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Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen

Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen

Titel: Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen
Autoren: Julie Kagawa
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gemeinsam die Pyramiden ansehen oder die Chinesische Mauer oder den Eiffelturm. Sie hat mir Reiseprospekte und Broschüren gezeigt, und dann haben wir unsere Expeditionen geplant. Manchmal per Schiff, dann wieder per Zug oder sogar mit einem Heißluftballon. Und ich habe ihr geglaubt. Jeden Sommer habe ich sie gefragt, ob es dieses Jahr endlich losginge.« Sie zog die Nase hoch, und leise Bitterkeit schlich sich in ihre Stimme. »Nie war es so weit, aber Dad hat geschworen, wenn er einmal nicht mehr so viel zu tun hätte und die Arbeit ihm mehr Luft ließe, würden wir alle zusammen die große Reise machen. Und dann ist sie gestorben.« Kenzie fuhr sich mit der Hand über die Augen. »Sie ist gestorben und hat nie die Chance bekommen, Ägypten, Paris oder einen der anderen Orte zu sehen, an die sie fahren wollte. Und ich habe immer gedacht, das ist so traurig, so eine Verschwendung: All diese Träume, all unsere Pläne, und nichts davon konnte sie in die Tat umsetzen.«
    »Das tut mir so leid, Kenzie.«
    Sie holte tief Luft, um dann nach einer kurzen Pause mit festerer Stimme fortzufahren: »Später dachte ich, Dad und ich könnten vielleicht … zusammen diese Reise machen, sozusagen in Gedenken an sie, verstehst du? Er war am Boden zerstört, als er es erfahren hat. Deshalb dachte ich, wenn wir irgendwohin fahren, nur wir beide, würde er sich an all die schönen Dinge erinnern. Und es würde ihm klarmachen, dass er ja immer noch mich hatte, auch wenn Mom nicht mehr da war.«
    Mir fiel wieder ein, wie Kenzie über ihren Dad gesprochen hatte, voller Wut und Bitterkeit, und ich bekam Bauchschmerzen. Irgendwie wusste ich, dass es nicht so gekommen war.
    »Aber mein Dad …« Mit finsterem Blick schüttelte Kenzie den Kopf. »Nach Moms Tod hat er … mich irgendwie vergessen. Er hat nur mit mir geredet, wenn es sich nicht vermeiden ließ, und sich voll in die Arbeit gestürzt. Er ist immer länger im Büro geblieben, damit er ja nicht nach Hause kommen musste. Erst dachte ich, das würde daran liegen, dass er Mom so vermisste, aber das war es gar nicht. Es lag an mir. Er wollte mich nicht sehen.« Als sie meinem wütenden Blick begegnete, zuckte sie nur mit den Schultern. »Vielleicht habe ich ihn ja zu sehr an Mom erinnert. Oder er wollte Distanz schaffen, für den Fall, dass er mich auch irgendwann verliert. Hin und wieder habe ich versucht, mit ihm zu reden – manchmal habe ich sie so sehr vermisst –, aber er gab mir immer nur ein paar Scheine und hat sich anschließend in seinem Arbeitszimmer eingeschlossen und getrunken.« Ihre Augen schimmerten feucht. »Ich wollte kein Geld. Ich wollte nur jemanden, der mit mir redet und mir zuhört. Ich wollte, dass er mein Dad ist.«
    Die Wut nagte an mir. Und die Schuldgefühle. Ich musste an meine Familie denken, daran, wie wir vor Jahren Meghan verloren hatten und meine Eltern sich seitdem noch fester an mich klammerten, aus Angst, mit mir könnte dasselbe passieren. Unvorstellbar, dass sie mich ignorierten oder meine Existenz verdrängten, nur für den Fall, dass sie eines Tages aufwachten und ich verschwunden war. Sie waren paranoid und überbehütend, aber das war allemal besser als diese Alternative. Mit Kenzies Vater stimmte doch irgendetwas nicht! Wie konnte er seine einzige Tochter ignorieren, vor allem, nachdem sie gerade ihre Mutter verloren hatte?
    »Das ist doch krank«, murmelte ich. »Es tut mir so leid, Kenzie. Anscheinend ist dein Dad ein totaler Hornochse. Du hättest das nicht allein durchmachen dürfen.« Sie antwortete nicht, also streichelte ich ihre Arme, damit sie mich ansah, und fuhr sanft fort: »Dann machst du diese ganzen verrückten Sachen, weil du nicht willst, dass es dir am Ende so geht wie deiner Mom?«
    »Nein.« Kenzie machte sich ganz klein und starrte ins Leere. »Na ja, zum Teil schon, aber …« Sie unterbrach sich und nahm dann noch leiser den Faden wieder auf: »Als mein Dad wieder geheiratet hat, wurde es etwas besser. Plötzlich hatte ich eine Stiefschwester, Alexandria, dadurch war ich wenigstens nicht den ganzen Tag allein in dem großen, leeren Haus. Aber Dad hat immer noch die ganze Zeit gearbeitet, und wenn er mal zu Hause war, hat er sich nur mit seiner neuen Frau und Alex beschäftigt und mich kaum beachtet.« Sie tat es mit einem Achselzucken ab, als sei sie lange darüber hinweg und brauche kein Mitgefühl, aber trotzdem wurde ich immer wütender auf ihren Vater.
    »Dann, vor ungefähr einem Jahr«, fuhr sie fort,
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