpacken, die dazu aus
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