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Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)

Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)

Titel: Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etgar Keret
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ausgestreckte Hand einzuschlagen. Das war das erste Mal im Leben, dass ihm jemand einen Gefallen schuldete. Jemand, der dachte, er hieße Re’uven, aber nichtsdestotrotz. Und am Schluss des Frühstücks, als sie sich darum stritten, wer die Rechnung bezahlte, spürte Miron, wie sich eine kleine, warme Welle in seinem Bauch ausbreitete, als es ihm gelang, dem Dicken um eine Zehntelsekunde zuvorzukommen und der Bedienung den zerknitterten Geldschein in die Hand zu drücken.
    Ab da wurde das fast zu einer Gewohnheit. Miron ließ sich nieder, bestellte und wartete gespannt auf jeden neuen Menschen, der das Café betrat, und wenn dieser Mensch mit fragendem Blick zwischen den Tischen herumging, zögerte Miron nicht, ihm zuzuwinken und ihn zum Sitzen aufzufordern.
    »Ich möchte mit Ihnen nicht vor Gericht landen«, sagte einer mit Glatze und buschigen Augenbrauen zu ihm.
    »Ich auch nicht«, stimmte Miron zu, »es ist immer von Vorteil, sich im Guten zu einigen.«
    »Nur dass Sie es gleich wissen, ich kann keine Nachtschichten machen«, verkündete eine mit Lockenkopf und Silikonlippen entschlossen.
    »Was wollen Sie dann?«, knurrte Miron. »Dass alle Nachtschichten machen und bloß Sie nicht?«
    »Gaby hat mich gebeten, Ihnen zu sagen, dass es ihm leidtut«, teilte ihm einer mit Ring im Ohr und verfaulten Zähnen mit.
    »Wenn es ihm wirklich leidtut«, hielt ihm Miron vor, »dann sollte er kommen und mir das selber sagen, ohne Zwischenträger.«
    »In der Mail hat es sich für mich so angehört, als ob du größer bist«, beschwerte sich eine dünne Rothaarige.
    »In der Mail hast du mir weniger kritisch geklungen«, gab Miron beißend zurück.
    Und am Ende regelte sich alles irgendwie. Er und der Glatzkopf gelangten zu einem Kompromiss, ohne Klage einzureichen. Die Silikonlippenfrau willigte ein, einmal in der Woche ihre Schwester zu holen, um auf die Kinder aufzupassen, damit sie eine Nachtschicht machen konnte. Der mit dem Ring im Ohr versprach, Gaby würde anrufen, und die Rothaarige und er waren sich einig, dass sie nicht exakt der jeweilige Geschmack des anderen waren. Ein Teil der Leute lud Miron ein, einen Teil von ihnen lud er ein, mit der Rothaarigen teilte er sich die Rechnung halbe-halbe. Das alles war so spannend und befriedigend, dass Miron, wenn ein Morgen verging, ohne dass sich jemand ihm gegenüber an den Tisch setzte, anfing, leichte Traurigkeit zu verspüren. Zu seinem Glück passierte das nicht allzu oft.

    Fast zwei Monate, nachdem sich der schwitzende Dicke ihm gegenüber an den Tisch gesetzt hatte, betrat der mit dem pockennarbigen Gesicht das Café. Trotz der ganzen Narben und obwohl er mindestens zehn Jahre älter als Miron zu sein schien, war er ein gutaussehender Mann mit großem Charisma. Der erste Satz, den er sagte, als er sich hinsetzte, war: »Ich war sicher, dass Sie nicht kommen würden.«
    »Aber wir hatten es ausgemacht«, erwiderte Miron.
    »Ja«, lächelte der Pockennarbige traurig, »bloß nachdem ich Sie dermaßen beschimpft habe, hatte ich Angst, sie würden kneifen.«
    »Also, hier bin ich«, grinste Miron auf fast provozierende Art.
    »Es tut mir leid, dass ich Sie am Telefon angeschrien habe«, entschuldigte sich der Pockennarbige, »wirklich. Ich habe die Beherrschung verloren. Aber ich habe jedes Wort so gemeint, hören Sie? Ich verlange von Ihnen, dass sie aufhören, sich mit ihr zu treffen.«
    »Aber ich liebe sie«, sagte Miron mit erstickter Stimme.
    »Es gibt Dinge, die man liebt und auf die man verzichten muss«, stellte der Pockennarbige kategorisch fest und fügte hinzu, »hören Sie auf jemand, der ein bisschen älter ist als Sie, manchmal muss man verzichten.«
    »Tut mir leid«, erwiderte Miron, »aber ich kann nicht.«
    »Sie können«, brauste der Pockennarbige auf, »Sie können und Sie werden verzichten. Da gibt es gar keine andere Möglichkeit. Wir lieben sie ja vielleicht beide, aber ich bin zufällig ihr Mann, und ich werde nicht zulassen, dass sie mir die Familie auseinanderreißen, haben Sie gehört?« Miron schüttelte seinen Kopf von einer Seite auf die andere.
    »Sie wissen nicht, wie mein Leben im letzten Jahr ausgeschaut hat«, sagte er zu dem Ehemann, »die Hölle. Oder nicht einmal die Hölle, bloß irgendein großer, schimmliger Brocken Nichts. Und wenn du so lange Zeit auf Nichts bist, und plötzlich kommt etwas daher, kannst du nicht nein dazu sagen. Sie verstehen mich, nicht wahr? Ich weiß, dass Sie mich verstehen.« Der Ehemann biss sich

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