Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)
hatte herausgefunden, dass er im österreichischen Biathlon-Nationalkader gewesen war. Klar, dass dieser To-Tommy einen Schlag bei seinen Schülerinnen hatte. Irmi hoffte für ihn, dass er seine Grenzen und Altersgrenzen kannte …
Sie stellte sich und Andrea vor und fuhr fort: »Sophia Reindl ist die Tochter einer Kollegin, ich hab ihr kürzlich beim Schießen zugesehen. Und was hab ich auf der Suche nach einem Klo noch gesehen? Den offenen Schrank. Sie sollten mal ein Schild hinhängen.«
»An den Schrank?«
»Nein! Ein Schild, wo das Klo ist! Dann würden Leute wie ich nicht durch die Katakomben irren und sich in Waffenschränke verirren.«
Besonders hell auf der Platte war er offenbar nicht, aber um schnell zu laufen und gut zu schießen, brauchte man Kondition und eine ruhige Hand. Im Sport war zu viel Grips eher hinderlich. Selbstgerechte Funktionäre, unfähige Trainer, starre Systeme – mit Intelligenz und Selberdenken hatte man es bei diesen Strukturen schwer.
»Mit einer der Biathlonwaffen, die zu Ihrem Waffenpool gehört, wurde ein Mord verübt«, erklärte Irmi.
»Naa, oder!«
»Doch, scho!«
Nach einigem Hin und Her war Trainer To-Tommy durchaus freundlich und kooperativ und musste zugeben, dass er ab und zu vergaß, hinter den Schülern her zu sperren. Und sein »bei uns kommt doch nix weg« klang inbrünstig. Etwas zu inbrünstig, fand Irmi. Vorsichtshalber nahmen sie seine Fingerabdrücke, wobei das im Prinzip sinnlos war. Die Abdrücke würden in jedem Fall auf der Waffe sein, er gab diese Schießprügel schließlich aus.
»Wer hat denn sonst noch diese Waffen in der Hand gehabt?«
»Keine Ahnung.«
»Sagt Ihnen der Name Regina von Braun etwas?«
»Nein.« Er hatte keine Sekunde überlegt.
Irmi runzelte die Stirn. »Wo waren Sie denn am Sonntagabend?«
»Keine Ahnung.«
»Sie haben recht wenig Ahnung, Tommy. Wissen Sie, wir sind nicht zum Spaß hier. Mit einer Waffe, für die Sie die Verantwortung tragen, wurde gemordet. Wir können auch gerne nach Garmisch fahren.« Konnten sie natürlich nicht so einfach. Sie befanden sich auf österreichischem Gebiet, der Trainer war Österreicher, aber das spielte momentan keine Rolle. So pfiffig war der Trainer nicht.
»Ich glaub, ich war daheim. Ich bin den ganzen Tag draußen unterwegs, deshalb bin ich abends meist zu Hause und schreibe Trainingspläne.«
»Waren Sie allein?«
»Ja.«
Warum waren eigentlich alle Menschen, die sie befragte, allein? Eine Welt der Singles. Nie konnte jemand ein Alibi liefern. Allein saßen sie zu Hause vor dem Fernseher oder arbeiteten oder gingen mit den Hühnern schlafen. Und wenn tatsächlich mal jemand ein Alibi lieferte, dann stammte es sicher vom Ehepartner, und was davon zu halten war, wusste man ja. Blieb die Frage, was zu tun war. Ihn festnehmen? Unsinnig, er wäre gleich wieder draußen. Zu viele Leute hatten theoretisch Zugang zu den Waffen gehabt. Und was hatte der hübsche Thomas Wallner mit Regina zu tun gehabt? Nichts, wie es momentan aussah. Optisch hätten die beiden allerdings gut zusammengepasst.
»Ich verwarne Sie wegen der Waffen. Sperren Sie besser ab! Ich verzichte jetzt mal auf eine Anzeige, und Sie halten sich bitte zur Verfügung. Und wenn Ihnen was einfällt, hier ist meine Karte.«
To-Tommy nickte, irgendetwas in seinem Gesichtsausdruck gefiel Irmi nicht. Er wirkte angespannt. Vielleicht war Tommy gar nicht so dumm, wie sie dachte?
Schweigend fuhren Irmi und Andrea bis zu Kathis Haus. Auch hier stand die Tür offen, wohl um die Frühlingssonne hereinzubitten. Elli hatte gerade Kaffee gekocht, den sie ihnen anbot. Sie begrüßte Andrea freundlich, natürlich kannte sie Kathis junge Kollegin. Irmi atmete so tief durch, dass Elli und Andrea sie anstarrten.
»Elli, ich mach es kurz. Auf der Waffe, aus der geschossen wurde, sind deine Fingerabdrücke.«
Elli setzte ihre Tasse ab und sah Irmi an. »Aber ich hab Regina von Braun nicht erschossen! Ich könnte doch niemanden töten!«
»Wie kommen die Abdrücke auf die Waffe?«
»Ich weiß nicht. Ich …« Elli überlegte. Plötzlich hellte sich ihr Gesicht auf. »Jetzt fällt es mir wieder ein! Ich hatte die Waffe vom Soferl kürzlich mal in der Hand. Sie hat mich am Ende des Trainings mal schießen lassen. Das war der Termin, bevor du auch dabei warst. Aber wie sollte ich an die Waffe gekommen sein? Das Soferl nimmt die doch nicht nach Hause mit! Das darf sie doch gar nicht!«
»Der tolle Tommy nimmt es mit dem Absperren offenbar
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