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Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Titel: Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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Einheimischer, treibst dich hier bestimmt schon eine Weile rum, nicht? Also, was denkst du?«
    »Ich … kann mich nicht erinnern.« Der Riese runzelte angestrengt die Stirn, fast als würde ihm dieser Gedanke Schmerzen bereiten. »Tut mir leid. Ich kann mich nicht erinnern.«
    »Du wirst nichts Nützliches aus ihm herausbekommen, Goodfellow«, knurrte der Wolf und stand auf. »Er weiß nicht einmal mehr, warum er eigentlich hier ist.«
    »Ich … habe nach etwas gesucht«, erklärte der Riese nachdenklich und seine großen Augen wurden glasig. »Ich … ich glaube, im Fluss. Ich habe vergessen, was es ist, aber … wenn ich es sehe, werde ich es wissen.«
    »Oh.« Puck schien enttäuscht zu sein, doch dann hellte sich seine Miene wieder auf. »Okay, und was ist mit einem Boot?«, fuhr er unverzagt fort. »Wenn du schon eine Weile hier bist, müsstest du doch hin und wieder ein Boot gesehen haben, das flussabwärts fuhr.«
    Der Wolf schüttelte resigniert den Kopf und wandte sich ab; offenbar hatte er genug gehört. Der Riese hingegen zog die dicken Augenbrauen zusammen und nickte nachdenklich.
    »Ein Boot. Ja … ich erinnere mich an ein Boot. Es fährt immer in dieselbe Richtung.« Sein blasser Finger zeigte in die Richtung, in die wir gingen. »Da entlang. Und es hält nur einmal an, am Landungssteg am Flussufer.«
    Abrupt blickte ich hoch. »Wo?«
    Die Runzeln auf der Stirn des Riesen wurden noch tiefer. »Eine Stadt? Eine Siedlung? Ich glaube, ich erinnere mich an … Häuser. Und … andere wie mich. Viel Nebel …« Er blinzelte verwirrt und zuckte mit den Armen. Das sollte wohl ein Schulterzucken sein, was seltsam aussah so ganz ohne Schultern. »Ich kann mich nicht erinnern.«
    Mit einem letzten Blinzeln wandte er sich so unvermittelt ab, als hätte er bereits vergessen, dass wir da waren. Alle weiteren Versuche von Puck, ihm etwas zu entlocken, blieben erfolglos.
    »Weißt du irgendetwas über diese Stadt?«, fragte ich Grimalkin, als wir unseren Weg fortsetzten. Der Wolf war uns bereits ein Stück voraus und blickte sich gereizt nach uns um. Ich hätte ihm gern dieselbe Frage gestellt, aber er sah gerade so aus, als würde er lieber ein paar Köpfe abbeißen.
    »Ich kenne nur die Geschichten, Prinz.« Grimalkin achtete höchst penibel darauf, wo er seine Pfoten hinsetzte, wich den Pfützen aus und tappte affektiert durch den Matsch. »Ich war nie in dieser sogenannten Stadt, doch es gibt einige sehr, sehr alte Geschichten über einen Ort in der Großen Wildnis, den die Feen aufsuchen, um zu sterben.«
    Fassungslos starrte ich den Kater an. »Wie meinst du das?«
    Grimalkin seufzte. »Unter anderem kennt man die Stadt unter dem Namen Phaed. Mach dir nicht die Mühe, mir zu sagen, dass du noch nie etwas davon gehört hast. Ich weiß, dass es so ist. Sie ist ein Ort für jene, an die sich niemand mehr erinnert. So sehr uns die Geschichten, der Glaube und die Fantasie stärker machen, so tödlich ist für uns ihr Fehlen. Selbst die Bewohner des Nimmernie sterben einen langsamen Tod, bis schließlich nichts mehr von ihnen übrig ist. Dieser Riese ist einer von ihnen, einer der Vergessenen. Er klammert sich an seine Existenz mithilfe der wenigen, die sich noch an seinesgleichen erinnern. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er einfach nicht mehr ist.«
    Mich überlief ein Schauer und selbst Puck wirkte betroffen. Tief in unserem Innersten fürchteten wir alle genau das: vergessen zu werden und im Nichts zu verschwinden, weil niemand sich mehr an unsere Geschichten und unsere Namen erinnerte.
    »Schaut doch nicht so ernst drein«, mahnte Grimalkin, sprang über eine Pfütze hinweg und setzte sich dann auf einen Stein, um uns besser ansehen zu können. »Das ist das unausweichliche Ende jeder Kreatur im Feenreich. Irgendwann müssen wir alle vergehen. Selbst du, Goodfellow. Selbst der große, mächtige Wolf. Was glaubst du denn, warum er dich unbedingt begleiten wollte, Prinz?« Grimalkin sah mich mit zuckenden Schnurrhaaren an. »Damit seine Geschichte weitergeht. Damit sie sich im Herzen und Gedächtnis all jener verankert, die sich an ihn erinnern. Doch was auch immer er tut, es ist nur ein Aufschub. Früher oder später landet jeder in Phaed. Außer uns Katzen, natürlich.« Damit sprang er von seinem Sitz und trabte mit hoch erhobenem Schwanz weiter.
    Immer mehr Nebelschwaden stiegen aus dem Fluss auf, waberten über den Boden und zwischen den Bäumen hindurch. Bald war der Dunst so dicht, dass man nur

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