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Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3

Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3

Titel: Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3
Autoren: Katja Henkel
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überprüfen. Die Uhren bleiben ja auch stehen.
    Auf jeden Fall macht es irren Spaß. Und jetzt, während Schlucki weiter von Brunftschwielen schwafelte, war der beste Zeitpunkt, es wieder zu tun.
    Luna und Suse hatten mir erzählt, dass immer am Ende des letzten Schultags um Punkt zwölf Uhr zehn unser Direx Herr Jockel über die Sprechanlage eine Rede hält, bevor die Ferien endlich losgehen. Eine lange und laaaangweilige Rede.
    Ich zupfte unauffällig an dem Pflaster an meinem Finger, unter dem ich den Ring versteckte, berührte den lila Diamant und schloss in freudiger Erwartung die Augen.
    Wenn Luna mit ihrem Ring in die Zukunft schaut, hat sie immer das Gefühl, in einer Achterbahn zu sitzen. Suse wiederum wird auf ihren Abstechern in die Vergangenheit richtig schlecht und manchmal kippt sie sogar um. Ich jedoch fühle mich wie bei dem perfektesten Freerunning-Sprung von einem Hüttendach mit sanfter Landung in weichem Gras.
    Als ich die Augen wieder öffnete, waren alle in ihrer letzten Bewegung erstarrt, als hätte ich beim DVD-Player die Pause-Taste gedrückt. Suse neben mir war gerade dabei, eine Seite in ihrem Manga umzublättern, Schlucki hatte flehend die Hände erhoben und Luna saß mit verblüfftem Gesicht zu Suse umgedreht da und starrte sie reglos an. Wahrscheinlich grübelte sie noch immer über die Brunftschwielen nach.
    Jetzt nur keine Zeit verlieren (ehehe, Wortspiel selbstverständlich!). Ich rannte zur Tür und stürzte in den Flur. Der war überwiegend leer. Nur ein Lehrer stand am Getränkeautomaten, er war gerade dabei gewesen, einen Euro einzuwerfen, und rechts von mir entdeckte ich einen Typen aus der Parallelklasse. Ich konnte ihn durch die halb geöffnete Klotür sehen, er stand starr an der Pissoir-Wand, den Hosenladen schon halb runtergezogen.
    Widerlich! Hätte ich die Zeit nur eine Sekunde später angehalten, dann wäre mir dieser Anblick erspart geblieben!!!
    Ich hechtete über einen Papierkorb und jagte die Treppe hinauf ins Zimmer vom Direx. Dort roch es komisch, so nach einer Mischung aus Käsefüßen und Gras, die ich mir nicht erklären konnte. Und auch gar nicht wollte. Herr Jockel saß in einer ziemlich unbequem aussehenden Haltung da, halb über irgendwelche Notizen gebeugt. In einer Hand hielt er einen dicken Füller, mit der anderen wollte er sich gerade den Kopf kratzen. Außerdem war sein Gesicht zu einem Gähnen verzerrt, mit den tiefen Furchen und den Hautlappen am Hals sah er aus wie ein chinesischer Faltenhund mit Brille. 5
    Ich machte schnell ein Handyfoto von ihm, um es Suse und Luna später zu zeigen. Eventuell konnte ich es auch anonym auf die Homepage unserer Schule posten. Hm …
    Vorsichtig schlich ich zu ihm, was natürlich vollkommen überflüssig war, da er mich ja weder sehen noch hören konnte. Trotzdem. Das war immerhin der Direx. (Der, in dessen Swimmingpool ich schon ein paar Mal vom Hüttendach gesprungen war, und der, der fuchsteufelswild geworden war, weil ich ihm bei MusicStars immer wieder den Saft abgedreht hatte. Beides wusste er zwar nicht, aber trotzdem hatte ich ein schlechtes Gewissen. Ein klitzekleines zumindest.)
    Ich musterte ihn genauer, die eckige Brille und vor allem die durchs Gähnen aufgeblähten Nasenflügel. Dicke schwarze Haare wuchsen aus seiner Nase wie Gestrüpp. Dieser Typ kam wirklich vom Planeten Igitt.
    Schnell sah ich weg und auf seine Hand, mit der er sich gerade an den Kopf fasste und an deren Gelenk eine ziemlich dicke Uhr war. Eine Taucheruhr, wie ich bei genauerem Hinsehen feststellte, vielleicht für Tauchgänge in seinem Swimmingpool. Vorsichtig hob ich seine Hand ein Stück in die Höhe, dann zog ich dieses Dings heraus, mit dem man die Uhrzeit einstellt.
    Es war gerade elf Uhr fünfundvierzig. Punkt zwölf Uhr zehn wollte er seine Rede halten. Seine endlos lange und öde Rede. Ich überlegte nicht groß, stellte die Uhr auf zwölf Uhr neun und platzierte seine Hand wieder auf seinem Kopf.
    Dann fiel mein Blick auf die Notizen, die der Direx vor sich auf dem Tisch liegen hatte.
    Liebe Schülerinnen und Schüler der Humboldt-Schule, es ist genau zwölf Uhr zehn und wie an jedem letzten Tag vor den Ferien ist es mir ein besonderes Vergnügen, Ihnen und euch allen an diesem schönen Herbsttag meine besten und tief empfundenen Wünsche …
    Blablabla. Den Rest der Seite
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