Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)
das stimmt so alles. Hat dir der Name etwas gesagt?«
»Ja«, meinte Elli lapidar. Irmi war klar, dass damals bei den Recherchen der ORF-Journalistin viele Namen gefallen waren. Namen von Frauen mit einem ähnlichen Schicksal. Sicher auch der von Margarethe von Braun.
Kathi, die bis hierher geschwiegen hatte, fuhr erneut dazwischen. »Was redet ihr hier eigentlich?«
Elli sah Kathi voller Zärtlichkeit an. »Bitte, Kathi, ich geb jetzt Irmi diese Fingerabdrücke, und dann reden wir beiden unter vier Augen.«
Das Soferl war mit einem Post-it-Zettel zurückgekommen. Als Irmi dann auch noch Soferls Abdrücke nahm, hatte sie ganz kurz Bedenken, dass Kathi ihr alles aus der Hand schlagen würde. Beim Abschied zischte Kathi: »Das wirst du mir büßen.«
Das war eine Drohung, ein schwerer Affront gegen sie als Chefin. Aber Irmi war zu erschöpft, um zu reagieren. Sie ging einfach. Fuhr wie in Trance ins Büro, überreichte die Fingerabdrücke dem Hasen, der wieder besonders begeistert war, dass sie sein Wochenende verhunzte. Er versprach ihr, bis zum nächsten Morgen Ergebnisse zu liefern. Nicht ohne sich noch mal zu beschweren.
»Irgendwann nehm ich alle Überstunden«, meinte er. »Alle Samstagsdienste. Und die am Sonntag. Dann seht ihr mich ein halbes Jahr nicht mehr!«
»Wissen Sie was? Mich würden Sie dann etwa zwei Jahre nicht mehr sehen!«, erwiderte Irmi eisig.
Der Hase zuckte mit der Nase wie ein Karnickel und verschwand.
Auch Irmi fuhr nach Hause, wo sie anfing, die Milchkammer zu säubern. Sie stand in Latzhose und gelben Gummistiefeln da und fuhrwerkte so herum, dass Bernhard stirnrunzelnd davontrabte. Dass sie dann auch noch den Kühlschrank auswischte und den Herd reinigte, veranlasste Bernhard zu einer Flucht zum Wirt.
Der Samstag begann für Irmi gegen sieben. Sie hatte felsenfest geschlafen. Erst als der kleine Kater alle seine Krallen in ihre Zehen rammte, stand sie auf. »Du Monsterviech!«, stieß sie aus.
Schon um neun bekam Irmi den Abgleich der Fingerabdrücke. An der Waffe waren insgesamt fünf verschiedene Abdrücke klar zu differenzieren gewesen, es hatten wohl auch noch andere an dem Gewehr herumgefingert, doch deren Spuren waren nicht klar darstellbar. Unter den fünf Abdrücken waren nun zwei bekannt: die von Sophia und Elisabeth Reindl.
Irmis Magen verkrampfte sich. Dass ein Abdruck vom Soferl auf der Waffe zu finden war, verblüffte sie nicht weiter – schließlich übten sie und die anderen Mädchen regelmäßig auf dieser Waffe. Aber Elli Reindl konnte sehr gut schießen und war sogar mehrfach Schützenkönigin gewesen. Mittlerweile war sie zwar nicht mehr im Schützenverein, aber Schießen verlernte man nicht. Das war doch wie Radfahren, oder?
Aber wie wäre Elli an das Gewehr gekommen? Und gleichzeitig kannte Irmi die Antwort. Der Trainer ließ den Schrank ja öfter offen stehen, sie selbst hätte sich problemlos eine Waffe holen können.
Irmi griff zum Hörer und bat Andrea, mit dem Biathlontrainer einen Termin im Schützenheim zu vereinbaren. Kaum hatte sie aufgelegt, da stürmte Kathi herein.
»Also, meine Mutter hat mir so einiges erzählt. Dass mein Vater kein Engel gewesen ist, weiß ich. Dass sie ein Kind verloren hat, wusste ich nicht. Sie hat es nicht leicht gehabt, aber deswegen erschießt sie doch nicht diese Regina.«
Das war eine sehr knappe Zusammenfassung von Ellis tragischer Vergangenheit. Irmi wusste, dass Kathi sehr schlecht mit Elend und Verzweiflung umgehen konnte. Sie wurde dann noch härter, noch tougher, noch sachlicher. Statt sich dem Schmerz zu stellen, flüchtete sie.
»Ihre Fingerabdrücke waren auf der Waffe.« Irmi sah Kathi nicht an.
»Aber das kann nicht sein!«
»Was nicht sein soll, kann eben doch sein«, meinte Irmi hilflos.
»Du hast sie nicht mehr alle!«, rief Kathi.
Irmi versuchte ruhig zu bleiben. »Kathi, versuch bitte einen Moment auszublenden, dass wir von deiner Mutter reden. Was würdest du bei jeder anderen Person tun? Wir haben eine Frau, deren Fingerabdrücke sich auf einer Tatwaffe befinden. Es gibt eine Verbindung zwischen den beiden. Regina von Braun hat deine Mutter massiv angegangen, sie hat sie mit Anrufen torpediert und sogar aufgesucht. Nenn das Stalking, wenn du so willst. Wir müssen deine Mutter erneut verhören. Außerdem hat sie kein Alibi. Du bist nicht die Wächterin deiner Mutter. Sie könnte weggefahren sein, oder? Es ist nicht weit von Lähn nach Grainau, das muss ich dir nicht sagen, du fährst die
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