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Ploetzlich Liebe

Ploetzlich Liebe

Titel: Ploetzlich Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abby McDonald
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jedes Geräusch, alles erregt meine Aufmerksamkeit und bald schon achte ich mehr auf die Leute ringsum als auf meine
Arbeit. In Oxford sind die Bibliotheken still und so was wie das Allerheiligste, aber hier scheinen die Leute nicht viel vom Stillsein zu halten. Zwei Jungs in Sporthemden jammern über ihre Zensuren, ein blondes Mädchen wippt zum Takt ihres iPod mit dem Kopf und zwei Mädchen kichern hinter einem Bücherstapel. Auf ihren Tischen liegen Bonbonpapier, Zeitschriften und Farbstifte herum. Studieren scheint das Letzte zu sein, was ihnen in den Sinn kommen könnte, während sie einander anzischen.
    »Psst, das hört sie.«
    »Kann nicht sein.«
    Ich schau mich um und finde den Grund ihrer Heiterkeit. Ein Mädchen, das mit angezogenen Beinen in einer Ecke sitzt, sie trägt einen strubbeligen Kurzhaarschnitt mit pinken Strähnen in ihrem dunklen Haar. Und sie ist total in ihr Buch vertieft und hat nicht gemerkt, dass unter einem ihrer schweren Boots ein Streifen Toilettenpapier klebt, der in der Brise der Klimaanlage flattert. Die Tratschenden kichern, diesmal lauter, und das Mädchen schaut auf. Sie wirft ihnen einen kriegerischen Blick zu, sieht aber nicht, worüber die beiden lachen, und versucht sich wieder ihrem Buch zuzuwenden.
    »Entschuldige bitte.« Ich beuge mich zu ihr hinüber. Mit einem Anflug von Argwohn starrt sie mich an. Ich lächele entschuldigend und zeige auf ihren Fuß. »Du hast da was …«
    »Oh!« Sie pflückt es ab. »Danke.«
    »Kein Problem.« Fast hätte ich die Nase wieder in mein Buch gesteckt, aber irgendwie macht es mich stutzig, dass sie das Geflüster überhaupt nicht kümmert. »Dein Haar gefällt
mir«, sage ich schüchtern. Ich hätte niemals die Nerven, so was Mutiges – oder Dauerhaftes – zu tun.
    »Und mir«, sie mustert mein Hemd und die schlichten Jeans, »gefällt gar nichts an deinem Outfit. Außer den Ohrringen, die sind irgendwie cool.« Sie grinst.
    Eigentlich sollte ich beleidigt sein, aber ihr Kommentar wirkt aufrichtiger als all das, was ich die ganze Woche von Morgan oder Lexi gehört habe. Sie trägt schwarze Jeans und ein Hemd in Grün und Lila, eine Ledermanschette um die Handgelenke und Silberkugeln in den Ohren.
    »Keiner kommt drauf«, sage ich und spiele mit den winzigen Symbolen. Ich will gerade zu einer Erklärung ansetzen, aber das Mädchen nickt, ihre Augen sind dick mit lila Tusche umrahmt.
    »Ein Blitz und eine Eule … das ist von den Griechen, nicht? Zeus und seine Tochter Athene.«
    Ich grinse überrascht. »Stimmt!«
    »Welche Kurse hast du belegt?« Sie deutet mit einer Kopfbewegung auf meine Bücher.
    »Film«, gestehe ich. »Die les ich nur zum Spaß.«
    »Aha.« Sie mustert mich, zögert, dann streckt sie mir ihre Hand hin. »Ich bin Carla. Carla Reyes.«
    »Emily Lewis.« Ich schüttele ihre Hand, die Formalität kommt mir komisch vor.
    »Schön, dich kennenzulernen.« Sie grinst. »So, jetzt sollte ich lieber mal weitermachen.« Finster starrt sie ihr dickes Buch an. »Die parlamentarischen Demokratien prägen sich einem ja nicht von selbst ein.«
    Ich sacke ein wenig in mich zusammen. Mein kleiner
Plausch mit Carla ist die Summe meiner gesamten sozialen Interaktion in dieser Woche. »Moment mal, ist das Tsebelis?«, frage ich und drehe das Buch um.
    »Kennst du das?«
    »Und wie.« Bei dem Gedanken verziehe ich das Gesicht. »Hat mir letztes Semester das Genick gebrochen.«
    »Dann weißt du also, was zum Geier die mit komparativen Faktoren und so meinen?«
    »Hab eine Weile gebraucht, aber ja.« Ich nicke. »Wenn du willst, leih ich dir meine Notizen.«
    Carla springt auf. »Ehrlich?«
    »Ich hab alles in meinem Computer«, sage ich achselzuckend. »Ich kann dir eine Kopie machen. Und wenn du das studierst, dann wirst du wahrscheinlich auch den Stoff über Lijphart und Sartori brauchen.«
    »Mädchen, du rettest mir den Arsch.« Carla redet jetzt in voller Lautstärke, grinst und wirft ihre Hefte in eine lila Tragetasche. »Dann mal los.«
    Nicht mal Morgan wird die Ausdauer haben, noch immer nackt unsere Wohnung zu besetzen, denke ich, und deshalb folge ich Carla nach draußen.
    »Weißt du, du bist der erste Mensch hier, der mich nicht nach meinem Akzent fragt«, fällt mir auf, ich muss mich beeilen, mitzukommen, so wie sie durchs Gewimmel auf dem Pflaster stiefelt.
    Sie zuckt die Achseln. »Ich vermute, jeder hier kommt von irgendwo anders her.«
    »Du auch?«
    Carla schnaubt. »Seh ich aus wie eins von diesen Mädchen?
«

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