Plötzlich Fee Bd. 3 Herbstnacht
Kelpiefohlens hinweg auf die Straße, auf der Suche nach vertrauten Fixpunkten. Mein Herz machte einen Sprung, als ich neben der Straße einen verrosteten Van zwischen den Bäumen entdeckte, der so alt und verfallen war, dass sogar ein Baum aus seinem Dach hervorwuchs. Der stand da schon, solange ich denken konnte, und ich hatte ihn jeden Tag vom Schulbus aus gesehen. Sein Anblick hatte mir immer gesagt, dass ich bald zu Hause sein würde.
Es schien schon so lange her zu sein – quasi eine Ewigkeit –, dass ich mit meinem Freund Robbie im Bus gesessen hatte und mir um nichts anderes Gedanken machen musste als Noten, Hausaufgaben und meinen Führerschein. So vieles hatte sich verändert. Es würde sich seltsam anfühlen, wieder in die Schule zu gehen und zu meinem alten, banalen Leben zurückzukehren, als wäre nichts passiert. »Ich werde wahrscheinlich eine Klasse wiederholen müssen«, seufzte ich und spürte dabei Ashs verwirrten Blick im Nacken. Klar, als unsterbliches Feenwesen musste er sich keine Gedanken machen über Dinge wie Schule, Führerschein und …
Plötzlich schien die Realität mit einem Schlag über mich hereinzubrechen. Meine Zeit im Nimmernie war wie ein Traum, verschwommen und unwirklich, aber jetzt waren wir wieder in der richtigen Welt. Wo ich mir durchaus Gedanken um Dinge wie Hausaufgaben, Noten und Collegebewerbungen machen musste. Eigentlich hatte ich mir im Sommer einen Ferienjob suchen und auf ein eigenes Auto sparen wollen. Nach der Highschool wollte ich auf eine technische Universität gehen, entweder nach Baton Rouge oder nach New Orleans. Konnte ich das jetzt noch machen? Nach allem, was passiert war? Und wie würde ein verstoßener Dunkler Feenprinz in dieses Bild passen?
»Was ist los?« Ashs Atem streifte wieder mein Ohr und ließ mich erschauern.
Ich holte tief Luft. »Wie soll das funktionieren, Ash?« Ich drehte mich halb zu ihm um. »Wo werden wir in einem oder zwei Jahren sein? Ich kann nicht ewig hierbleiben – früher oder später werde ich mit meinem Leben weitermachen müssen. Schule, Arbeit, irgendwann College …« Ich verstummte und starrte auf meine Hände. »Irgendwann werde ich damit fortfahren müssen, aber ich will das alles nicht ohne dich tun.«
»Darüber habe ich bereits nachgedacht«, erwiderte Ash. Erstaunt sah ich zu ihm auf, und er überraschte mich mit einem flüchtigen Lächeln. »Du hast noch dein gesamtes Leben vor dir. Da ist es nur logisch, dass du Pläne für die Zukunft machst. Und wenn ich das richtig verstanden habe, hat Goodfellow ungefähr sechzehn Jahre lang vorgegeben, er wäre ein Sterblicher. Es gibt keinen Grund, warum ich das nicht auch tun sollte.«
Verwirrt blinzelte ich ihn an. »Echt?«
Er berührte sanft meine Wange und sah mich mit einem durchdringenden Blick an. »Vielleicht wirst du mir ein paar Dinge über die Welt der Sterblichen beibringen müssen, aber ich bin bereit, alles zu lernen, solange das bedeutet, dass ich bei dir sein kann.« Er lächelte wieder, und diesmal war es ein etwas schiefes Grinsen. »Ich bin sicher, dass ich mich dem ›Menschsein‹ anpassen kann, wenn es sein muss. Wenn du willst, dass ich zur Schule gehe, kann ich das tun. Wenn du in eine große Stadt ziehen willst, um deine Träume zu verwirklichen, werde ich dir folgen. Und wenn du eines Tages eine Hochzeit ganz in Weiß haben willst, um das mit uns in den Augen der Menschen offiziell zu machen, bin ich auch dazu bereit.« Er lehnte sich so weit vor, dass ich mein Spiegelbild in seinen silbrigen Augen erkennen konnte. »Ich fürchte, du hast mich jetzt am Hals, komme, was wolle.«
Ich bekam nur schwer Luft und wusste nicht, was ich sagen sollte. Am liebsten hätte ich ihm gedankt, aber für eine Fee hatten solche Worte eine andere Bedeutung. Dann wollte ich mich nach hinten lehnen und ihn küssen, aber das Kelpiefohlen würde mich wahrscheinlich in den Graben werfen, wenn ich das versuchte. »Ash …«, setzte ich schließlich an, kam aber um den Rest einer Erwiderung herum, weil das Kelpiefohlen in diesem Moment abrupt stehen blieb. Wir waren am Ende einer langen, mit Kies bestreuten Auffahrt angelangt, die sich über einen kleinen Hügel zog. An einem Pfosten neben der Auffahrt hing gefährlich schief ein wohlbekannter grüner Briefkasten, der im Laufe der Zeit ziemlich ausgebleicht war, doch ich konnte selbst in der Dunkelheit problemlos lesen, was darauf stand.
Chase 14202
Mein Puls setzte kurz aus. Ich war zu Hause.
Ich rutschte vom
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