Plastikfreie Zone
sprechen begann, habe ich sie ermuntert, dem Minister tatsächlich eine Einladung zu unserer Flurreinigung zu schicken. Gemeinsam mit ihrer Freundin Melinda verfasst sie schließlich folgenden Brief:
Sehr geehrter Herr Umweltminister Berlakovich!
Vor einigen Monaten sahen wir uns im Fernsehen eine Sendung zum Thema Müll und Plastiksackerlverbot an, in der Sie ein kurzes Interview gaben. Sie sagten darin, dass es kein Müllproblem in Österreich gibt.
Wir möchten Sie darauf aufmerksam machen, dass wir bei der Flurreinigung 2010 auf einer Fläche von maximal 800 Quadratmetern 110 Liter Müll eingesammelt haben. Falls Sie sich davon überzeugen möchten, wie viel Müll es bei uns in Wäldern, Wiesen und überall dort gibt, wo er nicht hingehört, laden wir Sie herzlich zur diesjährigen Flurreinigung am 16. April 2011 ein (Treffpunkt: um 8 Uhr im ASZ Eisbach-Rein).
Wir würden uns wenigstens über eine Rückmeldung freuen.
Mit freundlichen Grüßen,
Marlene (12 Jahre)
Melinda (12 Jahre)
Ich bin sehr stolz auf Marlene, und auch sie selbst scheint sich nun besser zu fühlen und ist fest davon überzeugt, dass der Minister an der Flurreinigung teilnehmen wird. Als ich daran Zweifel äußere, meint sie nur ganz trocken: »Wenn er nicht kommt, dann hat er wohl schon mitbekommen, dass auch bei uns überall viel Müll herumliegt, und kann wenigstens im Fernsehen nicht mehr so einen Blödsinn behaupten.«
Immerhin scheint die intensive Debatte über Ja oder Nein zum Gebrauch von Plastiktaschen zu einem gewissen Umschwenken beizutragen. So führt die bereits erwähnte Drogeriemarktkette, die zuvor mit Gratisplastiksackerln geworben hat, wirklich die versprochenen Stofftaschen ein, die man für einen Euro erstehen und jederzeit gegen eine neue eintauschen kann, und andere Märkte gehen zumindest auf Bioplastik über, angeblich teilweise sogar in Kooperation mit dem Umweltministerium. So begrüßenswert dieses Umdenken ist – die Maisstärkebeutel können nicht der Weisheit letzter Schluss sein, zumindest nicht als Tragtaschen. Hier wurde nur etwas am Material, nichts aber am Prinzip geändert.
Abgesehen davon gibt es bezüglich der Gesundheitsverträglichkeit durchaus berechtigte Bedenken. Die Firma meines Vertrauens, von der ich die Beutel zum Einfrieren von Lebensmitteln beziehe, verbürgt sich zwar für schadstofffreie Farben und verwendet sogar pflanzliche Farbstoffe, doch in anderen Fällen wird das Bioplastik offenbar mit genau denselben teilweise schwermetallhaltigen Farbstoffen bedruckt wie herkömmliche Plastikerzeugnisse. Falls sie später kompostiert werden sollten, hätten die Schadstoffe während des Zerfallsprozesses überdies noch hübsch Zeit, sich im Kompost anzureichern und schlimmstenfalls am Ende wieder im Gemüsegarten zu landen. Ein Grund mehr, »Change bag« den unbedingten Vorzug zu geben, denn primär muss es darum gehen, generell weniger Verpackungsmaterial zu verwenden und nicht bloß auf umweltschonendere oder gesundheitlich unbedenklichere Materialien auszuweichen.
Und gerade deshalb ist mir diese Aktion so wichtig, die vielleicht dazu führt, dass in unserer Region mit immerhin rund 20000 Einwohnern so etwas wie eine neue »Einkaufskultur« entsteht und es wieder modern wird, seine Stofftaschen zu jedem Einkauf mitzubringen. Die Menschen könnten sich wohlfühlen dabei, sich gegenseitig ermuntern und sich als Teil eines sinnvollen Ganzen erleben. Und mit Glück weitet sich dieses Bewusstsein dann auch auf andere Bereiche aus. Ich weiß, ich gerate mal wieder ins Schwärmen, denn so einfach funktioniert die Weltrettung eben leider nicht.
Bis jetzt sind gerade mal knapp 500 Stofftaschen gesammelt worden, für ungefähr 2200 Stück habe ich Zusagen von Schulen und verschiedenen Einrichtungen, und nach langen Diskussionen und Überlegungen haben die Gemeinden endlich insgesamt 5600 Stück Fair-Trade-Baumwolltaschen bestellt, auf denen das Logo bereits aufgedruckt ist und die jetzt noch durch individuelle Gestaltung zu Unikaten gemacht werden müssen. Also nicht gerade Anlass für euphorische Fantasien, wohl aber für Zuversicht.
Immerhin erhält Marlene kurz nach der Flurreinigung in unserer Gemeinde doch noch eine Antwort aus dem Umweltministerium:
Liebe Marlene! Liebe Melinda!
Vielen Dank für euer Mail. Der Schutz der Umwelt ist auch mir persönlich ein ganz besonderes Anliegen. Euer Eifer, an der Flurreinigungsaktion eurer Gemeinde teilzunehmen, ist ein toller, aktiver Beitrag zum
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