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Plastikfreie Zone

Plastikfreie Zone

Titel: Plastikfreie Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Krautwaschl
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immer die Wahl. Vielleicht ist das der größte Luxus überhaupt und gleichzeitig die beste Antwort auf die häufig gestellte Frage, wie es denn den Kindern bei unserem Experiment geht. Gut, weil sie nicht gezwungen wurden und werden, sondern immer von Neuem frei entscheiden dürfen. Weil sie eben die Wahl haben.
    Während ich Samuel und Marlene beobachte, wie sie anderen Kindern helfen, einen Bogen zu bespannen oder einen Pfeil richtig spitz zu bekommen, habe ich das Gefühl, dass unsere Kinder für ihr Alter bereits ziemlich gut gelernt haben, die richtige Entscheidung zu treffen und das zu machen, was ihnen guttut. Doch ohne Vorgaben von unserer Seite würde es wahrscheinlich anders aussehen. Von klein auf haben wir sie, trotz des Überflusses an Spielsachen, der sich auch bei uns aufgetürmt hat, zu bestimmten Dingen angeregt und andere von ihnen ferngehalten oder zumindest den Konsum beschränkt wie etwa bei Computer, Fernsehapparat, Spielkonsole oder Handy.
    Inzwischen weiß ich aus den vielen Diskussionen im Zusammenhang mit unserem Experiment, dass solch regulierende Maßnahmen für viele Eltern ein Ding der Unmöglichkeit sind. Ich denke nur an den besorgten Vater, dem allein die Vorstellung, seiner Tochter eventuell gewisse Softdrinks zu verweigern, größtes Kopfzerbrechen bereitete. Er traute sich erst gar nicht, das Mädchen überhaupt mit einer Alternative zu konfrontieren. Von Wahlfreiheit kann man da wohl kaum sprechen – eher schon von frühkindlich erlerntem Konsumzwang.
    Dass Wahlfreiheit in unserer Gesellschaft, wie so viele andere Dinge auch, nicht gerecht verteilt ist, soll nicht bestritten werden. Doch mein Anliegen und zugleich Sinn des Experiments war und ist es, einfache, praktikable und alltagstaugliche Alternativen zu finden, die für viele gangbar sind. Nichts Exotisches oder Elitäres, sondern Dinge, mit denen man sofort beginnen kann, die nur ein bisschen Mitdenken, den Willen zur Veränderung und vielleicht ein wenig Glauben an die eigenen positiven Gestaltungsmöglichkeiten voraussetzen.
    Die überwiegende Mehrzahl der Besucherinnen und Besucher an unserem Stand äußert sich entweder sehr positiv oder gar nicht über unseren Versuch. Plötzlich jedoch kommt ein Mann auf mich zugestürmt und beginnt ziemlich unvermittelt, sich über die von mir mitgebrachten Maisstärkesackerln zu beschweren. Mittlerweile liege bei ihm im Wald mehr von diesen Biodingern herum als herkömmliche Plastiktaschen. Die Leute seien zu blöd und würden glauben, dass sich die Dinger einfach bei Nässe auflösen. Ich weiß, sage ich und erläutere ihm wie allen anderen Interessenten, dass dieses sogenannte Bioplastik nur unter guten Kompostbedingungen (Wärme, Feuchtigkeit, Mikroorganismen, Druck) verrottet und keinesfalls einfach in die Natur geworfen werden darf. Er ist zwar immer noch skeptisch, nimmt aber schließlich eines der Sackerl zum Ausprobieren mit. Diese Begegnung zeigt mir wieder einmal deutlich, dass der bloße Umstieg auf ein anderes Material unser »Verschwendungsproblem« sicherlich nicht lösen kann.
    In den unzähligen Gesprächen, die ich an diesem Tag führe, werden wir ständig als Vorbilder bezeichnet, sicher ein gutes Gefühl und schmeichelhaft außerdem. Wichtiger jedoch finde ich es, den Leuten klarzumachen, dass wir nichts Besonderes tun oder jedenfalls nichts besonders Schwieriges. Dass sie selbst jederzeit und am besten sofort, hier und heute, damit beginnen könnten, Dinge umzusetzen, die ihnen sinnvoll und für ihren Alltag gangbar erscheinen. Und dass wir keine perfekten Vorbilder sind, es auch nicht sein wollen, weil wir dann zu abgehoben wären und niemanden zum Nachahmen animieren könnten. Eher würden wir die Leute abschrecken. »So wie die das machen, schaffen wir das ohnehin nicht, deshalb lassen wir lieber gleich alles beim Alten.« Nein, was wir tun, sollte eigentlich mit ein bisschen gutem Willen und Freude an der Sache für die meisten umsetzbar sein.
    Als gerade etwas Ruhe an unserem Stand herrscht, unternehme ich einen kleinen Rundgang durch das Freilichtmuseum, bewundere das wunderbare alte Handwerk und fast vergessene Fertigkeiten wie Drechseln, Klöppeln, Filzen, Sensenmähen, die hier demonstriert werden, betrachte die verschiedenen Pflanzensorten und Tierrassen, die man in früheren Zeiten hielt, und die selbst erzeugten Lebensmittel und Getränke. Es ist alles sehr eindrucksvoll, doch vor allem faszinieren mich die Menschen. Obwohl sie mit dem, was sie tun

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