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Platinblondes Dynamit

Platinblondes Dynamit

Titel: Platinblondes Dynamit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Juretzka
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Naturell, Persönlichkeit vorausgesetzt, durchaus das Zeug zu einer Schönheit. Wenn man auf Rothaarige stand, hieß das. Mit Brille.
    „Und Ihre individuellen Symptome sind, ohne einem späteren Gutachten vorgreifen zu wollen, nur allzu typisch. Sobald Sie sich und Ihre – nennen wir es der Einfachheit halber Ihre Männlichkeit – einer bestimmten Situation nicht gewachsen sehen, verwandeln Sie sich in eine dominante, durchsetzungsfähige weibliche Person. Sieht sie eigentlich Ihrer Mutter ähnlich?“
    Jetzt geht das wieder los, dachte Windell.
    Es war also kein Traum gewesen. Meckenheim starrte auf die grau-grünen Scheine in seiner Hand. Kein Traum.Weder sein Besuch in New York, das Saufen in der Olde Cologne Bar noch der ausgesprochen fischige Blick, den Barschlampe Lucy ihm zugeworfen hatte, als er durch die Damentoilette der Kölner Brooklyn Bar zurückgekehrt war.
    „Wenn ich in die Fiktion vordringen kann“, meinte er, langsam wie ein staunendes Kind, „dann ist es durchaus denkbar, dass …“ Er ließ das Satzende offen. Nur weil etwas denkbar war, wurde es noch lange nicht plausibel und schon gar nicht erklärbar. Dritten, zum Beispiel. Vorgesetzten, zum Beispiel.
    „Folkmar und mir wollten Sie es ja nicht glauben“, stellte Elmo fest, der den Zivilstreifenwagen steuerte. Schwerer Verstoß gegen die Dienstvorschriften, das, aber immer noch besser, als möglicherweise angetrunken eine Gruppe Passanten umzumähen.
    Und Elmo hatte recht mit dem, was er sagte. Meckenheimhatte diesen Unsinn nicht glauben wollen und wollte es immer noch nicht, obwohl er es mittlerweile besser wusste . Oder zu wissen glaubte. Eijei.
    „Da hinten rechts“, sagte er. Sie waren unterwegs zur Dollendorfer Anstalt, in – dieses Gefühl wollte und wollte sich nicht abschütteln lassen –, in, so stand zu befürchten, mehr als nur einem Sinne.
    „Ich nehme an, Sie wissen sehr gut, dass ‚Pussy Cat‘ im Angelsächsischen die gleiche Bedeutung hat wie ‚Muschi‘ im Deutschen, dass es sich bei beidem also um Umschreibungen des weibliches Geschlechts handelt, der natürlich behaarten Vagina?“
    Windell starrte in die getönten Gläser der Psychiaterin und versuchte gleichzeitig, so gut es ging, jeden Gedanken an ihre vermutlich natürlich rotbehaarte Vagina zu ver drängen.
    „Äh, nein“, sagte er, um etwas zu sagen und damit die so wichtige Kooperationsbereitschaft zu zeigen.
    „Jack Knife hingegen ist eindeutig abgeleitet vom ‚jackknife‘, einem Klappmesser, das ‚dem Mann schon mal in der Hose aufgeht‘ und somit einen Euphemismus darstellt für den erigierten Penis.“
    „Sie kennen Jack … Sie kennen meine Romane?“
    „Nur zu gut. Oder sagen wir: Besser als es irgendjemandem lieb sein könnte. Schließlich habe ich darüber promoviert.“ Sie lehnte sich zurück, blickte zur Decke. 01E;‚Der immerharte Schwanz. Sexuelle Symbolik und das Bild von Mann und Frau in den Heftromanen Will B. Everhards im Kontext eines drohenden Wiedererstarkens von Machismo und Patriarchentum am Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts‘.“
    „Äh, ganz schön langer Titel.“
    „Was? ‚Der immerharte Schwanz‘? Ich finde ihn eher kurz. Und griffig.“
    Windell wusste dazu nichts zu sagen. Er fragte sich zum wiederholten Male, woher er diese Frau kannte und warum er sich so vor ihr fürchtete.
    „Also, angesichts der nur zu durchsichtigen Namensgebung dieser Figuren, verraten Sie mir eins: Haben Sie auch das Gefühl, dass Sie besessen sind von primären Geschlechtsmerkmalen?“
    „Besessen? Ich?“
    „Was ist eigentlich aus Ihrem zwanghaften Exhibitionismus geworden? Haben Sie den damals therapieren lassen?“
    „Damals? … Woher wissen Sie von … Und ich habe nie …“ Frau Doktor Störzenich nahm ihre getönte Brille ab und wandte sich den beiden Gestalten zu, die schon eine Weile unschlüssig im Rahmen ihrer Bürotüre standen. „Kann ich Ihnen helfen?“ Ihre auffallend blassblauen Augen funkelten ungeduldig. Dann weiteten sie sich.
    Einen Moment lang sagte niemand ein Wort.
    Windell starrte.
    Elmo starrte.
    Meckenheim starrte.
    Frau Doktor Jekatherina Störzenich setzte langsam und mit einem Anflug von Trotz ihre Brille wieder auf.
    „Aber, aber, Sie sind die … Sie sind die Nonne!“ Windell erbleichte. Er hatte also tatsächlich Erinnerungen an diese Frau. Fürchterliche Erinnerungen.
    „Ich war “ , entgegnete Frau Doktor. „Bis mich meine wahre Berufung ereilte.“ Nicht ganz freiwillig, doch das

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