Plötzlich Royal
bestimmt nicht gleichgültig.“
„Ist die Monarchie in Gefahr, Sir Wilfried?“
„Darüber wird in jeder Kolumne diskutiert und analysiert, teilweise auf äußerst steigerungsfähigem Niveau. Monarchien endeten, weil sie Kriege verloren haben oder vom Volk friedlich oder blutig vom Thron gestoßen wurden, weil sich das politische Umfeld oder der Zeitgeist änderte, aber nie wegen der sogenannten Skandale. Es wird eines fernen Tages ein Nachfahre der Queen unserem König Sascha auf den Thron folgen.“
„Sir Wilfried, da gibt es die Meldung des Erzbischofs, der verlauten ließ, dass Sascha als König nicht tragbar sei, weil er ja nie kirchlich gekrönt werden könne, und er erwäge zurzeit, den Kirchenbann über diese Person aus Zürich zu verhängen. Seine Exzellenz legte aber auch auf die Mitteilung Wert, er sei bereit, über die Frage der Segnung bürgerlicher homosexueller Paare zu sprechen.“
„Ja, ich kenne diese Mitteilung. Der englische König und die Anglikanische Kirche gehören zusammen wie zwei Seiten einer Münze. Dass dies der Erzbischof noch radikaler verneint als Seine Majestät, ist für meine Frau und mich eine gute Diskussionsgrundlage, ob ein Verbleib in der Anglikanischen Kirche noch möglich ist.“
Ich schaltete den Fernseher stumm. War das, was Sir Wilfried eben gesagt hatte, eine Möglichkeit, den Erzbischof abzuhängen? Ich hatte ja geschworen, die Anglikanische Kirche nur dann zu schützen, wenn sie Minderheiten nicht drangsalierte, was sie aktuell ja offensichtlich tat. In Uganda und anderen afrikanischen Staaten stand sie ja sogar auf der Seite derer, die die Todesstrafe für Schwule forderten.
BBC schaltete live zum Denkmal und zeigte, wie die ersten Menschen den Platz besuchten. Etwas wollte ich jedoch nicht auf sich beruhen lassen: das mit der weggeworfenen Regenbogenfahne. Beim Duschen mit Simon grübelte ich darüber nach, wie wir erneut eine Regenbogenfahne im Green Park oder beim Victoria Memorial ablegen könnten. Ein richtiges Konzept hatte ich nicht. Es wurde Zeit, nach London zu fliegen.
„Keine Angst vor dem Hubschrauber?“, fragte ich Simon, als wir zu der Maschine auf dem Rasen des Innenhofs gingen.
„Ihren Wunschkönig William werden sie ja wohl kaum abschießen“, meinte mein Mann, denn William würde uns drei zusammen mit Kate und seinem Bruder in den Green Park fliegen.
Das Schwarze-Jeans-und-schwarzes-Hemd-Outfit schien uns passend. Timm mit seinem Emo-Look war schon rein vom Stil her an eine Trauersituation angepasst, zur Sicherheit trug er schwarze Chucks.
So richtig wohl war mir nicht, als Prince William mir den Platz neben sich im Cockpit des Transporthelikopters anbot. Sein rothaariger Bruder gab sich ein wenig beleidigt, stieg jedoch trotzdem mit Simon und den anderen hinten ein. Ein Ersatzpilot von Williams Stützpunkt begleitete den Flug.
Wir flogen in den grauen Tag hinein, gegen Nordosten nach Oxford.
„Wäre das nicht auch was für dich?“, kam bald nach dem Start die obligatorische Frage von Prince William.
„Meine königlichen Großonkel werden es mir übelnehmen, aber ich finde Fliegen cooler als Reiten, zumindest dann, wenn der Anlass stimmt.“
William nahm meine Antwort mit einem zustimmenden Kopfnicken zur Kenntnis und versprach, mir Flugstunden zu vermitteln, wenn die politische Lage wieder etwas ruhiger geworden sei. Ich nahm mir vor, mich möglichst staatsmännisch zu benehmen und mich nicht durch irgendwelche homophoben Bemerkungen der Trauernden provozieren zu lassen. Ein sich mit dem Pöbel streitender König würde keine gute Figur machen. Wenn ich William nicht mehr hinter mir hatte, könnte es schwierig werden. Außer gelegentlichen Funksprüchen mit dem Tower in Heathrow schwieg man an Bord. Der Flug über die Stadt dauerte etwas, London war ja alles andere als eine Kleinstadt.
Der Palast mit dem bereits mit einem Provisorium überdachten Loch kam endlich in Sicht und wir schwebten gleich darauf mitten in einen Sicherheitsbereich der Polizei hinein, der in einem Bogen den Zutritt zum Südteil des Green Parks und zum Victoria Memorial versperrte. Trauernde durften durch zwei Sicherheitsschleusen hinein. Ein solcher Eingang befand sich auf der Constitution Hill und einer beim St. James’s Palace auf der Mall.
Es gab nur eine Wiese innerhalb des Sicherheitsbereichs, die für eine Helikopterlandung infrage kam. Diese hatte die Polizei auch gut markiert. William ging ziemlich schnell nach unten, denn zu lange zu
Weitere Kostenlose Bücher