Ploetzlich Liebe
wie ein Rollentausch, geht mir plötzlich auf: Ich predige »gut genug«, während er makellos anstrebt. »Es gibt einfach zu viele Variablen«, stimme ich ihm zu, während ich Schauspieler und Techniker beim Ausspannen beobachte. »Wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, ein handverlesenes Team zusammenzustellen …«
»Müsste ich nicht Regisseur und Kameramann gleichzeitig sein«, seufzt Ryan.
»Und ich müsste nicht Produzentin sein und auch noch schreiben. Obwohl«, füge ich an, »ich wahrscheinlich trotzdem inszenieren würde. Du weißt ja, ich könnte nicht rumstehen und zusehen, wie jemand anders das Kommando hat.« Ryan lacht und einen Moment lang sind wir vereint: wir gegen die Kräfte, die sich unserem kleinen Film in den Weg stellen. Verstohlen schaue ich zu ihm rüber, mit hochgezogenen Schultern sitzt er da und ich wünschte, ich wüsste irgendwas zu sagen, damit er beruhigter sein kann, etwa, dass der Film ganz wunderbar werden wird, dass Morgan total dämlich war, ihn zu betrügen, dass er so viel mehr verdient hat als …
Ich schlucke. Was in aller Welt denke ich hier eigentlich?
»Na ja, wir können nicht, ich meine, wir haben weder Zeit noch Mittel.« Dank einiger Anstrengung zittert meine Stimme nicht und ich kann das Thema munter und zuversichtlich abschließen. »Also wird es eben, so wie es wird.«
Ryan dreht sich zu mir und sagt stockend: »Und du, glaubst du, dass es gut wird?«
Die Unsicherheit in seiner Stimme überrascht mich. »Gut? Der Film wird fantastisch!« Er atmet hörbar aus. »Kannst du das denn nicht sehen?«, frage ich.
Achselzucken. »Ich glaub, ich bin einfach … ich verstricke mich innerlich so in ein Projekt, dass ich es nicht mehr objektiv sehen kann.«
»Vertrau mir«, sage ich nachdrücklich. »Ich bin mehr als objektiv, ich weiß, dass es ganz toll wird.«
Ich weiß, dass du toll bist , füge ich im Stillen hinzu, obwohl in meinem Hirn eine rote Warnleuchte blinkt.
Wieder lächelt er mich an, dieses Mal mit einem bisschen mehr Funkeln in den Augen, und ich kann das Gefühl von Stolz nicht unterdrücken. Ich habe es geschafft, ihn aufzumuntern.
»Okay. Du bist der Boss.«
»Da hast du verdammt recht.« Sein Blick macht mich ganz unruhig und ich springe auf. »Nun aber zurück an die Arbeit, Faulpelz.«
»Jawoll, Oberst!« Ryan salutiert albern und marschiert zurück zur Kamera. Ob ihm die Sache mit Morgan wohl immer noch wehtut? Seit meiner Quasi-Entschuldigung hat er kein Wort gesagt, aber was weiß ich schon, der Grund für seine Erschöpfung könnte auch sein, dass er ihr nachtrauert.
Absolut sinnlos, dass ich mir deswegen Gedanken mache, aber ich hoffe, es ist nicht so.
Leider hat Morgan ihren Ex nicht vergessen. Später am Nachmittag sind wir am Strand, angeblich um zu entspannen und was zu lesen, aber ich merke bald, dass Morgan alles andere als entspannt ist.
»Und, was geht?«
Ich hab kaum Zeit, die Augen zu schließen und zu spüren, wie mir die Nachmittagssonne in die Knochen kriecht, da stößt sie mich auch schon an.
»Nicht viel.« Faul male ich Kreise in den Sand. »War ein ziemlich hektischer Tag.«
»Ach ja?« Morgan blättert noch eine Seite in ihrem Lehrbuch um. Lexi und Brooke sind zur Abwechslung mal in einem ihrer Kurse, wir beide sind also allein. »Sollte das nicht längst abgehakt sein?«
»Vor zwei Tagen«, bestätige ich. Aber all meine Anstrengungen müssen eine Wirkung gehabt haben, denn statt total gestresst zu sein, wegen nicht eingehaltener Deadlines und Ausweichpläne, bin ich relativ gelassen. Jedenfalls was das Studium betrifft.
»Und wie geht es ihm?« Morgan guckt mich über den Rand ihrer Sonnenbrille hinweg an.
»Ryan? Gut, glaub ich.« Ich versuche die Stimme ganz ruhig zu halten. Mit ihr will ich wirklich nicht über ihn reden.
»Komm schon, du musst was wissen. Trifft er sich mit ’ner anderen?« Morgan klingt viel zu interessiert für eine, die behauptet, ihr wäre das ja alles total egal. »Lulu hat gesagt, sie hätte gesehen, wie er mit Maura Kaffee trinken war.«
»Davon weiß ich nichts.« Der Gedanke an die beiden zusammen trifft mich wie ein Schlag.
»Aber hat er irgendwas über mich gesagt?«
»Also, ich hab nichts gehört.«
»Du musst die beiden doch zusammen gesehen haben, beim Filmen.« Morgan drängelt immer weiter. »Sah er so aus, als ob da was läuft? Haben die sich oft berührt oder Augenkontakt gehabt, denn …«
»Morgan!« Für eine, die seit der Trennung mit mindestens vier
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