Platzkarte zur Hölle Kommissar Morry
bat er. „Es ist wohl kein Geheimnis, daß ich in den letzten Jahren ein wenig heftig gegen Sie polemisiert habe."
„Ich bin froh, daß Sie diese Tatsache nicht zu bagatellisieren versuchen!"
Er betrachtete seine schlanken, feingliedrigen Hände. „Es ist schwer, heute zu sagen, wer das Gerücht aufgebracht hat. Es war plötzlich da, es schien so logisch . . .“
„Logisch?" unterbrach ihn die Frau empört. „Was ist logisch an einer Behauptung, die uns zu Mördern stempelte?"
Callords' Lächeln wirkte ein wenig hilflos. „Nichts", versicherte er rasch. „Aber Wilbur war doch vergiftet worden, nicht wahr? Und Sie . . . nun ja, es war ein offenes Geheimnis, daß er eine Freundin hatte ..."
„Müssen wir diese alten, schmerzlichen Dinge erneut ausgraben?" fragte sie.
„Offen gestanden ... es fällt mir nicht leicht, darüber zu sprechen . . . aber es muß sein!"
„Warum sind Sie gekommen?"
„Mein Gewissen trieb mich ..."
„Ihr Gewissen?"
„Ganz recht. Ich entdeckte es, nachdem ich Ihre Tochter unter den Gästen meiner Party bemerkte und eine längere Unterhaltung mit Stuart Wyndham führte."
„Was war das für eine Unterhaltung?"
„Oh ... sie bezog sich auf den mysteriösen Tod Ihres werten Gatten und auf einige Schlüsse, die die New Yorker Gesellschaft in diesem Zusammenhang gezogen hat."
„Mit anderen Worten: Sie warfen uns wieder einmal vor, gemeine Verbrecher zu sein!"
„Ich fürchte, ich war nicht sehr fair zu Ihnen", gestand Callords und senkte den Blick. Dann schaute er die Frau an. „Ich bin hier, um mich bei Ihnen zu entschuldigen. Wenn Sie es wünschen, nehme ich jede Form einer Genugtuung auf mich."
„Wie erklärt sich Ihr plötzlicher Sinneswandel?"
„Ja, wie? Stuart Wyndhams feste, unbeirrte Haltung gegenüber diesem Fragenkomplex ließ mich wankend werden. Ich dachte lange darüber nach und sah ein, daß Mr. Wyndham recht hat. Die Gesellschaft hat einfach nicht das Recht, den Stab über die Russells zu brechen."
„Aber sie hat es getan, nicht wahr?"
„Leider . . . und ich muß bekennen, daß das nicht zuletzt an mir lag. Bitte nehmen Sie meine tiefe, aufrichtige Zerknirschung hierüber entgegen."
„Sie sind gekommen, um sich zu entschuldigen . . . und Sie glauben, damit wäre alles wieder gut?"
„Nein, ich weiß, daß es nicht so einfach ist, aber ich verspreche Ihnen, mein Bestes zu tun, um den angerichteten Schaden wiedergutzumachen. “
Plötzlich standen Tränen in Mrs. Russells Augen. „Es ist zuviel ... es ist einfach zuviel!" schluchzte sie.
„Liebe gnädige Frau!" sagte er konsterniert. „Habe ich etwas Falsches gesagt? Habe ich Sie schon wieder verletzt? Wenn das der Fall sein sollte, bitte ich um Verzeihung."
Mrs. Russell schüttelte den Kopf. „Entschuldigen Sie, bitte. Meine Nerven ließen mich plötzlich im Stich . . . aber im Augenblick bricht mehr über mich herein, als ich zu ertragen vermag. Man hat uns überfallen. Stuart Wyndham war Zeuge der schrecklichen Szene. Es sieht so aus, als hätten es diese Leute auf das Leben von Peachy abgesehen."
„Welche Leute?"
„Die beiden Gangster!"
„Entschuldigen Sie . . . aber ich verstehe kein Wort!"
Mrs. Russell schilderte kurz, was sich ereignet hatte. Sie schloß mit den Worten: „Mr. Wyndham ist unterwegs, um Peachy abzuholen und sicher unterzubringen. Er hat versprochen, mich anzurufen . . . aber seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört!"
In diesem Moment klingelte das Telefon. Mrs. Russell sprang auf. „Das wird er sein!" Sie eilte an den Apparat, hob den Hörer «ab und nannte ihren Namen. „Peachy!" rief sie dann aus. „Nein . . . nein ... er ist vor fast drei Stunden weggefahren . . . nicht dort eingetroffen? Lieber Himmel, das verstehe ich nicht!" Nachdem sie kurze Zeit gelauscht hatte, sagte sie: „Mr. Wyndham . . . Stuart ist der Ansicht, daß du nicht nach Hause zurückkommen darfst. Er wollte dich entweder in einem Hotel oder bei sich unterbringen. Was kann ihm nur zugestoßen sein? Ich begreife das alles nicht!" Sie schwieg, nickte und bemerkte: „Einverstanden. Du rufst in zwanzig Minuten zurück ..." Sie legte auf und wandte sich ihrem Besucher zu. „Entschuldigen Sie, bitte. Das war Peachy. Stuart ist noch nicht bei ihr!"
„Vielleicht ist etwas dazwischen gekommen."
„Er wollte direkt zu Peachy fahren! Für die Strecke benötigt er im ungünstigsten Fall anderthalb Stunden. Jetzt ist fast die doppelte Zeit verstrichen."
„Ihm kann etwas zugestoßen sein.
Weitere Kostenlose Bücher