Plastikfreie Zone
inzwischen in einigermaßen akzeptabler Entfernung eine Biobäuerin ausfindig machen konnte, ist es sehr mühsam, dort plastikfrei einzukaufen. Wegen diverser Hygienevorschriften wird das Fleisch auf dem Hof nämlich portioniert und eingeschweißt, es sei denn, man kommt unmittelbar nach der Schlachtung. Durch die Vorgaben, die wir uns in Bezug auf Fleischkonsum mittlerweile auferlegt haben – Bioqualität und kein Plastik –, reduzierte sich der Verzehr von Fleisch- und Wurstwaren in unserer Familie ganz automatisch.
Insgesamt sind wir alle durch unser Experiment sensibler geworden, was den Fleischkonsum angeht. Und zwar auf dem Umweg über das Thema Plastik, denn erst dadurch wurde uns klar, dass insbesondere bei der Fleischproduktion die Plastikverpackungen in den letzten Jahrzehnten inflationär zugenommen haben. Aus Hygienegründen, wie es heißt. Aber bedeutet die Einhaltung hygienischer Prinzipien zwangsläufig, dass Plastik und Fleisch beinahe untrennbar zusammengehören?
Natürlich ist es bequemer, eine größere Menge vakuumverpacktes Fleisch im Kühlschrank zwischenzulagern, als es täglich frisch beim Fleischer zu holen. In früheren Zeiten war das kein Problem, denn da aß man, wie ich aus Erzählungen meiner Großmutter weiß, maximal einmal pro Woche Fleisch, während es heutzutage zur Massenware mit allen möglichen negativen Begleiterscheinungen geworden ist.
Dazu gehören vor allem die fragwürdige Tierhaltung in Riesenställen, der lange Transport zu den Schlachthöfen, die Zustände dort. Und jenseits aller tierschützerischen Erwägungen die Folgen für den Klimawandel und die Welternährung, die bislang nicht wirklich ins öffentliche Bewusstsein gedrungen sind, dazu nicht zuletzt die Gefährdung für die menschliche Gesundheit etwa durch Impfung und Fütterung der Massenbestände. Da dürfte die Plastikverpackung wahrscheinlich letztendlich wieder einmal das kleinste Übel sein.
Vor allem Peter hat vor einiger Zeit angefangen, sich etwas intensiver mit der Problematik der Fleischproduktion zu beschäftigen, und sich, angeregt durch Marlenes Konsequenz und eine Zeitungsreportage über Massentierhaltung, ebenfalls für einige Wochen vegetarisch ernährt. Die Bilder, die dort gezeigt wurden, waren tatsächlich in keinster Weise dazu angetan, Lust auf Fleisch zu machen.
Bei mir lösen solche Schilderungen und Bilder allerdings einen Verweigerungsreflex aus. Ich will das nicht sehen, weil ich weiß, dass ich dann – unabhängig von Fragen der Verpackung – wahrscheinlich kein Fleisch mehr essen könnte, zumindest keines aus konventioneller Produktion. Es ist schon komisch: Obwohl es mich jedes Mal enorm nervt, wenn Leute in Bezug auf Plastic Planet zu mir sagen: »Nein, solche Filme schaue ich mir nicht an, das halte ich nicht aus«, reagiere ich bei diesem Thema nicht anders. Als würde die Weigerung, den Tatsachen ins Auge zu sehen, irgendetwas an der Realität ändern. Aber irgendwie bin ich offensichtlich noch nicht bereit für einen weiteren konsequenten Schritt.
Als Peter dann Mitte Februar verkündete, künftig endgültig kein Fleisch mehr essen zu wollen, veränderte sich unser Kochverhalten erneut. Mein Mann war für eine Woche beruflich in Polen gewesen, hatte dort eine Veganerin kennengelernt und beim gemeinsamen vegetarischen Essen festgestellt, dass ihm das besser schmeckte als Fleisch. Mal sehen, wie lange er diesmal dabeibleibt.
Für uns bedeutete sein Entschluss eine gravierende Umstellung. Denn bei unseren Fleischmahlzeiten war Peter bisher der Hauptesser. Weil ich es mir total mühsam vorstellte, für drei Personen Fleisch und für zwei vegetarisch zu kochen, beschlossen wir, die Eltern, kurzerhand, zu Hause auf Fleisch zu verzichten, sobald unsere tiefgekühlten Vorräte aufgebraucht sein würden. Allerdings hatten wir da die Rechnung ohne die beiden Buben gemacht. Leonards Protest fiel besonders resolut aus: »Wenn es zu Hause kein Fleisch mehr gibt, ziehe ich einfach zur Mürzzuschlager Oma!« Samuel sah die Sache ein wenig differenzierter und schlug vor, einfach mehr Biofleisch zu kaufen. Meine Bedenken bezüglich der damit verbundenen Planungsprobleme – weiter Weg für die Beschaffung und erhöhter Aufwand für die Zubereitung – versuchte er zu zerstreuen, indem er anbot, das Einfrieren des Fleisches und Kochen der Fleischmahlzeiten zu übernehmen. Als er merkte, dass mich das nicht überzeugte, stieß er einen Seufzer aus und meinte ein wenig resignierend:
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