Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Plastikfreie Zone

Plastikfreie Zone

Titel: Plastikfreie Zone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Krautwaschl
Vom Netzwerk:
viel umfassender angelegt als unser Experiment, doch die Prinzipien dieses Ansatzes decken sich in vielerlei Hinsicht mit unseren Erkenntnissen oder mit den Voraussetzungen, die wir für uns selbst formuliert haben. Sogar die Botschaft, dass die Veränderung des Lebensstils durchaus auch Spaß machen darf, stimmt mit unserer Maxime überein. Für mich eigentlich eine tolle Bestätigung meiner Erfahrungen.
    Wäre da nicht das dumpfe Gefühl, dass gerade diejenigen, die wirklich grundlegend etwas an den bestehenden Zuständen ändern könnten – man kann sich aussuchen, ob man dabei den Vertretern aus der Politik oder denen aus der Wirtschaft die größeren Einflussmöglichkeiten zuschreibt –, nach wie vor mehrheitlich ganz andere Ziele verfolgen. Ziele, die unvereinbar sind mit der Reduktion von Konsum und Müll. Ziele, die sogar genau das Gegenteil erfordern, nämlich die stetige Steigerung dieser beiden Faktoren. Immer mehr Kaufen und Wegwerfen, das sind schließlich die Motoren unseres Wirtschaftssystems.
    Und die meisten glauben an dieses System sowie an immerwährendes Wirtschaftswachstum und die alles regulierende Kraft des freien Marktes. Für mich ein Grund zu ernster Sorge, denn ich stelle seit unserem Experiment genau dieses System noch viel mehr als früher infrage und von Tag zu Tag erscheint es mir dringlicher geboten, diesem System mit großer Entschiedenheit entgegenzutreten. Um das zu tun, dürfte es allerdings nicht reichen, bloß Kunststoff zu verweigern. Dazu bedürfte es eines ganz neuen, noch viel schwierigeren Experiments.
    Ein sicher nicht endgültiges Resümee
    Auch wenn die Stofftaschenaktion alle meine Kräfte neben Beruf und Haushalt fordert, stehlen wir uns ein paar Tage und verbringen kurz vor Ostern 2011 ein Wochenende auf einer Selbstversorgerhütte am Zirbitzkogel, dem höchsten Gipfel der Lavanttaler und Seetaler Alpen und in einem Naturschutzgebiet gelegen.
    Diesmal müssen wir ganz genau kalkulieren, was wir mitnehmen wollen, denn die Alm ist nur zu Fuß erreichbar, und der Anmarsch vom Parkplatz dauert etwa eine Stunde. Peter hat es übernommen, die Lebensmittelvorräte zu schleppen – bis auf eine Flasche Milch, die Samuel unbedingt noch einpacken wollte und die er deshalb in seinen eigenen Rucksack packen musste.
    Die Lage der Hütte ist umwerfend schön und bietet ein noch eher winterliches Bild mit vereinzelten Schneefeldern und den weißen Gipfeln von Fuchskogel und Zirbitzkogel.
    Man braucht festes Schuhwerk, um in dieser Jahreszeit hierherauf zu gelangen, und so sind außer uns kaum andere Leute unterwegs, während es im Sommer von Wanderern hier nur so wimmelt. Die Kinder, Marlene hat ihre Freundin Martina mitgenommen, genießen den Aufenthalt in der Natur. Sie verbringen den ganzen Tag im Freien, suchen Holz, spielen zwischen Felsen, erkunden die Umgebung und bewachen hingebungsvoll das Lagerfeuer, das sie mithilfe von Samuels Feuerstein entfacht haben.
    Ich bemerke, wie die Ruhe dieses Ortes nach und nach auf mich übergeht. Am ersten Abend mache ich mir ein paar Notizen zu meinem Projekt, das ja noch in den Kinderschuhen steckt, und überlege, welche Telefonate oder Mails ich zu Hause als Nächstes erledigen muss. Schließlich ist es nach wie vor wichtig, möglichst viele Leute anzusprechen und sie für mein Vorhaben zu gewinnen. Doch hier oben, ohne Einflüsse von außen, ohne Zeitung, Fernsehen, Radio, Computer und Internet und fast ohne Handyverbindung, vergeht bald jegliche Betriebsamkeit. Alles wird langsamer und beschaulicher angesichts der schweigenden Schönheit der Berge.
    Am zweiten Tag unternimmt Samuel mit Peter eine kleine Wanderung auf den Zirbitzkogel, und die beiden Mädchen bauen nach Anweisungen, die ihnen die beiden zuvor erteilt haben, einen Brotbackofen aus Steinen, während ich sie einfach beobachte oder den Blick in die Ferne zu den schneebedeckten Gipfeln schweifen lasse. Später dann, als ich Spaghetti mit Tomatensoße koche, mache ich allerdings eine ganz spezielle Entdeckung: Der einzige Kochlöffel, den ich unter den Kochutensilien finde, ist ein unfassbar abgenutztes, hässliches und sicher schon einige Jahrzehnte altes Stück aus hellblauem Plastik. Und das im rustikalen Ambiente der Almhütte, wo so gut wie alles aus Holz ist! Aufgrund seines Alters dürften sich etwaige Schadstoffe wie Weichmacher zum Glück jedoch verflüchtigt haben, denke ich und rühre weiter in der Soße.
    Der Kochlöffel hat für mich so etwas wie Symbolcharakter.

Weitere Kostenlose Bücher