Platon in Bagdad
Licht (bei Nacht) gemacht und Stationen für ihn bestimmt hat, damit ihr über die Zahl der Jahre und die Berechnung (der Zeit) Bescheid wißt.«
Al-Battani, lateinisch Albategnius, war ein Sabier aus Harran, der in der syrischen Stadt Ar-Raqqa ein privates Observatorium hatte. Seine Schrift
Zij al-Sabi
, in der lateinischen Übersetzung als
De scientia stellarum
(Über die Wissenschaft der Sterne) bekannt, wurde in Europa bis zum Ende des 18. Jahrhunderts verwendet. Im Vorwort schreibt al-Battani, die Fehler in früheren astronomischen Abhandlungen hätten ihn dazu geführt, das ptolemäische Modell durch neue Theorien und Beobachtungen zu ergänzen, so wie es Ptolemaios auch mit dem Werk Hipparchs und anderer Vorgänger tat. Aufgrund seiner Beobachtungen der wechselnden Position des Himmelspols verwarf er Thabits Theorie der Trepidation und griff stattdessen auf Hipparchs Präzessionstheorie zurück. Ptolemaios hatte eine Präzession von 1 Grad in 100 Jahren gemessen, al-Battani ermittelte nun einen Wert von 1 Grad in 66 Jahren: Der tatsächliche Wert beträgt 1 Grad in 72 Jahren.
Viele arabische Astronomen waren auch als Astrologen tätig, weil die Astrologie sich in allen Gesellschaftsschichten der islamischen Welt großer Beliebtheit erfreute. Und das trotz der entschiedenenOpposition der Theologen, die den Gläubigen mit Versen aus dem Koran erklärten: »Die im Himmel und auf der Erde sind, haben (alle) keine Kenntnis vom Verborgenen außer Gott.« Der Dichter Sa’di von Schiraz erzählt folgende Begebenheit, um die Behauptung, die Astrologie könne die Zukunft vorhersagen, ins Lächerliche zu ziehen: Eines Tages kehrte ein Astrologe nach Hause zurück und traf seine Frau mit einem anderen Mann an. Als er sich darüber erboste, verspottete ihn ein Nachbar mit den Worten: »Weiß denn ein Mann, was in des Himmels Höh geschieht, / wenn er, was in dem eignen Haus passiert, nicht sieht?«
Auch bedeutende arabische Philosophen wandten sich gegen die Astrologie, der Erste war Abu Nas al-Farabi (um 870 – 950). Al-Farabi, lateinisch Alpharabius, war ein Türke aus Transoxanien, einer Region jenseits des Flusses Oxus (dem heutigen Amudarja) in Zentralasien. Dort verbrachte er die erste Hälfte seines Lebens. Die Ausbildung absolvierte er in Bagdad, wo er Logik studierte, unter anderem bei einem syrischsprachigen nestorianischen Gelehrten namens Yuhanna ibn Haylan. Nach zwei Jahrzehnten in Bagdad ging er an den Hof des Saif al-Daulah in Damaskus und blieb dort für den Rest seines Lebens.
Al-Farabis Angriff auf die Astrologie findet sich in der Einleitung zu seinem Buch
Über die Wissenschaften
, ins Lateinische als
De scientiis
übersetzt. Es ist die erste überlieferte Einteilung der Wissenschaften des Mittelalters, die von nachfolgenden arabischen Gelehrten modifiziert und weiterentwickelt wurde. Obwohl al-Farabi die Astrologie ablehnte, fasste er sie in dem Abschnitt »Die Teile der Naturwissenschaft« unter der Rubrik
Vom Himmel
mit der beobachtenden und mathematischen Astronomie zusammen.
Nach al-Kindi war al-Farabi der zweite aristotelische Wissenschaftler und Philosoph des Islam. Aber er war auch stark von Platon beeinflusst und versuchte, platonische und aristotelische Ideen dort zu vereinbaren, wo sie sich widersprachen. Seine Schrift
Al-Madina al-Fadila (Die Prinzipien der Ansichten der Bewohner der vortrefflichen
Stadt)
ist ein Versuch, den Zusammenhang zwischen Platons idealem Gemeinwesen im
Staat
und der Scharia, dem heiligen Gesetz des Islam, aufzuzeigen. Al-Farabi gilt auch als Begründer der islamischen politischen Philosophie und Logik, und seine wissenschaftlichen Arbeiten umfassen Kommentare zu Euklids
Elementen
und Ptolemaios’
Almagest.
Seine Schrift zur Musik ist die früheste islamische Studie zu diesem Thema und den Werken im lateinischen Abendland weit überlegen. Al-Farabi war auch Komponist. Einige seiner Werke wurden bei den Riten der Sufi-Bruderschaften gespielt, manche haben sich bis heute bei den Derwisch-Orden in der Türkei erhalten.
Auch die Medizin war ein im Islam hoch geschätzter Wissenschaftszweig. Das zeigt sich in einem Hadith, der »Überlieferung«, die auf den Propheten Mohammed zurückgehen soll: »Das beste Geschenk Allahs ist Gesundheit. Jeder sollte dieses Ziel erreichen, indem er sie für jetzt und für die Zukunft bewahrt.«
Der erste bedeutende Autor der islamischen Medizin war Abu Bakr Muhammad ibn Zakariya al-Razi (um 854 – um 930), lateinisch Rhazes,
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