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Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen

Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen

Titel: Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen
Autoren: Julie Kagawa
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»wurde ich krank. Übelkeit, Schwindelanfälle, solche Sachen. Dad hat natürlich nichts bemerkt. Das hat eigentlich niemand … Bis ich eines Nachmittags im Unterricht einfach umgekippt bin. Im Geschichtskurs. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich die Schulschwester angefleht habe, meinen Vater nicht anzurufen. Ich wusste, dass er sauer sein würde, wenn er mich mitten in der Arbeitszeit abholen musste.« Kenzie schnaubte verbittert und sah zu Boden. »Ich bin zusammengebrochen, während ich einfach nur meine Bücher aufgehoben habe, und die Schulschwester musste ihm sagen, dass er mich zum Arzt fahren sollte. Und dann war er deswegen auch noch sauer. Als wäre ich mit Absicht krank geworden und wollte durch die ganzen Tests, Behandlungen und Arzttermine nur seine Aufmerksamkeit erregen.«
    Plötzlich wurde mir eiskalt, als gewisse Kleinigkeiten sich nach und nach zu einem Bild zusammenfügten: Die Blutergüsse. Die extreme Abschirmung durch ihre Freunde in der Schule. Ihre absolute Furchtlosigkeit und das brennende Verlangen, so viel zu erleben wie nur möglich. Das dunkle Geheimnis schwebte zwischen uns, und mir gefror fast das Blut in den Adern, als ich es endlich begriff. »Du bist immer noch krank, stimmt’s?«, flüsterte ich. »Und es ist ernst.«
    »Ja.« Sie zupfte an meinem Shirt herum und holte zittrig Luft. »Ethan, ich … ich habe Leukämie.« Das letzte Wort war kaum mehr als ein Flüstern, doch sie fing sich wieder und erklärte dann sachlich: »Die Ärzte wollten mir nichts Genaues sagen, aber ich habe ein wenig recherchiert, und bei dem Typ Blutkrebs, den ich habe, liegt die Überlebensrate mit Behandlungen, Chemo und allem bei ungefähr vierzig Prozent. Und das auch nur, wenn ich die ersten fünf Jahre überstehe.«
    Es fühlte sich an, als hätte jemand ein Loch in meinen Bauch gerissen, meine Eingeweide gepackt und sie von innen nach außen gekehrt. Entsetzt starrte ich Kenzie an, unfähig, auch nur zu atmen. Leukämie. Krebs. Kenzie war …
    »Jetzt kennst du den wahren Grund dafür, dass ich den Blick wollte. Und warum ich unbedingt die Feen sehen wollte.« Erst jetzt sah sie mich an, und ihre Lippen verzogen sich zu einem bitteren Lächeln. »Der eine Monat, den ich Leanansidhe überlassen habe … Das ist gar nichts. Wahrscheinlich werde ich sowieso keine dreißig.«
    Ich wollte etwas tun, irgendetwas – aufspringen und auf die Wand einprügeln, meinen Frust herausschreien und diese bodenlose Ungerechtigkeit verfluchen. Warum sie? Warum musste es Kenzie treffen, die so tapfer und nett und stur und absolut perfekt war? Das war einfach nicht richtig. »Du hättest gehen sollen«, würgte ich schließlich hervor. »Du solltest jetzt nicht hier sein, nicht, wenn du …« Ich brachte die Worte nicht über die Lippen. Der Gedanke, dass dieses finstere Loch vielleicht das Letzte war, was sie jemals sehen würde, brachte mich fast um. »Du solltest bei deiner Familie sein, Kenzie«, stöhnte ich verzweifelt. »Warum bist du bei mir geblieben? Du hättest nach Hause gehen sollen.«
    Ein trotziges Funkeln trat in ihre Augen. »Welches Zuhause?«, fauchte sie mit einer wütenden Geste. »Zurück zu meinem Dad, der mich nicht einmal ansehen kann? Zurück in ein leeres Haus, wo alle nur auf Zehenspitzen um mich herumschleichen und hinter meinem Rücken tuscheln, wenn sie glauben, ich höre sie nicht? Zu den Ärzten, die mir nichts sagen und mich behandeln, als wüsste ich nicht, was Sache ist? Hast du mir überhaupt zugehört, Ethan? Was habe ich schon, wofür es sich lohnen würde, zurückzugehen?«
    »Du wärst in Sicherheit …«
    »Sicherheit«, wiederholte sie abfällig. »Für Sicherheit fehlt mir die Zeit. Ich will leben . Ich will um die Welt reisen, sehen, was vor mir noch niemand gesehen hat. Bungee-Jumping machen, Fallschirmspringen, all diese verrückten Sachen. Wenn meine Zeit sowieso schon fast abgelaufen ist, will ich wenigstens das Beste daraus machen. Und du hast mir eine vollkommen neue Welt gezeigt, voller Drachen, Magie, Königinnen und sprechenden Katzen. Wie könnte ich mir das entgehen lassen?«
    Meine Kehle war plötzlich so eng, dass ich nicht antworten konnte. Kenzie verschränkte die Hände in meinem Nacken und sah mich eindringlich an. Als sie sich zu mir beugte, wurde ihr Blick zärtlich. »Diese Krankheit, Ethan, das, was da in mir drin ist … Ich habe mich damit abgefunden. Was auch passiert, ich werde sie nicht aufhalten können. Aber es gibt einige Dinge,
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