Ploetzlich Liebe
abgewendet
und stochert zierlich in dem Salat auf ihrem Goldrandteller.
Na, egal.
Wie meine Konkurrentinnen im Kampf um die Psi-Delta-Prinzessinnen-Krone bestätigen werden: Natasha Collins gibt nicht so einfach auf. Ich rüste mich für einen letzten Versuch und strahle mit meinem gewinnendsten Lächeln den rotgesichtigen Typen mit der Brille auf der anderen Seite des Tisches an.
» Hi«, sage ich freundlich. »Was geht?«
Er wird noch roter. »Öh, nichts. Also, na du weißt ja, der Ball und so.«
»Genau!« Ich lache. »Umwerfend. Bist du Mitglied der Gesellschaft?«
»Ehrlich gesagt, ich bin der Schriftführer.«
»Tatsächlich?« Und da sonst niemand in Reichweite ist, bemühe ich mich nach Kräften, interessiert zu klingen. »Was macht ihr denn so?«
»Also«, er räuspert sich, »die Gesellschaft wurde als Forum für die Diskussion europäischer Politik und Kultur gegründet. « Ich lächele und nicke ermutigend, während man unser Vorgericht abräumt und perfekte runde Rindermedaillons in Sahnesauce vorlegt, »… das ist doch von entscheidender Bedeutung, findest du nicht auch?«
»Tut mir leid.« Ich schlucke schnell einen Mundvoll Gratin hinunter und schaue auf. Er starrt mich erwartungsvoll an. »Was hast du gesagt?«
»Die Sitzverteilung im Bundestag … hast du die jüngsten Entwicklungen verfolgt?«
Das ist kein Witz, kapiere ich.
»Nun.« Langsam trinke ich einen Schluck Wasser und gehe den gesamten Fundus in meinem Hirn durch, denn es könnte ja sein, dass da irgendwo noch beeindruckende Kenntnisse deutscher Innenpolitik verborgen sind. Erstaunlicherweise ist das nicht so. »Das muss mir entgangen sein«, gebe ich schließlich zu.
»Der Zusammenbruch der Koalition?« Portia lehnt sich herüber, der Kerzenschein lässt das zarte goldene Armband an ihrem streichholzdünnen Handgelenk funkeln. »Ist das nicht ein Albtraum, Anthony?«
»Und die wirtschaftlichen Implikationen, wenn diese Sozialisten wieder reinkommen sollten!« Die nehmen Anthony offensichtlich so sehr mit, dass er eine Auszeit braucht, um seine Brille zu putzen.
»Genau.« Portia nickt. Sie wirft mir einen Seitenblick zu. »Du hast ja so ein Glück, dass du nicht Politikstudentin bist, ich wünschte, ich könnte all diese weltpolitischen Ereignisse auch einfach ignorieren.«
Ich zögere. Für eine verschleierte Beleidigung war das ziemlich gut.
»Was studierst du denn?«, erkundigt sie sich.
»Politik«, antworte ich, nur um zu sehen, ob ihr das vielleicht peinlich ist. Ist es nicht, sie gewährt mir nur ein weiteres blasses Lächeln und wendet ihre Aufmerksamkeit wieder Anthony zu.
»Wie geht es Milly und Tom?«, gurrt sie. Der muss echt Kohle haben, wenn jemand wie Portia ihm so viel Aufmerksamkeit schenkt.
»Einfach fabelhaft«, sagt er mit todernster Miene und dann stürzt er sich in eine lange Geschichte über Wochenenden in Landhäusern und irgendwas mit einem Hütehund. Ich kann Holly weiter unten am Tisch einen Blick zuwerfen, sie grinst und schüttelt den Kopf.
Ihre Lippen bewegen sich: »Sei stark!« Und ich denke, auch ein märchenhafter Abend hat seine Tiefpunkte. Das heißt doch nur, dass ich mein Essen ohne Unterbrechungen genießen kann, nicht?
Gegen zehn sieht alles schon besser aus. Sobald das Dinner beendet ist (genug Kalorien, um mir vorzunehmen, die Zeit für Sport zu verdoppeln), kann ich zurück zu Hollys Gruppe flüchten – weit weg von Anthony und Portia und ihrer endlosen Liste guter alter Freunde. Ehrlich, die beiden kennen anscheinend das halbe Land und die meisten sind mit Namen geschlagen wie Bunny, Blakey und (kein Scherz) Shotter.
»Du hättest dein Gesicht sehen sollen.« Holly lacht und schleppt mich den Flur entlang in einen der hinteren Räume, in dem sie an Stelle von Mozart einen DJ angeheuert haben. »Du hast so gelangweilt ausgesehen!«
»Das war ich auch!« Der heftige Bass erinnert mich an die Clubs zu Hause und ich werde lockerer. Bei der lauten Musik wird mich niemand nach meiner Meinung zu den politischen Reformen Westeuropas fragen, nach den Hypothekenmärkten oder sonst einem von den tausend anderen Themen, von denen ich keinen Schimmer habe.
»Ich brauch eine Pause«, brülle ich Holly ins Ohr, als die Musik zu einem anderen irren Rhythmus wechselt. Ich zeige auf die Tür. »Komm gleich wieder!«
Auf dem Flur ist es nach dem lauten Gedröhne himmlisch ruhig. Ich schlängele mich durch die elegante Menge, bis ich den blassen marmornen Ruhepol des Damenwaschraums
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