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nur von den Taino-Indianern bewohnt. 1511 gründete Diego Velazquez die Stadt Baracao, die erste spanische Stadt in Amerika. Da sie über vier Jahrhunderte nur mit dem Schiff zu erreichen war, blieb sie vom restlichen Teil der Insel isoliert. Erst der Bau der Straße über den La-Farola-Paß im Jahre 1963 ermöglichte die Verbindung mit Guantanamo auf dem Landweg.
Wir kamen kurz nach drei Uhr an; die Stadt lag an einer Bucht, die tatsächlich fast kreisrund war. Das löste allgemeine Zufriedenheit aus, die sich in Ausrufen der Bewunderung ausdrückte. Letztlich suchen die Anhänger von Entdeckungsreisen vor allem eine Bestätigung dessen, was sie in ihren Reiseführern gelesen haben. Kurz gesagt, es war eine ideale Reisegruppe: Die im Guide Michelin mit einem bescheidenen Stern bewertete Stadt Baracoa konnte sie nicht enttäuschen. Das Hotel El Castillo, das in einer ehemaligen spanischen Festung untergebracht war, überragte die Stadt. Von oben gesehen wirkte sie überaus schön; aber in Wirklichkeit war sie nicht schöner als die meisten anderen Städte. Mit ihren armseligen schwarzgrauen Sozialwohnungen, die so schmutzig waren, daß sie unbewohnt wirkten, war sie im Grunde sogar ziemlich nichtssagend. Ich beschloß, gemeinsam mit Valérie am Rand des Swimmingpools zu bleiben. Das Hotel verfügte über etwa dreißig Zimmer, alle von Touristen aus Nordeuropa belegt, die mehr oder weniger aus den gleichen Gründen hergekommen zu sein schienen. Als erstes bemerkte ich zwei ziemlich korpulente Engländerinnen um die Vierzig; eine von ihnen trug eine Brille. Sie wurden von zwei Mulatten mit unbekümmerter Miene begleitet, die höchstens fünfundzwanzig waren. Sie wirkten sehr unbefangen, redeten und scherzten mit den beiden Dicken, nahmen sie an die Hand oder legten ihnen den Arm um die Taille. Ich wäre völlig unfähig gewesen, diese Art von Arbeit zu erledigen; ich fragte mich, ob sie irgendwelche Tricks anwandten und woran oder an wen sie dachten, um ihre Erektion zu stimulieren. Irgendwann gingen die beiden Engländerinnen auf ihr Zimmer, während die beiden Typen am Swimmingpool blieben und sich weiter unterhielten; wenn ich mich wirklich für die Menschheit interessierte, hätte ich ein Gespräch mit ihnen beginnen können, um mehr darüber zu erfahren. Aber vielleicht reichte es ja, korrekt zu wichsen, eine Erektion konnte vermutlich auch auf rein mechanischem Weg erreicht werden ; in einer Studie über Strichjungen hätte ich sicher Genaueres darüber erfahren können, aber mir stand nur Comtes Rede über den Geist des Positivismus zur Verfügung. Während ich in dem Kapitel mit dem Titel »Die soziale, volkstümliche Politik muß vor allem sittlich werden« blätterte, sah ich eine junge Deutsche, die in Begleitung eines großen Schwarzen ihr Zimmer verließ. Sie sah wirklich so aus, wie man sich eine Deutsche vorstellt. Mit langem blonden Haar, blauen Augen, einem schönen, festen Körper und großen Titten. Das ist ein sehr anziehender weiblicher Typus, das Problem dabei ist nur, daß solche Figuren der Zeit nicht standhalten, ab dreißig müssen da gewisse Wartungsarbeiten vorgenommen werden, Liposuktion, Silikoneinlagen usw.; doch zur Zeit war noch alles in bester Ordnung, sie war sogar ausgesprochen aufreizend, ihr Kavalier hatte Glück. Ich fragte mich, ob sie genauso viel bezahlte wie die Engländerinnen, ob es einen Einheitspreis für Männer gab, genau wie für Frauen; auch dazu hätte man eine Untersuchung, eine Umfrage durchführen müssen. Das war zu anstrengend für mich, ich beschieß, mich auf mein Zimmer zurückzuziehen. Ich bestellte mir einen Cocktail, den ich langsam auf dem Balkon schlürfte. Valérie ließ sich bräunen und ging ab und zu ins Wasser; als ich zurück ins Zimmer ging, um mich hinzulegen, sah ich, daß sie mit der Deutschen ins Gespräch gekommen war.
Gegen sechs kam Valérie hoch, um mieh zu besuchen; ich war mitten beim Lesen eingeschlafen. Sie zog ihren Badeanzug aus, duschte, schlang sich ein Handtuch um die Hüften und kam zu mir ; ihr Haar war noch feucht.
»Du magst es für eine fixe Idee bei mir halten, aber ich habe die Deutsche gefragt, was die Schwarzen den Weißen voraushaben. Auf die Dauer ist es wirklich auffallend: Die weißen Frauen schlafen lieber mit Afrikanern und die weißen Männer lieber mit Asiatinnen. Ich muß herausfinden warum, das ist wichtig in meinen Job. «
»Es gibt auch viele Weiße, die schwarze Frauen sehr
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