Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen
zittern, und die Maske zerfiel. Sie zog die Knie an die Brust, schlang die Arme darum und schloss die Augen.
»Ich habe Angst«, gab sie leise zu. Da konnte ich mich nicht länger zurückhalten.
Ich zog sie auf meinen Schoß und umarmte sie fest. Sie klammerte sich an mich, krallte sich in mein Shirt, und ich drückte sie an meine Brust, sodass unsere Herzen gemeinsam rasten.
»Es tut mir leid«, flüsterte ich. »Ich wollte dich doch vor all dem beschützen.«
»Ich weiß«, erwiderte sie ebenso leise. »Und ich weiß auch, dass du glaubst, du wärst an allem schuld, aber das stimmt nicht.« Sanft legte sie eine Hand an meine Wange, und ich schloss die Augen. »Du bist ein süßer, nervtötender, unglaublicher Kerl, Ethan. Und ich denke, ich … bin gerade dabei, mich in dich zu verlieben. Aber in meinem Leben gibt es Dinge, vor denen du mich nicht beschützen kannst.«
Mir stockte der Atem. Mein Herz blieb stehen und schlug dann noch hektischer als vorher. Kenzie ließ die Schultern hängen und schien plötzlich verlegen zu werden, denn sie versteckte ihr Gesicht an meiner Brust. Ich wollte ihr sagen, dass sie keine Angst haben musste; dass ich mich gar nicht mehr von ihr fernhalten könnte, selbst wenn ich es gewollt hätte; dass sie meine dämliche Show durchschaut hatte – die Mauern, die Wut, die ständigen Ängste, Schuldgefühle und den Selbstekel –, und dass ich mir trotz aller Versuche, sie zu vergraulen und dazu zu bringen, dass sie mich hasste, nicht mehr vorstellen konnte, ohne sie zu leben.
Wenn ich doch nur gewusst hätte, wie ich ihr das sagen sollte. Stattdessen hielt ich sie stumm fest, strich ihr übers Haar und lauschte auf unsere Atemzüge. Lange Zeit schwieg sie, hielt sich mit einer Hand in meinem Nacken fest und strich mit der anderen über mein Shirt.
»Ethan?«, fragte sie dann leise, ohne mich anzusehen. »Falls … wenn wir nach Hause kommen, was wird dann aus uns ?«
»Keine Ahnung«, sagte ich ehrlich. »Ich denke … das hängt hauptsächlich von dir ab.«
»Von mir?«
Ich nickte. »Du weißt, wie mein Leben aussieht. Du hast miterlebt, wie verkorkst das alles ist. Wie gefährlich es sein kann. Das würde ich niemandem zumuten wollen, aber …« Ich schloss die Augen und legte meine Stirn an ihre. »Aber ich kann dich auch nicht mehr einfach so gehen lassen. Das werde ich gar nicht erst versuchen. Falls du mich also haben willst, stehe ich zur Verfügung.«
»Aber für wie lange?« Ihre Stimme war so leise, dass ich sie kaum hören konnte. Wären wir uns nicht so nah gewesen, hätte ich kein Wort verstanden. Getroffen sah ich zu ihr hinunter, und als sie meinen Gesichtsausdruck bemerkte, riss sie entsetzt die Augen auf.
»O nein! Das tut mir leid, Ethan, das war nicht auf dich bezogen. Ich …« Mit einem tiefen Seufzen ließ sie den Kopf hängen und ballte die Fäuste. »Okay«, flüsterte sie, »das reicht jetzt, Kenzie. Das kann so nicht weitergehen.« Sie nickte kurz, dann sah sie mir ins Gesicht. »Ich denke, du solltest es langsam wissen.«
Mit angehaltenem Atem wartete ich. Was für Geheimnisse du auch hast , wollte ich ihr sagen, was du auch verbirgst, es spielt keine Rolle. Für mich nicht. Mein ganzes Leben war eine fette Lüge, und ich hatte mehr Geheimnisse, als in ein Menschenleben passen sollten. Nichts, was sie jetzt sagen konnte, würde mich abschrecken oder von ihr fernhalten.
Trotzdem blieb ein leises Unbehagen wegen dieser mysteriösen Sache, die Kenzie von Anfang an vor mir verborgen hatte. Mir war klar, dass man manche Geheimnisse mit niemandem teilen konnte, weil sie den Blick auf einen selbst völlig verändern konnten. Und ich vermutete, dass es genau so ein Geheimnis war. Also wartete ich ab. Das Schweigen zog sich in die Länge, während Kenzie ihre Gedanken ordnete.
»Weißt du noch … wie du mich gefragt hast, warum ich ein Stück von meinem Leben an Leanansidhe verkauft habe?«, begann sie schließlich stockend. »Nach dem Handel, durch den ich den Blick bekommen habe. Und weißt du noch, was ich dir geantwortet habe?«
Obwohl sie mich nicht ansah, nickte ich. »Dass niemand ewig lebt.«
Kenzie zitterte. »Vor drei Jahren ist meine Mom gestorben«, fuhr sie fort und verschränkte schützend die Arme vor der Brust. »Bei einem Autounfall – man konnte sie nicht mehr retten. Aber als ich noch klein war, hat sie immer davon gesprochen, wie wir eines Tages die Welt bereisen würden. Sie sagte, wenn ich älter sei, würden wir uns
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