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Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3

Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3

Titel: Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Henkel
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Regen, der in langen weißen Fäden vom Himmel stürzte, es sah fast so aus, als ob es schneien würde. Die Stadt schien wie verhüllt, es war keine Menschenseele zu sehen. Meine Hände waren kalt und zitterten und da war ein Druck auf meiner Brust, dass ich glaubte, nie wieder aufstehen zu können.
    Ich begann laut zu schluchzen. Suse saß rechts neben mir, Luna links. Sie drückten ihre Gesichter an meines und da merkte ich, dass auch sie weinten.
    Ich glaube, ein bisschen warteten wir auch darauf, dass die Welt einstürzte, sich die Zeiten verschoben, alles dunkel wurde und wieder hell und wir dann nicht mehr wären, wer wir einmal gewesen waren. Dass unser Leben, so wie wir es kannten, durch das blöde Großvater-Paradoxon ausgelöscht würde, wir alles vergessen würden, was je geschehen war, und als andere Menschen in einer anderen, unbekannten Gegenwart aufwachen würden. Sozusagen. Obwohl wir dann natürlich nicht wissen würden, dass es einmal anders gewesen war.
    Ungefähr so stellte ich mir Sterben vor.
    Ich habe keine Ahnung, wie lange wir so saßen. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, es kam mir vor wie eine Sekunde. Nichts ergab mehr einen Sinn. Und vielleicht wäre ich für immer da in dem dunklen, kalten Hauseingang sitzen geblieben, wenn Luna und Suse mich nicht irgendwann hochgezogen hätten.
    Â»Ich erfriere gleich«, murmelte Luna.
    Â»Lasst uns ins Fantasia gehen«, schlug Suse vor. »Meine Mutter macht uns bestimmt einen heißen Tee.«
    Â»Ich will niemanden sehen«, sagte ich.
    Â»Keine Sorge«, sagte Suse. »Mama kennt sich mit so was aus, sie weiß, dass man manchmal nicht reden kann. Sie wird uns in Ruhe lassen. Los!«
    Wir rannten durch den Regen rechts in die Seitenstraße, über den kleinen Parkplatz direkt hinter der Buchhandlung und dann über die drei Stufen in den Laden. Im Fantasia, dem Science-Fiction-Laden, in dem Suses Mutter arbeitet, war es wunderbar warm und still. Kein Kunde war zu sehen, kein Wunder, bei dem Wetter. Als wir triefend durch die Tür traten, sah Suses Mutter uns erschrocken an.
    Â»Was um Himmels willen …«, begann sie, doch Suse brauchte nur den Kopf zu schütteln und sie verstummte sofort. Sie schob uns in ein Hinterzimmer mit einer kleinen Küche, drückte jeder von uns ein Handtuch in die Hand und begann wortlos Tee zu kochen.
    Als sie mir eine dampfende Tasse gereicht hatte, strich sie mir kurz über die Wange. »Lasst euch so viel Zeit, wie ihr braucht, hier stört euch niemand«, sagte sie sanft, ging aus der Küche und zog die Tür hinter sich zu.
    Als ich jetzt auf die Uhr sah, waren, seit wir unsere Wohnung verlassen hatten, viereinhalb Stunden vergangen. Selbst wenn Tante Emmi sich noch Zeit gelassen hatte, um sich umzuziehen beispielsweise, musste sie schon längst im Jahr 1923 angekommen sein.
    Â»Okay«, sagte Luna. »Wir sind immer noch da. Alles ist so, wie wir es kennen. Nichts hat sich verändert.«
    Suse stieß die Luft aus. »Gott sei Dank.«
    Â»Wie es ihr jetzt wohl geht?«, fragte ich leise.
    Â»Hey, wahrscheinlich prescht sie gerade mit einer knallgelben Pferdekutsche durch die Gegend oder so was.« Luna lächelte schief.
    Ich stand auf, schüttelte mich und sagte: »Gehen wir meine Sachen holen.«
    Â»Was?« Suse guckte mich verblüfft an.
    Â»Na, wenn ich doch wieder bei euch übernachte, dann brauche ich meine Tasche. Und die steht noch unausgepackt in meinem Zimmer«, erklärte ich.
    Â»Hältst du das für eine gute Idee?« Suse strich mir über den Arm. »Ich meine, du kannst auch alles von uns bekommen, Klamotten und so. Ich glaube nicht, dass du … dass wir jetzt in die … leere Wohnung zurückgehen sollten.«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Irgendwann muss ich das sowieso tun. Ich wohne schließlich dort, schon vergessen? Also, warum nicht gleich?«
    So macht man das beim Freerunning auch. Man darf bei einem Hindernis nicht zögern, sonst schafft man es vielleicht nie, es zu überwinden.
    Â»Marli hat recht!«, rief Luna und haute mir auf den Rücken. »Gehen wir.«
    Und dann trottete ich zum zweiten Mal an diesem Tag durch die halbe Stadt und dann die Treppe in den fünften Stock hinauf. Steckte wieder den Schlüssel ins Schloss, doch diesmal hatte ich das Gefühl, als ob mir ein eiskalter, einsamer Wind durch die Tür hindurch

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