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Platinblondes Dynamit

Platinblondes Dynamit

Titel: Platinblondes Dynamit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Juretzka
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entkommen! Alles was ich tun muss, ist …“ Er brach ab. Einmal, weil er selber nicht so genau wusste, was genau es war, das er zu tun hatte, und andererseits, weil ihn die Medizinerin vollkommen ignorierte. Sie hatte sich vor Meckenheim aufgebaut und blickte auf ihn herab. Am Rücken ihrer Nase entlang. Die sie obendrein rümpfte.
    „Sie riechen mal wieder sehr stark nach Alkohol, Herr Kommissar“, sagte sie eisig. „Sind Sie in Behandlung? Teil eines Programms?“
    „Was heißt hier ‚mal wieder‘? Ich trinke normalerw…“
    „Verleugnung und Verdrängung lösen keine Probleme, Herr Meckenheim. Ich muss mich nur wundern, wieSie es in Ihrer Verfassung geschafft haben, so lange im Polizeidienst zu bleiben. Freuen Sie sich, dass ich der ärztlichen Schweigepflicht unterliege. Theoretisch“, fügte sie vielsagend hinzu. „Voraussetzung dafür ist natürlich, dass wir ein Arzt-Patient-Verhältnis eingehen. Falls nicht, bin ich Privatperson wie jede andere auch.“ Sie machte eine Pause, in der alle Anwesenden Meckenheim um mindestens eine Handbreit schrumpfen sehen konnten, bevor sie fortfuhr. „Die Apostolische Gemeinde Köln-Dollendorf hält regelmäßige Treffen im Gemeinschaftsraum des Untergeschosses unserer Anstalt ab. Ich darf Sie zum nächsten Termin am heutigen Abend erwarten?“
    „Ich komme gern“, warf Elmo ein. Etwas an der Art der Psychiaterin erhöhte ihm den Druck in der Hose, dass man eine Dampfpfeife daran hätte anschließen können.
    „Sie sind selber Alkoho…?“
    „Ich leite diese Treffen, Herr Meckenheim. In meiner Funktion als Medizinerin. Und natürlich auch als Seelsorgerin. Sie werden feststellen, kaum dass Sie sich vor den Kreis gestellt und mit den Worten ‚Mein Name ist Emil und ich bin Alkoholiker‘ vorgestellt haben, wird es Ihnen direkt besser gehen.“
    „Aber ich bin kein Alkoholiker!“
    „Seltsam nur, dass Sie schon morgens stark angetrunken hier herumwanken und Unmögliches von mir verlangen, oder?“
    Ich hätte Oberin werden können, dachte Jekatherina Störzenich mit tiefem Groll. Oberin, Äbtissin sogar! Ich hätte Einfluss nehmen können auf gesellschaftspolitische Strömungen, auf das Erscheinungsbild der Kirche, auf das päpstliche Konzil, ja, auf den Heiligen Vater selbst.
    Und was war stattdessen aus ihr geworden? Eine Psychiaterin, die sich von morgens bis abends mit den zumeist unappetitlichen Neurosen ihrer Patienten herum schlagen konnte.
    Doch sie würden es ihr büßen, diese drei. Schuldig, jeder Einzelne von ihnen, schuldig, und dafür würden sie leiden. Einer wie der andere.
    Sie gingen, Meckenheim und Elmo. Zögerlich zwar, besonders Elmo, aber sie gingen. Und ließen ihn in den Klauen dieses Monsters zurück.
    Er stand am Fenster, eine ellenlange Liste mit zukünftigen therapeutischen Gesprächsterminen in Händen, und sah sie davonfahren. „Vor allem das Thema Ihrer überproportionalen Mutterbindung und Ihre daraus resultierende sexuelle Fehlorientierung werden wir noch erheblich vertiefen müssen.“ Damit hatte Frau Doktor Störzenich ihn verabschiedet. Einzig Windell spürte keine sexuelle Fehlorientierung und damit einhergehend auch keinerlei Bedürfnis nach einer Vertiefung derselben.
    Er warf einen Blick auf die Liste und betrachtete Datum und Uhrzeit seiner nächsten Therapiesitzung – 17:35 am selben Nachmittag – wie seinen eigenen Hinrichtungstermin.
    Jemand räusperte sich neben ihm. Es war Kilius/Bäumler.
    „Marika Kilius, angenehm“, zwitscherte die Puppe und hielt ihm huldvoll eine Hand mit permanent wie zum Greifen eines Stabes gekrümmten Fingern hin, die er weder schütteln und schon gar nicht küssen würde.
    „Bäumler“, stellte ihr Partner sich vor. „Wie lange hast du noch?“
    Windell sah wieder auf das Blatt. Die Liste des Computerausdrucksschien sich bis zu seinem Eintritt ins Rentenalter fortzusetzen.
    „Für immer“, seufzte er, bar jeder Hoffnung.
    „Nein, ich meine etwas anderes.“ Kilius/Bäumler hatte die Stimme gesenkt. Als ob er Mithörer befürchtete. Dabei waren sie allein auf dem Gang. Er schnalzte ungeduldig mit der Zunge. „Ich meine etwas ganz anderes“, wiederholte er und stieß sich von der Wand ab, rollte ein Stück. „ Das andere“, raunte er vieldeutig und drehte sich.
    „Er spricht von der Uhr“, flötete die Puppe und zwinkerte Windell dabei zu.
    „Hä? Das andere? Welche Uhr?“ Es war genau die Art von Gespräch, die man unter Umständen wie diesen erwarten durfte, doch

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