Platon in Bagdad
Kunst der Nekromantik« beschrieben wird.
Picatrix
ist »ein Kompendium der Magie, der Kosmologie, der astrologischen Praxis und der esoterischen Weisheit im Allgemeinen« und vermittelt »das vollständigste Bild des Aberglaubens im Islam des 11. Jahrhunderts«. In seinem Werk
A History of Magic and Experimental Science
(Geschichte der magischen und experimentellen Wissenschaft) widmet Lynn Thorndike dem
Picatrix
ein ganzes Kapitel und beschreibt es als »eine konfuse Zusammenstellung von Auszügen aus okkulten Schriften und ein Sammelsurium von zahllosen magischen und astrologischen Rezepten«.
Al-Madschriti hatte mehrere Schüler, die sein wissenschaftliches wie auch sein magisches Wissen in Al-Andalus und darüber hinaus verbreiteten. Die bekanntesten waren Ibn al-Samh aus Granada (gest. 1035), al-Kirmani aus Saragossa (gest. 1055) und Ibn al-Saffar. Offensichtlich gelangte dieses Wissen auch in die ostislamische Welt, denn fast 400 Jahre später erwähnte ihn Ibn asch-Schatir aus Damaskus als einen der Gelehrten, deren astronomisches Modell sich von der üblichen ptolemäischen Theorie unterschied.
Der führende Astronom im Jahrhundert nach al-Madschriti war Ibn Muadh al-Jayyani (gest. 1093), dessen Nachname darauf verweist, dass er aus Jaén, östlich von Córdoba, stammt. Sein bekanntestes Werk sind die
Tabulae Jahen
, ein astronomisches Tafelwerk auf der Grundlage von al-Chwarizmis
Zij al-Sindhind
, angepasst auf die geographische Länge von Jaén. Diese Tabellen bedeuteten gegenüber dem
Sindhind
eine Verbesserung, denn er berücksichtigte die Präzession der Äquinoktien, die Al-Chwarizmi unbeachtet ließ, und er wandte die Fortschritte in den astronomischen Theorien von al-Biruni und den anderen Vorgängern darauf an. Die
Tabulae Jahen
geben auch detaillierte Anweisungen für so praktische Dinge wie die Bestimmung der Gebetszeiten, der Gebetsrichtung nach Mekka, des Beginns der islamischen Monate und die Erstellung vonHoroskopen; so war es für die Astronomen der Moscheen eine nützliche Handreichung.
Zu Ibn Muadhs weiteren Arbeiten gehören Schriften zu Astronomie und Mathematik. In der Astronomie schrieb er eine Abhandlung zur Dämmerung und zur falschen Dämmerung, die in lateinischer Übersetzung vom Mittelalter bis in die Renaissance Anwendung fand. Eines seiner mathematischen Werke beschäftigt sich mit der sphärischen Trigonometrie, ein weiteres mit dem Titel
Über Ratio
verfasste er, »um zu erklären, was aus dem fünften Buch von Euklids Schriften möglicherweise nicht klar ist, denen, die damit nicht zufrieden sind«.
Ins christliche Europa gelangte Ibn Muadhs Abhandlung zur sphärischen Trigonometrie auf indirektem Wege, nämlich über ein Werk von Dschabir ibn Aflah, einem Astronomen und Mathematiker, der in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts in Sevilla lebte. Ibn Aflahs wichtigstes Werk trägt den Titel
Islah al-Madschisti
(Korrektur des
Almagest
) und ist eine Überarbeitung der astronomischen Theorie des Ptolemaios, in der er Ibn Muadhs Methoden der sphärischen Trigonometrie aufnahm und ergänzte. Das
Islah
wurde ins Lateinische und Hebräische übersetzt und fand bis ins 17. Jahrhundert bei muslimischen, jüdischen und christlichen Astronomen und Mathematikern Verwendung.
Ein weiteres astronomisches Tafelwerk wurde um 1069 für die Koordinaten von Toledo zusammengestellt. Es waren die berühmten
Toledaner Tafeln
, die nur in einer lateinischen Übersetzung vorliegen, von der zahlreiche Abschriften überliefert sind. Die Tafeln basierten auf Werken von Ptolemaios bis zu al-Chwarizmi und al-Battani und wurden von einer Gruppe von Astronomen erstellt, von denen Abu’l Qasim Sa’id,
Qadi
(Kadi, Richter) von Toledo (gest. 1070), der bekannteste war.
Zu dieser Gruppe gehörte auch Ibn al-Zarqali (gest. 1100), lateinisch Arzachel, ein Autodidakt, der für Abu’l-Qasim Sa’id astronomische Instrumente und Wasseruhren anfertigte. Nach dessen Todwurde al-Zarqali Direktor der Gruppe, die die neuen astronomischen Tafeln fertigstellte. Die
Toledaner Tafeln
wurden in Al-Andalus wie auch im christlichen Europa verwendet. Um 1140 wurden sie als
Marseiller Tafeln
ins Lateinische übertragen und blieben bis ins 14. Jahrhundert in Gebrauch. Eine lateinische Fassung der
Toledaner Tafeln
wurde schließlich ins Griechische übersetzt und schloss damit auf bemerkenswerte Weise einen kulturellen Kreis. Die Tafeln sind in Geoffrey Chaucers »Erzählung des Gutsbesitzers« erwähnt, einer
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