Plastikfreie Zone
unverhältnismäßig saubere Bucht. Erst gegen Ende unseres Urlaubs erfahren wir allerdings den Grund für diesen erstaunlichen Zustand. Ein Tavernenbesitzer erzählt es Peter. Es hat nichts mit geschützter Lage oder dergleichen zu tun, sondern einfach damit, dass die Bucht jeden Morgen, lange bevor sich die ersten Touristen an den Strand bewegen, gründlich entmüllt wird. Die Kehrseite dieser Aktionen entdecke ich, als ich am vorletzten Abend unseres Aufenthalts einen Strandlauf in die abgelegenere Nachbarbucht unternehme. Hier ist anscheinend alles aufgetürmt worden, was sich während einer Saison in der großen Badebucht angesammelt hat – alles was man sonst über die Strände verteilt findet: Plastikflaschen, Plastikverschlüsse, Tüten, Beutel und Taschen in allen Farben und Größen, Verpackungen aller Art, dazu Schuhe, kaputte Taucherflossen, Styroporreste, alte Reifen und vieles mehr. Sozusagen als würdigen Abschluss mache ich von dem riesigen Müllhaufen ein letztes Foto für meine Dokumentation zum Thema Plastikmüll im Urlaub. Zumindest einige dieser erschütternden Bilddokumente würde ich nach unserer Rückkehr auf dem Blog veröffentlichen. Obwohl solche Bilder nicht unbedingt motivierend sind, können sie vielleicht zumindest diejenigen ein wenig wachrütteln, die noch an das Märchen von einem weitgehenden Plastikmüllrecycling glauben.
Am nächsten Tag verpacken wir bis auf den Biomüll alles, was wir in zehn Tagen an Müll produziert haben, wieder in unseren Kofferraum. Es sind in erster Linie Gläser und Flaschen, ein paar Metallverschlüsse und Papier- oder Kartonverpackungen sowie die Überreste unserer Urlaubsplastiksünden in Form von zwei leeren Chipspackungen und einer großen Joghurtflasche. Im Hafen von Vis kaufen wir noch ein paar Flaschen Wein und erleben bei dieser Gelegenheit einen versöhnlichen Abschluss unserer ansonsten doch recht zwiespältigen Plastikerfahrungen. Die Verkäuferin im Weinladen nickt gleich ganz verständnisvoll, als sie unsere Stofftasche sieht und gibt uns auf Englisch zu verstehen, dass sie all das Plastik ebenfalls schrecklich finde.
Auf der Fähre lasse ich das Erlebte und Gesehene Revue passieren. Angesichts der Strände von Vis habe ich mir immer wieder die Sinnfrage gestellt, denn in manchen Momenten erschien mir unser Experiment wie ein winziges Sandkorn im riesigen Plastikuniversum – ohne die geringste Chance, jemals auf ein anderes zu treffen. Aber trotz Verzweiflung und Fassungslosigkeit über die gigantische Zerstörung inmitten einer paradiesischen Umgebung siegte im Endeffekt mein Widerstandsvermögen über das Ohnmachtsgefühl – ähnlich wie bei dem Albtraumerlebnis im Schlafwagen nach Amsterdam, das allerdings im Vergleich zum Müllinferno auf Vis vergleichsweise harmlos war. Es ist wohl eine Mischung aus Eigensinn, Trotz, Leidenschaft und Hoffnung, die mich immer wieder dazu bringt, mich auf die Dinge zu fokussieren, die ich persönlich beeinflussen und verändern kann. Und das ist, denke ich, auch Sinn der Sache: sich beschränken auf das, was wirklich im Bereich der eigenen Möglichkeiten liegt.
Als wir etwa eine halbe Stunde unterwegs sind, werfe ich einen Blick zurück. Da liegt sie, die Insel, und sieht aus der Ferne völlig heil und unversehrt aus, und damit endet plötzlich alles Zweifeln und Hadern der letzten Tage. Es ist ein hoffnungsvolles Bild, denn es zeigt mir, dass in uns Menschen neben allem Potenzial für Zerstörung und Ausbeutung auch etwas ganz anderes steckt: die Sehnsucht nach Schönheit, Unberührtheit und Lebendigkeit. Und dieses Gefühl will ich mir bewahren und mit nach Hause nehmen.
Handys und »geplante Obsoleszenz«
Gleich nach unserer Rückkehr aus Vis ging die Schule wieder los. Ich war heilfroh, dass wir noch eine gewisse Grundausstattung an Schulartikeln zu Hause hatten. Als zum ersten Mal die Klebstoffnachfüllflasche zum Einsatz kam, war ich positiv überrascht, wie einfach die Handhabung ist. Im Übrigen gab ich, um mir die Arbeit zu erleichtern, eine Großbestellung bei einem Ökoversand auf. Seit Samuel ins Gymnasium gekommen ist, nervt es mich nämlich regelmäßig, dass mindestens die ersten zwei Wochen nach Schulbeginn jeden Tag neue Bestellungen für Hefte, Mappen oder Schreibartikel eintrudeln.
Für die Bestellung orientierte ich mich einfach an den Erfahrungswerten der letzten Jahre, eine kleine Reserve eingerechnet, und erreichte leicht den Mindestbestellwert für einen kostenfreien
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