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Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Titel: Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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leise. »Jeden Einzelnen von ihnen werde ich in blutige Fetzen reißen. Dieser Ort ist widernatürlich. Spürt ihr das denn nicht? Er ist wie ein sterbendes Tier, das nach uns schlägt. Wir sollten sie alle töten, und zwar sofort.«
    »Davon würde ich dringend abraten«, erklärte Grimalkin und erschien aus dem Nichts. Mit schmalen Augen musterte er den Wolf, der ihn mordlüstern anstarrte. »Ihr wäret überrascht, wie viele Vergessene es auf der Welt gibt«, fuhr der Kater schließlich fort. »Ich versichere euch, es sind mehr, als ihr euch vorstellen könnt. Und starke Emotionen wie Wut oder Angst ziehen sie an wie der Honig die Fliegen. Also versuche bitte, dein hungriges Maul im Zaum zu halten und niemandem den Kopf abzubeißen. Dann schaffen wir es vielleicht, in einem Stück hier rauszukommen.«
    Der unheilvolle Blick des Wolfes wanderte zwischen mir und Grimalkin hin und her, dann wandte er sich knurrend ab und schnappte böse nach der Luft. In diesem Moment bemerkte ich auf seinem Rücken und an seinen Schultern erste graue Strähnen in dem sonst so tiefschwarzen Fell. Doch dann schüttelte er sich und die Farben verwischten.
    »Wow, dieser Ort macht sogar das Wolfsmännchen nervös«, raunte Puck mir zu und beobachtete, wie der Wolf knurrend auf und ab lief. Hinter ihm bildete sich langsam eine Art Versammlung. Immer mehr neugierige Gesichter tauchten aus dem Nebel auf und fixierten uns mit leeren Augen. »Suchen wir das Boot und verschwinden wir, bevor er noch anfängt, die Häuser einzureißen.«
    Wir folgten der schlammigen Straße, bis sie uns endlich wieder zum Fluss der Träume führte, der noch immer nebelweiß verhüllt war. Das dunkle Wasser schlug sanft gegen das morastige Ufer. Ein hölzerner Landungssteg ragte weit in den Fluss hinaus und verschwand dann im Nebel. Doch dort draußen rührte sich nichts. Alles war reglos und totenstill.
    »Tja, den Hafen hätten wir gefunden.« Puck spähte so angestrengt in den Dunst hinaus, dass er schielte. »Aber ich sehe kein Boot. Vielleicht müssen wir erst eine Fahrkarte kaufen?«
    »Indem ihr hier rumsteht, werdet ihr sicher nicht finden, was ihr sucht«, erklärte eine leise Stimme in unserem Rücken.
    Diesmal drehte ich mich betont langsam um, unwillig, bei jeder plötzlich auftauchenden Kreatur dramatisch zusammenzufahren. Doch ich zog mein Schwert und legte dem Wolf die freie Hand auf die Schulter, um ihn davon abzuhalten, herumzuwirbeln und den Sprecher einen Kopf kürzer zu machen.
    Zunächst sah ich niemanden. Die Stimme schien aus dem Nichts gekommen zu sein, aber auf dem Boden war ein langer, schmaler Schatten zu sehen.
    »Zeig dich«, knurrte der Wolf mit gebleckten Lefzen. »Bevor ich die Geduld verliere und dir die Eingeweide rausreiße, sichtbar oder nicht sichtbar, ist mir egal. Ich kann beinahe riechen, dass du da bist, also hör auf, dich zu verstecken.«
    »Oh, wie unhöflich von mir«, meldete sich die Stimme wieder, diesmal direkt vor uns. »Ich vergesse immer …« Scheinbar aus dem Nichts drehte sich eine große, unfassbar dürre Gestalt zu uns, sodass sie nun im Profil stand und dadurch sichtbar wurde. Der Mann war so dünn wie ein Blatt Papier, wie die Schneide einer Klinge, und war überhaupt nur zu sehen, wenn man ihn von der Seite betrachtete. Und selbst dann war er kaum mehr als ein hagerer Strich. Seine Haut war grau und er trug einen eleganten grauen Nadelstreifenanzug. Er winkte uns mit seinen langen, spinnenartigen Fingern zu, wohl um sicherzugehen, dass wir ihn sehen konnten.
    »Besser so?«, fragte er lächelnd. In dem lippenlosen Mund blitzten kleine, spitze Zähne auf. Mir schoss ein Name durch den Kopf, aber bevor ich ihn zu fassen bekam, war er bereits wieder verschwunden. »Ich bin der Betreuer dieser Stadt, der Bürgermeister, wenn man so will«, fuhr der schmale Mann fort und beobachtete uns scharf aus dem Augenwinkel heraus. »Normalerweise begrüße ich die Neuankömmlinge und wünsche ihnen einen langen, friedlichen Aufenthalt hier, während sie auf das Ende warten. Aber ihr …« Seine Augen wurden schmal und er legte die Fingerspitzen aneinander. »Ihr seid nicht wie wir anderen. Eure Namen wurden nicht vergessen. Ich bin mir zwar nicht sicher, wie ihr diesen Ort überhaupt finden konntet, aber das spielt auch keine Rolle. Ihr gehört nicht hierher. Ihr müsst gehen.«
    »Das werden wir«, versicherte ich ihm über die immer lauter werdenden Drohgebärden des Wolfs hinweg. »Wir warten nur noch auf die

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