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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Freely
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besteht.
    Ein weiterer bedeutender Vertreter der Übersetzungsbewegung war Qusta ibn Luqa, ein griechischsprachiger Christ aus dem Libanon, der bis zu seinem Tod im Jahr 913 in Bagdad als Arzt, Wissenschaftler und Übersetzer tätig war. Er übersetzte Werke von Aristarch, Heron und Diophant und verfasste Kommentare zu Euklids
Elementen
und zu
De materia medica
von Dioskurides. Seine eigenen Abhandlungen beschäftigen sich mit Astronomie, Metrologie, Optik und Medizin. So schrieb er ein Buch zur Sexualhygiene und eines über Medizin für Pilger.
    Qusta verfasste auch eine Abhandlung über die Magie mit dem Titel
Epistel über Zauberformeln, Beschwörungen und Amulette
, deren lateinische Übersetzung Albertus Magnus im 13. Jahrhundert erwähnt. Wie er selbst zur Magie stand, verrät die Geschichte von »einem gewissen großen Edelmann in unserem Lande«, der glaubte, eine Hexe hätte ihn impotent gemacht: Qusta riet dem Herrn zu einer Einreibung aus einem Gemisch von Krähengalle und Sesam und machte ihm weis, es handle sich dabei um ein Aphrodisiakum.Dies verlieh dem Mann ein solches Selbstvertrauen, dass er sein eingebildetes Leiden überwand und seine Manneskraft wiedererlangte.
    Das Übersetzungsprogramm wurde bis Mitte des 11. Jahrhunderts fortgesetzt, im Orient wie auch im muslimischen Spanien. Bis dahin lagen die meisten bedeutenden Werke der griechischen Wissenschaft und Philosophie in arabischer Übersetzung vor, ebenso wie Kommentare zu diesen Werken und Originalabhandlungen von islamischen Wissenschaftlern, die inzwischen entstanden waren. Im Austausch mit den umliegenden Kulturen wurden die arabisch schreibenden Gelehrten bald führend in Wissenschaft und Philosophie. Sie verarbeiteten das von den Griechen erworbene Wissen und fügten eigene Erkenntnisse hinzu; dadurch leiteten sie eine islamische Renaissance ein, deren Früchte schließlich ins Abendland gelangten. Muslimische Gelehrte datierten den Beginn dieses Zeitalters der Aufklärung auf die Regentschaft Harun ar-Raschids, so wie auch der Dichter Mossuli in diesem Loblied:

    Hast du nicht gesehen, daß die bis dahin fahl scheinende Sonne mit der Thronbesteigung Haruns begann, die Fluten ihres Lichts zu verströmen?

DIE ISLAMISCHE RENAISSANCE
    D ie islamische Renaissance begann bereits vor dem Ende der Übersetzungsbewegung und brachte Werke in allen schon bei den Griechen bekannten Wissenszweigen hervor. Sie verbreitete sich ostwärts nach Zentralasien und westwärts nach Nordafrika und auf die Iberische Halbinsel. Die meisten frühen Vertreter dieser Renaissance waren in der Region zwischen Bagdad und Zentralasien tätig, wo die arabische Wissenschaft, insbesondere die Astronomie, noch lange Zeit gedieh, nachdem sie anderswo in der islamischen Welt schon ihren Niedergang erlebt hatte.
    Mit der raschen Ausbreitung des Islam und folglich dem muslimischen Gebot der Pilgerfahrt nach Mekka wuchs unter arabischen Gelehrten das Interesse an der Geographie und der Naturgeschichte. Die bekanntesten frühen islamischen Arbeiten auf diesem Gebiet stammen von Abu’l Hasan al-Masudi, der auch als der »muslimische Plinius« bezeichnet wird.
    Al-Masudi wurde gegen Ende des 9. Jahrhunderts in der Nähe von Bagdad geboren, wo er auch studierte. Er reiste durch Asien und Teile Europas, und die Europäer beschrieb er so: »Der warme Humor fehlt ihnen; ihre Körper sind groß, ihr Charakter derb …« Die letzten zehn Jahre seines Lebens verbrachte er in Syrien und Ägypten, wo er 956 starb. In seinem bekanntesten Werk,
Das Buch der goldenen Wiesen
, zeigt er sich als Reisender, Chronist, Geograph, Geologe und Naturhistoriker. Sein letztes Werk war das
Buch der Anzeichen und Wiederholungen
, in dem er seine Betrachtungenund seine Philosophie der Natur und der Geschichte zusammenfasste. Darüber hinaus arbeitete er zur Musiktheorie und pries den Nutzen der Musiktherapie; er brachte auch die Idee der menschlichen Evolution auf. Vor der unkritischen Übernahme der »Alten« warnte er, denn Fortschritte, so seine Überzeugung, mache die Wissenschaft durch neue Entdeckungen.
    Die Astronomie stand unter den Wissenschaften im Islam immer an erster Stelle, und arabische Astronomen priesen den Nutzen und die Gottesfurcht ihrer Disziplin mit aller Redegewandtheit. Muhammad ibn Dschabir al-Battani (858 – 929) eröffnet sein
Zij al-Sabi
mit einem Vers aus dem Koran, der ein Loblied auf die Astronomie singt: »Er ist es, der die Sonne zur Helligkeit (am Tag) und den Mond zu

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