Platon in Bagdad
verbreitete und christliche Gelehrte wie auch Muslime anzog, ganz abgesehen von den unter islamischer Herrschaft lebenden Juden. Der maghrebinische Historiker al-Maqqari schrieb später über das Córdoba des 10. Jahrhunderts: »In vier Dingen übertrifft Córdoba die Hauptstädte der Welt. Darunter sind die Brücke über den Fluss und die Moschee. Das sind die ersten beiden; das dritte ist Medina Azahara; aber das größte aller Dinge ist das Wissen – und das ist das vierte.«
Nach al-Mansurs Tod 1002 ging das Kalifat an verschiedene Anwärter in den wichtigsten Städten von Al-Andalus und wurde 1031 schließlich vollständig abgeschafft. Dem Fall des Kalifats folgte ein Zeitraum von 60 Jahren, in dem Al-Andalus in ein Mosaik vonkleinen muslimischen Staaten zerfiel. Dies gestattete es den christlichen Königreichen im Norden der Halbinsel, nach Süden vorzurücken und damit die später als Reconquista bezeichnete Rückeroberung einzuleiten. Im Jahr 1085 errangen die Christen ihren ersten größeren Sieg, als Alfons VI. (reg. 1072 – 1109), König von Kastilien und León, Toledo eroberte.
Die Einnahme Toledos führte dazu, dass die muslimischen Fürsten den Almoraviden-Herrscher in Marokko, den mächtigen Yusuf ibn Taschfin (reg. 1061 – 1106), um Hilfe ersuchten. Yusuf drang 1086 in Al-Andalus ein, besiegte Alfons’ Heer, und verhinderte auf diese Weise, dass der Süden wieder in christliche Hände fiel. So erlangten die Almoraviden in Al-Andalus die Vorherrschaft, die bis Mitte des 12. Jahrhunderts andauerte, als sie durch eine andere mächtige Dynastie im Maghreb, die Almohaden, verdrängt wurden. Während der Regentschaft von Abd al-Mu’min (reg. 1130 – 1163) weiteten die Almohaden ihre Macht über den gesamten Maghreb und Al-Andalus aus. 1212 erlitten die Almohaden eine schwere Niederlage gegen die vereinigten christlichen Königreiche, die innerhalb der nächsten 50 Jahre die größten muslimischen Städte in Al-Andalus eroberten und im Jahr 1236 Córdoba einnahmen. Das Königreich der Nasriden in Granada war fast das einzige, das vom muslimischen Spanien übrig blieb, bis es durch Ferdinand II. von Aragon und Isabella von Kastilien, die »katholischen Könige« erobert wurde; sie vertrieben die letzten Mauren aus Spanien.
Die Entwicklung der Wissenschaft in Al-Andalus nahm mit Abd ar-Rahman II. (reg. 822 – 852) ihren Ausgang, der einen Agenten in den Orient schickte, um dort Bücher zu erwerben. Nach Aussage eines anonymen maghrebinischen Chronisten befanden sich darunter auch astronomische Tafeln sowie Werke zu Astronomie, Philosophie, Medizin und Musik. Der Emir interessierte sich sehr für Astronomie und Astrologie, möglicherweise ausgelöst durch eine totale Sonnenfinsternis am 17. September 833, die die Menschenin Córdoba so in Angst und Schrecken versetzt hatte, dass sie sich rasch in der Großen Moschee versammelten und zu Allah um Erlösung beteten.
Der Hofdichter und Astrologe des Emirs war Abbas ibn Firnas (gest. 887), der eine Fassung von al-Chwarizmis astronomischen Tafeln einführte, den
Zij al-Sindhind.
Im Auftrag des Emirs erbaute Ibn Firnas in Córdoba eine Sternwarte mit einem Planetarium, einer Weltmaschine und einer Wasseruhr, die die Gebetszeiten anzeigte. Er unternahm auch Flugversuche, indem er mit einem Flugapparat aus eigener Konstruktion vom Dach des Rusafa-Palasts sprang. Offenbar gelang es ihm, eine gewisse Strecke zu gleiten, doch bei der harten Landung wurde er verletzt. Seine Kritiker führten dies darauf zurück, dass er nicht berücksichtigt hatte, wie die Vögel ihre Schwanzfedern zur Landung auf einem Ast einsetzen.
Córdoba war im 10. Jahrhundert für seine Medizinschule berühmt, die der jüdische Arzt Chasdai Ben Shaprut leitete, Wesir Abd ar-Rahmans III. und späterer Leibarzt Hischams II. Chasdai leitete zudem die Übersetzungsaktivitäten und versah im Namen des Kalifats diplomatische Aufgaben. Dazu gehörte auch die Begrüßung eines Botschafters aus Konstantinopel, der Hauptstadt des Byzantinischen Reiches, im Jahr 949. Der Gesandte überbrachte Geschenke des Kaisers Konstantin VII. Porphyrogennetos (reg. 913 – 959) an Abd ar-Rahman III., darunter eine prachtvolle griechische Handschrift von Dioskurides’ Abhandlung
De materia medica.
In Córdoba konnte niemand ausreichend Griechisch, um die Handschrift zu lesen, deshalb richtete es der Botschafter so ein, dass ein byzantinischer Mönch namens Nikolaus nach Córdoba entsandt wurde. Gemeinsam mit
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