Plötzlich blond 2 - Neues von der Superbeauty wider Willen
musste ich gegen Tränen ankämpfen - woher kamen die denn auf einmal? Doch ich hoffte, Mom und Frida würden sie nicht bemerken. »Wie dumm von mir. Ich hab Stark ja völlig vergessen. Und den Vertrag. Wie alles andere auch. Himmel. Ich bin ja so was von blöd.«
»Schätzchen.« Mom legte die Zeitung zur Seite und erhob sich von der Couch, um einen Arm um mich zu legen, obwohl ich einen Schritt vor ihr zurückwich. »Geht es dir gut? Wir hätten wohl besser vorher darüber reden sollen, aber ich bin einfach davon ausgegangen, du würdest sowieso arbeiten, daher …«
»Mir geht es gut«, sagte ich und wich weiter vor ihr zurück.
Ich wollte nicht, dass sie meine Tränen sah, dass sie sah, dass es mir alles andere als gut ging. Außerdem befürchtete ich, dass auf eine Berührung von ihr hin die Fassade bröckeln würde. »Eigentlich ist es so auch viel besser, weil Lulu sowieso diese Megaparty plant, und ich wusste eh nicht, wie ich ihr beibringen soll, dass ich nicht da sein werde. Das bleibt mir nun erspart. Also, puh, Glück gehabt!«
Mom machte nicht den Eindruck, als wäre sie davon überzeugt, dass es mir gut ging.
»Weißt du was«, meinte sie. »Das ist doch doof. Wir bleiben dieses Jahr über Weihnachten einfach alle zusammen hier. Ich ruf Grandma gleich an. Ich bin mir sicher, dass wir eine Lösung finden …«
Frida schien überhaupt nicht mitzubekommen, was Mom da gerade gesagt hatte. Denn etwas völlig anderes hatte sie total aus dem Häuschen gebracht. »Lulu schmeißt eine Party?«, japste sie aufgeregt. »Eine Weihnachtsparty? Bin ich eingeladen?«
Klar. Tja, war wohl doch ein Irrtum, Frida sei inzwischen so reif geworden.
»Nein«, erklärte ich. Ich griff nach meinen Regenklamotten, die ich gerade erst abgelegt hatte, und schnappte mir Cosys Mäntelchen, die Leine, meine Handschuhe und das ganze Zeug. »Wisst ihr was? Das hätte ich ja fast vergessen. Ich hab Lulu versprochen, dass ich ein paar Sachen für die Party für sie abhole, und jetzt ist es schon fast fünf, und der Partyshop macht schon bald zu, weil ja Sonntag ist. Ich mach mich also besser auf den Weg …«
»Em«, sagte Mom sanft und streckte ihre Hand nach mir aus. Ihr schien es meinetwegen fast das Herz zu brechen.
Doch ich war zu flink für sie. Schnell wich ich ihr aus und war schon halb auf dem Weg zur Tür den Flur runter, bevor
auch nur eine von ihnen zu begreifen schien, was hier vor sich ging.
»Ich ruf euch später noch mal an«, rief ich ihnen über die Schulter zu. Da hörte ich Mom noch einmal meinen Namen sagen, aber ich eilte bereits in Richtung Aufzug. Hoffentlich erreichte ich ihn, bevor mir die Tränen kamen und bevor mich eine von ihnen einholen konnte!
Und ich hab es geschafft, wenn auch nur mit Müh und Not. Ich hab es sogar noch am Portier vorbei über die Auffahrt unter die Markisen vor dem Haus geschafft, ehe ich heulend zusammenbrach.
Und dann zerfloss mein Gesicht vollends. Oder zumindest fühlte es sich so an. Heiße Tränen quollen mir aus den Augen und kullerten mir über die Wangen. Ich konnte nichts erkennen, weder vor mir noch um mich herum. Alles verschwamm zu einem Brei aus kleinen Punkten und Schmierern, den impressionistischen Gemälden aus dem neunzehnten Jahrhundert im Metropolitan Museum nicht unähnlich. Die Tränen verschleierten einfach alles. Ich bin mir sicher, dass da irgendwo auch Rotz mit im Spiel war.
Und noch während ich mich ihm ausgiebig hingab - dem Heulen, meine ich -, wurde mir bewusst, wie lächerlich es eigentlich war. Ich hatte es nämlich immer gar nicht so gut gefunden, wenn wir zu Grandma fuhren, wenn man mal vom Strand und dem Pool absieht. Ihre Wohnung war viel zu klein für sie und uns vier zusammen, und ich musste immer auf einem Klappbett schlafen, das mir viel zu kurz war. Außerdem servierte sie uns Tiefkühl-Bagels zum Frühstück statt der echten Teile, die man hier in New York bekam, ofenfrisch, außen knusprig und innen noch warm und teigig.
Aber dass man mir jetzt mitteilte, ich könne nicht mit, weil ich tot war …
Na ja, im Augenblick wünschte ich mir jedenfalls, ich wäre gestern Abend unten am Grunde des Ozeans geblieben. Es war so angenehm gewesen dort unten, so ruhig und friedlich, okay, auch kalt, aber trotzdem. Keiner hatte irgendetwas von mir verlangt, wie etwa: Klettere diese Klippe hoch, finde meine verschollene Mom, zieh diesen Diamant-BH an oder: Komm nicht nach Florida mit uns, du bist tot, hast du das vergessen?
Allerdings hatte
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