Plattform
Möglichkeit, sofort zu frühstücken, wie die Reiseleiterin mit wohlklingender Stimme sagte ; wir könnten uns aber auch in unserem Zimmer ausruhen, das stehe jedem frei. Wie dem auch sei, der Treffpunkt für den Besuch der klongs sei um vierzehn Uhr in der Lobby.
Die Fensterwand meines Zimmers ging direkt auf die Schnellstraße hinaus. Es war halb sieben. Es herrschte starker Verkehr, aber durch die Doppelscheiben drang nur ein leises Rauschen. Die nächtliche Beleuchtung war erloschen, und die Sonne spiegelte sich noch nicht in den Gebäuden aus Stahl und Glas wieder; um diese Tageszeit war die Stadt grau. Ich bestellte beim Zimmerservice einen doppelten Espresso, den ich mit einer Tablette Paracetamol, einer Togal und einer doppelten Dosis Meditonsin hinuntergoß; dann legte ich mich ins Bett und versuchte, die Augen zu schließen.
Formen bewegten sich langsam in einem begrenzten Raum, sie erzeugten einen tiefen Summton; es handelte sich vielleicht um Baufahrzeuge oder riesige Insekten. Im Hintergrund stand ein kleiner Mann, der mit einem Krummschwert bewaffnet war und vorsichtig die Schärfe der Klinge prüfte; er trug einen weißen Turban und eine weiße Pluderhose. Plötzlich wurde die Atmosphäre rot und klebrig, fast flüssig. An dem tropfenförmigen Beschlag, der sich vor meinen Augen bildete, merkte ich, daß mich eine Scheibe von der Szene trennte. Der Mann lag jetzt auf der Erde, wurde von einer unsichtbaren Kraft gelähmt. Die Baufahrzeuge, mehrere Löffelbagger und eine kleine Planierraupe, umkreisten den Mann. Die Löffelbagger erhoben ihre beweglichen Arme und ließen ihre Tieflöffel gleichzeitig auf den Mann hinuntersausen, dessen Körper dadurch in sieben oder acht Teile gehackt wurde; sein Kopf schien jedoch weiterhin von einer dämonischen Lebendigkeit beseelt zu sein, ein boshaftes Lächeln verzog immer noch sein bärtiges Gesicht. Dann näherte sich die Planierraupe und überfuhr den Mann, so daß sein Kopf wie ein Ei zerplatzte; ein Strahl aus Gehirnmasse und zermalmten Knochen spritzte wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt auf die Scheibe.
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Im großen und ganzen ist der Tourismus auf seiner Suche nach Sinn mit der spielerischen Geselligkeit, die er begünstigt, und den Bildern, die er hervorbringt, ein abgestuftes, kodiertes, angstfreies Erkenntnissystem der Außenwelt und der Andersartigkeit.
Rachid Amirou
Ich wachte gegen Mittag auf, die Klimaanlage erzeugte einen tiefen Summton; meine Kopfschmerzen hatten etwas nachgelassen. Ich lag quer auf dem king size-Bett und machte mir Gedanken über den Ablauf der Rundreise und alles, was dabei auf dem Spiel stand. Die bis dahin noch nicht formierte Gruppe würde sich in eine lebendige Gemeinschaft verwandeln; bereits an diesem Nachmittag mußte ich mich positionieren und schon die ersten Shorts für den Ausflug auf die klongs auswählen. Ich entschied mich für ein halblanges, nicht zu eng anliegendes Modell aus blauem Jeansstoff, das ich durch ein T-Shirt mit dem Aufdruck Radiohead vervollständigte; dann stopfte ich ein paar Sachen in den Rucksack. Im Badezimmerspiegel betrachtete ich mich mit Abscheu: Mein verkrampftes Bürokratengesicht stand im krassen Gegensatz zu meiner Aufmachung. Ich glich letztlich genau dem, was ich war: ein Beamter um die Vierzig, der versuchte, sich für die Dauer der Ferien als junger Mann zu verkleiden; es war deprimierend. Ich ging ans Fenster und zog die Vorhänge weit auf. Vom 27. Stock aus war der Anblick berauschend. Die eindrucksvolle Masse des Hotels Mariott erhob sich links wie ein Kreidefelsen, der durch die halb hinter den Balkons versteckten Fensterreihen mit schwarzen horizontalen Streifen überzogen war. Das Licht der im Zenit stehenden Sonne ließ die Flächen und Kanten scharf hervortreten. Direkt vor mir sah ich komplexe Strukturen aus Pyramiden und Kuppeln aus bläulichem Glas, auf denen das Licht endlose Spiegelungen hervorrief. Am Horizont überlagerten sich die gigantischen Betonklötze des Grand Plaza President wie die Schichten einer Stufenpyramide. Rechts über der zitternden grünen Oberfläche des Lumphini Park konnte man die eckigen Türme des Dusit Thani erkennen, das wie eine ockerfarbene Zitadelle wirkte. Der Himmel war tiefblau. Ich trank langsam ein Singha Gold und sann über den Begriff des Unwiderruflichen nach.
Unten führte die Reiseleiterin eine Art Aufruf durch, um die breakfast coupons zu verteilen. Ich erfuhr dabei, daß die beiden
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