Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3
überflog ich nur und stellte danach fest, dass es noch vier weitere eng beschriebene Seiten gab. Ãde war gar kein Ausruck. Selbst wenn er die fünf Seiten in einem Affenzahn vorlas (unwahrscheinlich), würde diese Ansprache mindestens eine Viertelstunde dauern. Und deswegen stopfte ich die vier Seiten in meine Rocktasche (grau-rot kariert, passend zu meiner Mütze und dem ebenfalls karierten Tape an meinem Finger) und lieà nur die erste auf dem Schreibtisch liegen.
Dann schlich ich â jaja, ich weiÃ: unnötig ⦠â zur Tür. Als ich schon die Klinke in der Hand hatte, drehte ich mich noch einmal um und lief zurück zum Schreibtisch, auf dem eine Schere lag. Vorsichtig beugte ich mich zu seiner Nase und schnitt die Haare ab. Das stellte sich mit der groÃen Schere als recht kompliziert heraus, klappte aber trotzdem einigermaÃen. Die schwarzen Nasenhaare lagen jetzt wie Spinnenbeine auf dem Blatt Papier. Auch eklig, aber ich war trotzdem zufrieden. Für meinen Einsatz würde mir Frau Jockel irgendwann noch dankbar sein.
Kurz darauf schlüpfte ich wieder ins Klassenzimmer. Wie erwartet herrschte dort nach wie vor komplette Eiszeit. Niemand rührte sich, also machte ich es mir auf meinem Stuhl bequem und wartete ab.
Plötzlich machte es schnipp und alle Geräusche waren wieder da. Schlucki sagte gerade, wir sollten ihr doch bitte den Gefallen tun, uns wenigstens noch die letzte halbe Stunde am Riemen zu reiÃen.
Von wegen halbe Stunde. Ha! Meiner Berechnung nach konnte es jetzt nur noch Sekunden dauern. Ich zählte von dreiÃig rückwärts, dann tippte ich Luna und Suse nacheinander auf die Schulter, und als sie mich ansahen, streckte ich beide Daumen in die Höhe. »Mission accomplished!«, wisperte ich.
»Mischen â was?«, fragte Luna.
»Welche Mission überhaupt?«, wollte Suse wissen.
Genau in diesem Moment knisterte der Lautsprecher in unserem Klassenzimmer. Jockeldirex klopfte gegen sein Mikrofon, pustete zwei Mal rein, räusperte sich und legte los. »Liebe Schülerinnen und Schüler der Humboldt-Schule, es ist genau zwölf Uhr zehn â¦Â«
Schlucki starrte mit gerunzelter Stirn auf die groÃe Uhr in unserem Zimmer und schüttelte den Kopf. Herr Jockel sagte noch ein paar Sätze, dann wurde es ganz still. Wieder ein Räuspern. Papiergeraschel. Offensichtlich stellte er gerade fest, dass der Rest seiner Ansprache fehlte.
»Ãhm â¦Â«, sagte er. Und: »Also, na, so was.« Und dann noch einmal »Ãheheeem«. Er hustete. »Na dann, schöne Ferien allerseits!«, rief er hektisch und stellte mit einem lauten Klacken sein Mikrofon ab.
Daraufhin: Erdbeben und Geschrei, als in allen Zimmern der Schule sämtliche Schüler gleichzeitig aufsprangen, in den Flur stürzten und dank meiner Hilfe eine halbe Stunde früher Herbstferien hatten.
5 Der Vergleich ist ziemlich fies für den Faltenhund, muss ich gestehen.
4. Kapitel
L una, Suse, Lea, Rosalie, Alenya, Gloria, Fritzi und ich hockten auf der Schulmauer. Ich: mit gestrafften Schultern und stolz wie Bolle. 6 Zugleich fand ich es schade, dass ich nicht allen erzählen konnte, was ich gemacht hatte.
»Kapier ich nicht«, sagte Rosalie bestimmt zum zehnten Mal. »Was war denn mit dem Jockel los? Kann der nicht mal richtig auf die Uhr gucken?«
Alenya, die an einer zuckerfreien Erdbeerbrause nuckelte, lieà den Strohhalm aus dem Mund schnalzen. »Willst du dich vielleicht beschweren? Sei doch froh!«, rief sie.
»Das war die Kraft des kollektiven Wünschens«, erklärte Luna mit erhobenen Augenbrauen und klang dabei ein bisschen wie ihr Opa Till. Der sagte oft so merkwürdige Sachen.
»Häh?« Fritzi guckte sie groà an und Alenya schaute von ihrem Smartphone auf, auf dem sie gerade ihre neuesten Fotos musterte.
»Kollektives Wünschen: Wenn alle Beteiligten sich zum gleichen Zeitpunkt dasselbe wünschen, dann geht es in Erfüllung«, erläuterte Suse.
»Hmmmm.« Lea runzelte die Stirn. »Ihr glaubt also, alle Schüler und Lehrer haben sich in dem Moment gewünscht, dass auf einmal zwölf Uhr zehn ist?«
»Vielleicht nicht gerade, dass es zwölf Uhr zehn ist â¦Â« Die anderen schauten mich fragend an. »Sondern dass endlich die Ferien anfangen!«, rief ich.
Rosalie zwirbelte eine Haarlocke um ihren Finger. »Aha, na da könnte was dran sein!
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