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Plötzlich durch Gewalt

Plötzlich durch Gewalt

Titel: Plötzlich durch Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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    »Sie können von mir aus gehen.
Selbstverständlich können Sie Ihre Waffe nicht mitnehmen. Wir haben Ihre New
Yorker Adresse und können uns wegen der Verhandlung vor dem Coroner später noch
mit Ihnen in Verbindung setzen. Sie haben Ihren Wagen draußen stehen. Fühlen
Sie sich in der Lage, selbst nach Hause zu fahren ?«
    »Ich glaube schon, Leutnant.
Danke .«
    »Ich kann Sie durch einen
meiner Leute zum Bahnhof bringen lassen, wenn Sie wollen«, sagte er. »Auf den
Wagen können wir für Sie aufpassen .«
    »Vielen Dank, aber ich glaube
schon, daß ich fahren kann. Ich werde mir für den Weg Zeit lassen«, sagte ich.
    »Tun Sie das .« Er grinste. »Sie waren heute abend schon einmal nahe
daran, eine Zahl in der Unfallstatistik zu werden .«
    Ich leerte mein Glas und
brachte es zur Bar zurück, verabschiedete mich von dem Leutnant und dem Doktor
und ging vorsichtig durch die Halle und durch die Haustür hinaus zu meinem
Wagen.
    Shields war ein netter Kerl,
und zu mir war er mehr als nett gewesen. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte
ich mich wie ein Schurke. Es ist schließlich ein Unterschied, ob man weiß, daß
man ein Schurke ist, oder ob man sich wie ein Schurke fühlt. Ich stieg in den
Wagen und tastete nach den Schlüsseln, als ein breiter Schatten neben der
Scheibe auftauchte.
    »He, Mann«, grollte eine
dröhnende Stimme. »Steigen Se nochmal ‘n Moment aus .«
    Die Stimme genügte, um den
Polizisten zu erkennen, noch ehe ich ausstieg und im Licht der Lampe über der
Vortreppe seine Uniform sah.
    »Kommen Se mal nach hinten«, sagte der Polizist, und ich folgte ihm nach der Rückseite
meines Wagens, wie das ein ehrenhafter Bürger tut, obwohl ich mich dabei
keineswegs wie ein ehrenhafter Bürger fühlte.
    »Nun«, grollte er zufrieden.
»Sehen Sie das ?«
    Der Deckel des Kofferraums
klapperte laut, als er ein paarmal dagegenstieß .
    »Wenn Sie was Wertvolles in Ihrem
Kofferraum haben, können Sie es verlieren und erst tausend Meilen später
merken«, grunzte der Polizist. »Man sollte doch meinen, die Stelle, an der sie
ein anständiges Schloß anbringen, wäre der Kofferraum .« Er grunzte wieder und drückte dann die Klappe so fest hinunter, daß sie richtig
einschnappte, und der Wagen schwankte, als ob ein Erdbeben herrschte. »Ich
hab’s sofort bemerkt. Sobald wir herkamen«, erklärte der Polizist
selbstzufrieden. »Wollte es Ihnen nur zeigen, ehe Sie abfuhren. Am besten lassen
Sie sich ein neues Schloß einbauen .«
    »Vielen Dank«, sagte ich,
»recht vielen Dank .«
    »Nichts zu danken«, grunzte er.
»Wie steht’s da drin ?«
    »Fast fertig, glaube ich. Sie
müssen jede Minute rauskommen .«
    »Wird auch Zeit«, sagte er.
»Wenn es so weiterregnet, können auf Long Island bald nur noch Enten leben .«
    Ich lachte immer noch höflich,
als ich den Motor anließ und fortfuhr. Ich ließ mir Zeit; selbst als ich die
Hauptstraße erreichte, fuhr ich höchstens vierzig. Als ich nach Quogue kam, bog ich von der Hauptstraße zum Strand ab. Fünf
Minuten später hielt ich auf dem Sand. Die Scheinwerfer schnitten eine Schlucht
in den strömenden Regen und ließen schwach die drohende, wogende, schwarze
Masse der See erkennen. Das Klatschen der Wellen verschmolz zu einem ständigen
Donnern. Auf die kurze Entfernung war das ohrenbetäubend. Ich schaltete die
Scheinwerfer aus, stellte den Motor ab, tastete dann nach der Taschenlampe im
Handschuhfach, bis ich sie fand. Die Klappe des Kofferraums beunruhigte mich.
Das Schloß war vollkommen in Ordnung gewesen.
    Jedenfalls bis heute abend . Es war die Art zufälligen Zusammentreffens,
die so zufällig ist, daß man Angst davor bekommt.
    Als ich aus dem Wagen stieg,
schlug mir der vom Wind aufgewirbelte feine Sand scharf ins Gesicht und blendete
mich fast. Ich drehte dem Wind den Rücken zu und schlurfte zur Rückseite meines
Wagens.
    Ich öffnete den Kofferraum, und
das Gegengewicht hob den Deckel leicht nach oben. Dann ließ ich den Strahl der
Taschenlampe in den Kofferraum fallen, und das Licht reflektierte schwach in
den zwei Augen, die mir ohne zu blinzeln entgegenstarrten und die nie mehr
etwas sehen würden.
    Für einen Augenblick erstarrte
ich und spürte nichts anderes als den kalten Schweiß, der mir am ganzen Körper
ausbrach. Wenn der Polizist den Kofferraum geöffnet hätte, wenn irgendeiner von
ihnen den Deckel hochgehoben hätte, dann wäre ich jetzt noch in South Hampton
mit Gittern zwischen mir und der Landschaft.
    Jetzt aber war ich

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