Plattenbaugefühle: Jugendroman
Lied.«
Und ich singe ›Wo willst du hin ...‹.
»Leg dich auf den Boden.«
Ich tue es.
Dann aber schreie ich laut auf: »Mir reicht es! Ich mache jetzt nichts mehr, was man mir sagt. Ich weigere mich!«
Daraufhin höre ich ein meckerndes Lachen.
»Ja, lach du nur!« rufe ich ganz laut.
Plötzlich schweben die Stühle davon, der Tisch, die Vase mit den Rosen. Im nächsten Moment steht ein großes Bett in der Mitte der Bühne. Nach wie vor bin ich alleine. Laut rede ich vor mich hin:
»Ich möchte, dass jemand Besonderes darin liegt. Ich möchte mich neben einen ganz tollen Jungen legen, jetzt. Ich möchte ihm sagen, was ich mit ihm machen will, wie unsere Beziehung laufen soll.«
Wieder höre ich ein meckerndes Lachen. Plötzlich wird mir dunkel vor Augen und als ich wieder etwas sehen kann, liegt ein Junge mit dunklen, mittellangen Haaren, einem wunderschönen Gesicht und langen Wimpern in diesem Bett. Es ist Paul. »Möchtest du es?« frage ich ihn.
»Es kommt darauf an, was du möchtest«, sagt er.
Im nächsten Moment liege ich neben ihm, mit einem Buch in der Hand und sage: »Wir fangen mit dem an, und dann folgen die 499 anderen Bücher auf der Liste«.
»Ja, und immer wenn wir zu müde zum Lesen sind, schauen wir einen meiner 500 Filme auf der Liste an, wollen wir?« erwidert er.
Und ich sage: »Ich will!«
Berlin! So vieles gibt es hier zu tun, so viele groovige Veranstaltungen, zum Einkaufen total nice, Kultur satt, so viele Möglichkeiten, die ich jetzt wieder wahrnehme, da ich aus Kranichstein weg bin. Endlich wieder zur Museumsinsel gehen, der Weg zu ›Unter den Linden‹ und weiter zum Brandenburger Tor. Endlich wieder Bergmannstraße in Kreuzberg, wo ich so gerne etwas esse oder in kleinen Läden shoppen gehe, genau wie in Friedrichshain in der Wülischstraße und drumherum. Das nehme ich mir für heute vor, alleine, ohne Fabian, der lange Schule hat. Endlich wieder diese Berliner Luft schnuppern, diese besonderen Orte besuchen, mich über das Hiersein freuen, über die Rückkehr.
Und den kleinen Abstecher nach Kranichstein hinter mir lassen. Kann ich das? Kann ich etwas hinter mir lassen, das mir so viel Neues gebracht hat?
Biographisches
Jannis Plastargias
Er ist am 6. Juli 1975 in Kehl am Rhein geboren und Sohn griechischer Gastarbeiter. Nach dem Studium Lehramt Grund- und Hauptschule mit den Fächern Deutsch, katholische Religion und Biologie folgte ein Ergänzungsstudiengang Diplom-Pädagogik mit Schwerpunkt Interkultureller Erziehung. Während des Studiums war er Schulsozialarbeiter an einer Brennpunktschule in Karlsruhe. Von 2005 bis 2008 arbeitete er als pädagogischer Mitarbeiter an der Erich-Kästner-Schule in Darmstadt-Kranichstein; seine Aufgaben: Betreuung der Ganztagsschüler, Einzelfallhilfe, Förder- sowie Freizeitkurse.
Er absolvierte 2008 bis 2009 den Aufbaustudiengang Buch- und Medienpraxis an der Goethe-Universität Frankfurt am Main mit den Schwerpunkten Kulturredaktion in Rundfunk, Zeitung und Fernsehen, sowie Literaturkritik, Lektorat, PR und Öffentlichkeitsarbeit im Verlagswesen. Von 2009 bis 2011 war er Koordinator eines bundesweiten Projekts zur Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von Menschen mit Migrationshintergrund. Seit Schuljahr 2011/2012 ist er Klassenlehrer in der Erasmus-Grundschule in Frankfurt.
Jannis Plastargias ist Mitglied der Textwerkstatt Darmstadt (Leitung Kurt Drawert 2010 und 2011), und veröffentlichte in diesem Rahmen zwei Texte in der Anthologie ›Die Haltbarkeit des Glücks‹. 2011 fanden seine ersten Lesungen in der Lesebühne Darmstadt und in Karlsruhe im Club Carambolage statt, letzteres organisiert von ›artempire‹, einem Kulturmagazin aus Karlsruhe, in dem er in den ersten beiden Ausgaben 2011 Geschichten veröffentlichte. Seit 2008 ist er Juror beim Jugendbuchpreis ›Goldene Leslie‹, dem Leseförderungspreis des Landes Rheinland-Pfalz.
Aktivitäten: Seit 2005 Kulturredakteur bei ›Radiosub‹, dem schwul-lesbischen Magazin bei Radio X und seit 2011 ist er zweiter Vorsitzender des Vereins ›Sprich! e.V.‹, der sich der Sprach- und Leseförderung von benachteiligten Jugendlichen verschreibt;
Publikationen: ›Bodybuilding zur Stärkung des jugendlichen Selbstwertgefühls‹ Kubayamashi-Do Studien- und Fachbuchverlag/2009, und Rezensionen, Glossen und literarische Texte in verschiedenen Online-Medien veröffentlicht. Blogger (http://schmerzwach.blogspot.com/)
Ein Buch schreibt sich nicht von selbst. Ein Autor
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