Plastikfreie Zone
die Gemüsefrau, die alle zwei Tage erscheint. Wir genießen es, an ihren Wägen einzukaufen, obwohl es auch dort die üblichen Plastiktaschen gibt. Wenn man nichts sagt. Trotz sprachlicher Barrieren haben beide schon beim zweiten Einkauf begriffen, dass wir die Waren direkt in meine Stofftasche gepackt bekommen wollen. Und einmal wurde mir sogar mit verschmitztem Lächeln eine Papiertüte vor die Nase gehalten, weil meine Tasche bereits voll war.
Nur der Weinverkäufer hat anfangs nicht kapiert, was wir meinen, und schickte sich schon an, die Flaschen samt Plastikumhüllung in meinem Stoffbeutel zu versenken. Auch wenn Peter ihm mühsam klarmachen konnte, dass wir kein Plastik wollen, ließ sich nicht verhindern, dass die unerwünschten Plastiksackerl unbenutzt direkt im Müll landeten.
In unserer auf wundersame Weise fast plastikfreien Bucht in Rucavac lernen wir eine bayrische Familie mit zwei Kindern kennen. Die Eltern, Elisabeth und Martin, interessieren sich zunächst primär für unsere Edelstahljausenboxen, doch als wir ihnen ein wenig von unserem Experiment erzählen, sind sie ganz aus dem Häuschen, berichten, sie hätten uns vor Kurzem im deutschen Fernsehen gesehen, und wollen es ganz genau wissen. Sie bewundern unsere Konsequenz, und Elisabeth erklärt, dass sie selbst zwar ihr Möglichstes versuche, nur gebe es leider in ihrem Ort kaum sinnvolle Einkaufsmöglichkeiten.
In unseren angeregten Gesprächen betone ich immer wieder, dass auch unsere Konsequenz ihre Grenzen habe und dass es nicht um Perfektion gehe, zumal das Thema Plastik ja nicht das Einzige sei, das uns beschäftige. Gerade bei Menschen, die in Sachen Müllvermeidung bereits ein ausgeprägtes Problembewusstsein mitbringen, ist es mir besonders wichtig, darauf hinzuweisen, dass selbst kleine Schritte Sinn machen. Meiner Erfahrung nach führt es bloß zu Frustrationen, wenn man den Ehrgeiz übermäßig anstachelt.
Da unsere Quartiere nicht weit voneinander entfernt liegen, treffen wir die Familie in der Früh auch beim Bäckerwagen. Und da traue ich meinen Augen nicht. Obwohl sie in unseren Gesprächen sehr ernsthaft an der Beachtung einfacher Alternativen interessiert zu sein schienen, tragen sie Brot und Gebäck plastikverpackt weg. Ich enthalte mich eines Kommentars, weil ich mich nicht als Plastikpolizei aufspielen will, aber unverständlich und irgendwie unakzeptabel finde ich die Sache doch. Es will mir nicht in den Kopf, dass Leute, die sich angeblich ehrlich um Müllvermeidung bemühen, die simpelste aller Möglichkeiten nicht wahrnehmen. Demonstrativ halte ich dem Bäcker meine Stofftasche hin.
Peter hingegen findet das alles nicht verwunderlich. »Überleg mal, wie du vor einem Jahr hier eingekauft hättest. Ich wette, du würdest genauso automatisch dein Plastiksackerl mit dem Gebäck angenommen haben und wärst zufrieden damit gewesen, dass du es in den Müll wirfst und nicht einfach am Strand liegen lässt oder es ins Meer schmeißt. Und du hättest dich deswegen keineswegs als große Umweltsünderin gesehen, oder?«
Ich würde Peter gerne widersprechen, aber mir fällt nichts ein. Er hat in der Tat einen wunden Punkt getroffen. Möglicherweise reagiere ich deshalb so allergisch, weil ich schließlich selbst nicht von alleine draufgekommen bin, grundsätzlich und zuallererst einmal keine neuen Plastiktaschen mehr zum Transport von Einkäufen zu verwenden. Und dass wir alle dazu neigen, mit den kompliziertesten Dingen anzufangen und die ganz einfachen zu übersehen, das ist schließlich ebenfalls nichts Neues.
Als kleinen Anstoß schenke ich Elisabeth am nächsten Tag zwei von unseren Bioplastikbeuteln aus Maisstärke und betone, dass Brot und Gebäck sowie Gemüse darin besonders lange haltbar seien und man sie außerdem zum Einfrieren nutzen könne. Elisabeth staunt nicht schlecht, dass ich innerhalb eines knappen Jahres nicht einmal zehn Stück verbraucht habe, weil ich sie immer wieder auswasche. Schließlich diskutieren wir ziemlich ausgiebig über die sinnvolle Verwendung von unterschiedlichen Materialien und kommen gemeinsam zu dem Schluss, dass die Existenz von Bioplastik keinesfalls dazu verleiten dürfe, so viel davon zu verschwenden, dass das Müllproblem lediglich verlagert wird. Besonders freut es mich natürlich, dass Martin am nächsten Tag dem Bäcker die Maisstärkebeutel hinhält. »Schau, schon umgestellt. Das geht schnell bei uns«, sagt er zu mir.
Nach wie vor besuchen wir täglich unsere
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