Plastikfreie Zone
abgewinnen, befürchte aber, ich hätte vermutlich mit dieser Erziehung bei den Kindern früher anfangen müssen. Zum Glück ist keines von den dreien sehr empfindlich, sodass sie sich gut eingecremt jederzeit und nur in Badekleidung in der Sonne bewegen dürfen.
Schlussendlich entschied ich mich also dafür, eine fertige Sonnencreme zu kaufen und die Plastikverpackung in diesem Fall zu tolerieren. Allerdings verzichtete ich heuer auf eine Creme mit niedrigerem Schutzfaktor für Peter und mich und besorgte gleich für uns alle eine Großpackung mit dem Sonnenschutzfaktor 30. Das sollte auf jeden Fall reichen!
Auch für drei Urlaube, denn die planen wir nämlich in diesem Jahr. Peter hat im Sommer fast acht Wochen frei, weil die Behinderteneinrichtung, in der er beschäftigt ist, in dieser Zeit geschlossen wird, und ich als Selbstständige kann mir meine Arbeit so einteilen, dass ich in den zweimonatigen Schulferien der Kinder mindestens sechs bis sieben Wochen durchgehend frei habe. Diese gemeinsame Zeit empfinden wir seit jeher als großen Luxus.
Die Planung der ersten beiden Urlaube verläuft relativ unspektakulär. Die erste Reise führt uns wie jedes Jahr nach Kärnten an den Ossiacher See, wo Peters Eltern seit Jahrzehnten eine kleine Ferienwohnung besitzen. Hier unterscheiden sich unsere Einkaufsmöglichkeiten nicht gravierend von denen zu Hause. Einige Lebensmittel wie Müsli, Sojagranulat und Linsen, bei denen ich nicht weiß, ob es sie dort in der Gegend offen zu kaufen gibt, nehmen wir in ausreichender Menge mit. Milch und Milchprodukte ebenfalls, wobei wir so planen, dass sie lediglich ein paar Tage auf dem Speiseplan stehen – so lange eben, wie unsere Vorräte in den Glasflaschen reichen. Peter meint zwar, dass sich sicher ein Bauer ausfindig machen ließe, der Milch ab Hof verkauft, doch aus meiner Sicht muss es nicht unbedingt sein, dass wir uns selbst im Urlaub auf die Suche nach Direktvermarktern begeben.
Als wir auf unserer Fahrt nach Kärnten an einer Autobahnraststätte eine kurze Pause einlegen, beobachte ich einen Mann, der für eine 0,3-Liter-Plastikflasche Evian satte 2,70 Euro bezahlt. In diesem Moment bin ich unglaublich froh, dass wir unsere Metalltrinkflaschen mit bestem steierischem Leitungswasser dabeihaben, und rechne mir aus, dass uns der Trinkwasserbedarf unserer Familie, gerechnet mit zwei Litern pro Tag und Person, bei diesen Preisen über 80 Euro am Tag kosten würde.
Schlagartig fällt mir eine Szene aus dem Dokumentarfilm We Feed the World wieder ein. Der damalige Nestle-Chef Peter Brabeck versuchte darin zu erklären, warum es sich bei Wasser um ein Lebensmittel und nicht um ein Grundrecht der Menschen handle, wie es »extreme Positionen« von einigen NGOs fordern. Wasser sei ein unglaublich wertvolles Gut und brauche daher einen Marktwert. Damals habe ich dieser Szene nicht sonderlich viel Bedeutung beigemessen, doch der ausgesprochen beeindruckende Preis dieses Markenwassers macht mir nun den tieferen Sinn dieser Worte so richtig klar. Und löst eine unangenehme Zukunftsvision aus: fein säuberlich in Plastikflaschen abgefülltes Wasser als Konsumgut für diejenigen, die es sich leisten können. Ein Luxusartikel eben. Und möglicherweise dennoch belastet mit einem für Laien nicht näher erkennbaren chemischen Cocktail, der sich unweigerlich aus der ach so hygienischen Plastikverpackung löst. Zugegebenermaßen eine etwas subtilere und nicht ganz so akut gesundheitsgefährdende oder gar lebensbedrohliche Art der Verschmutzung wie bei jenen braunen, übelriechenden Tümpeln, aus denen Menschen ihr »Trinkwasser« schöpfen müssen, aber jedenfalls Teil eines kollektiven Selbstbetrugs. Solange es noch sauberes Wasser in Flaschen gibt, ist doch alles in Ordnung! Oder wie es eines meiner Kinder einmal während einer Diskussion über Wasserverschmutzung ausgedrückt hat: »Dann trinken wir halt nur mehr Fanta oder Cola!«
Ich verscheuche die düsteren Bilder und schaue lieber in den strahlend schönen Sommertag.
Am nächsten Morgen herrscht bestes Badewetter, und wir gehen gleich nach dem Frühstück zum See, wo die neue Sonnencreme erstmals zum Einsatz kommt. Für mich selbst habe ich allerdings beschlossen, sie probeweise für ein paar Tage wegzulassen. Es interessiert mich, ob man wirklich unbeschadet davonkommt, wenn man bestimmte Regeln befolgt. Ich achte besonders darauf, vor allem um die Mittagszeit bis auf ein paar kurze Abkühlungen im See im Schatten zu bleiben,
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