Plötzlich durch Gewalt
Sie wissen ja, wie das so geht, Leutnant. Entweder man hat Glück,
oder nicht. Es ist keine brillante Kopfarbeit dabei, sondern nur teuflische
Beinarbeit .«
Shields nickte. »Und weiter?«
»Ich nehme an, daß Mr. Lakeman mich für einen fähigen Detektiv hielt, weil ich ihm
seine Tochter zurückbrachte«, fuhr ich fort. »Ich rief ihn heute
nachmittag von meinem Büro aus an, und er lud mich ein, zum Abendessen
hierherzukommen .«
»Aber er ist nicht da«,
unterbrach Shields. »Anscheinend auch seine Tochter nicht. Die einzigen
Menschen im Haus, als wir kamen, waren Sie und der Tote .«
»Das verstehe ich nicht, Leutnant«,
sagte ich. »Ich verstehe es überhaupt nicht. Ich kam gegen Viertel nach sieben
hierher und drückte auf die Klingel an der Haustür. Etwa fünf Minuten lang
geschah nichts, dann öffnete Charlie mir die Tür. Für einen Moment glaubte ich,
er würde mich anfallen, doch dann erkannte er mich. Er brachte mich durch die
Halle hierher, sagte mir, Lakeman wäre vor etwa einer
halben Stunde angerufen worden und hätte unvorhergesehen fortgehen müssen; er
käme aber spätestens in einer halben Stunde wieder zurück. Er sagte mir auch, Lakeman hätte gesagt, ich solle es mir bequem machen und
mir was zu trinken nehmen, und er käme so schnell wieder, wie er könne. Das
habe ich dann auch getan. Charlie verschwand irgendwo im Haus, und ich stand
hier an der Bar und genoß den Whisky. Vielleicht zehn Minuten später glaubte
ich leise Schritte hinter mir zu hören und wollte mich gerade umdrehen, da
stürzte das Dach über mir ein. Das ist alles, was ich weiß, Leutnant. Tut mir
leid, daß ich Ihnen nicht mehr helfen kann .«
Shields grinste unverbindlich.
»Sie haben also weder Lakeman noch seine Tochter
überhaupt gesehen ?«
»Charlie war der einzige, den
ich sah .«
»Ein Nachbar hörte die Schüsse,
rief zuerst hier an, und als er keine Antwort bekam, benachrichtigte er uns«,
sagte er.
»Wie lange sind Sie hier ?« fragte ich.
»Eine halbe Stunde, vielleicht
etwas länger«, antwortete er.
»Teufel!« Ich war ehrlich
überrascht. »War ich so lange geistig weggetreten ?«
Shields grinste zum ersten Mal.
»Wie der Doc sagte: Sie haben Glück, daß Sie nicht unter einer anderen Decke
neben Charlie liegen .«
Ich tastete durch meine
Taschen, bis ich eine Packung Zigaretten fand, bot Shields eine an, und er nahm
sie. Das Grinsen war ein gutes Zeichen; daß er die Zigarette nahm, war ein
weiteres gutes Zeichen. Ich fing an, mich etwas sicherer zu fühlen. Er
entzündete ein Streichholz, hielt es zuerst mir hin und steckte dann seine
Zigarette an.
»Niemand kann sich selbst auf
den Hinterkopf schlagen in der Weise, wie es Ihnen geschah«, sagte er.
»Angenommen, Charlie schlug Sie also nieder, dann hat er Ihnen Ihre Waffe
abnehmen und sechs Fuß von sich selbst entfernt gestanden haben müssen, während
er auf sich schoß. Das ist natürlich ausgeschlossen. Folglich muß eine dritte
Person anwesend gewesen sein; die Person, die Sie hinter sich hörten.
Vielleicht war sie gekommen, um Charlie umzubringen und hatte nicht damit
gerechnet, daß sonst noch jemand im Haus war. Man schlug Sie nieder, um Sie aus
dem Weg zu räumen. Vielleicht bemerkte die Person dann, daß Sie eine Waffe bei
sich hatten, und kam auf den Gedanken, sie gegen Charlie zu benutzen in der
Hoffnung, den Mord dadurch Ihnen anzuhängen. So sehe ich jedenfalls die Sache .«
»Das klingt sehr überzeugend,
Leutnant«, sagte ich.
»Auf der Waffe waren keine
Fingerabdrücke. Sie war sauber«, fügte er hinzu. »Er hätte Ihnen anschließend
den Griff in die Hand drücken können, wenn er sich wirklich große Mühe gegeben
hätte. Das hätte ihm zwar nichts geholfen, aber woher sollte er das wissen? Es
kann auch einen anderen Grund haben, auf alle Fälle war es für ihn sicherer,
Ihre Waffe zu benutzen, statt seiner eigenen; denn durch die Magnum da kann
niemand auf seine Spur kommen .«
»Was glauben Sie, wer es war,
Leutnant ?« fragte ich. »Ein Einbrecher oder jemand,
der es wirklich auf Charlie abgesehen hatte?«
»Weiß ich nicht«, antwortete er
kurz. »Was mich beunruhigt, ist, daß weder Lakeman noch seine Tochter aufgekreuzt sind. Ich habe ein Fahndungsersuchen nach den
beiden ausgegeben; bisher allerdings ohne Ergebnis, wenn es auch dafür noch etwas
früh wäre. Ich will aber nicht irgendwo noch zwei Leichen finden, das ist alles .«
»Verständlich«, sagte ich.
»Aber was wird jetzt aus mir, Leutnant
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