Plötzlich Royal
Familien-Krisensitzung noch irgendwelche guten Ratschläge, ich sei ja schließlich der König. Es wurde betont, wie erschütternd dieses neue Attentat sei, so wenige Jahre nach der Sache in der Londoner U-Bahn. Prince Charles wusste zu berichten, dass im Zweiten Weltkrieg der Buckingham-Palast schon einmal schwer beschädigt worden war.
Vielleicht konnte ich das Gespräch auf ein aktuelleres Thema lenken und fragte nach dem Befinden meines Urgroßvaters Prince Philip, der ja zurzeit auf Balmoral in Schottland residierte. Man ließ mich wissen, dass es Seiner Königlichen Hoheit, dem Duke of Edinburgh, den Umständen entsprechend gut gehe, und Seine Hoheit lasse es mich wissen, wenn er einen Tee mit dem neuen Monarchen wünsche. Ich fasste die sehr formale Anrede so auf, dass ich Balmoral und Prince Philip in Ruhe lassen sollte. Man wechselte dann freundlicherweise auf das Thema Pferde und Reiten. Ein Muss für jemanden, der im Hochadel ernst genommen werden wollte, und man glaubte zu wissen, dass mein zukünftiger Schwager Leopold ein begnadeter Reiter sei.
Simon musste gestehen, dass er noch nie auf einem Ross gesessen hatte. Ich hatte meiner Mutter zuliebe als Teenager gelegentlich Reitstunden genommen, da sie noch gehofft hatte, ihr Sohn würde eines Tages näher an den Hof rücken. Doch mit meinem Coming-out hatte sie dann von diesem Traum Abschied genommen. Ich fragte ernsthaft in die Runde, ob ich meine Eltern mal einladen dürfe, trotz des nicht sehr feinfühligen Auftretens meines Vaters.
Edward meinte, eine ausgestreckte Hand würde die königliche Familie nicht ausschlagen, doch sie müsse von Burger kommen. Ich fühlte mich unsicher. Ich wusste nicht recht, wie ich mit der Mauer umgehen sollte, die sie um den Duke of Edinburgh errichtet hatten, und war dankbar, als die Tafel endlich aufgelöst wurde.
Ich ging nun mit Simon und William hinaus auf den Innenhof; bei der Vorfahrt wartete ein rothaariger junger Mann im Pilotenanzug. „Tut mir leid, dass ich das Essen verpasst habe. Ich musste noch einen Verletzten von einem Krankenhaus zum anderen fliegen. Hat es geknarrt im Familiengebälk?“, fragte Harry.
„Das Gespräch kam nicht auf dich. Du wolltest Sascha was fragen?“, mahnte William seinen ernst blickenden Bruder.
„Wie schlimm ist für dich das gewisse Video von mir beim Militär? Da war auch so eine Bemerkung über Schwule“, fragte er verlegen.
„Es war ja beim Militär und nicht beim Staatsempfang. Meine Wortwahl im Feld war auch nicht immer optimal hoftauglich. Ein Video von mir und Simon auf dem CSD-Wagen mit dem Regenbogen auf der Brust ist inzwischen auch längst bei YouTube online.“
„Nur haben Jack Kern und seine Kumpanen dich danach nicht in die Pfanne gehauen, und du wurdest nicht von Gordon Brown im Parlament fertiggemacht oder von den Zeitungen in Pakistan in der Luft zerrissen.“
„Doch, Gordon Browns Sekretär hat auch mir mal eine telefonische Standpauke gehalten, und in Pakistan verbrennen sie Sascha-Puppen, Leidensgenosse.“ Wir schüttelten uns gegenseitig die Hand und Harry schaute wieder optimistischer.
„War das mit dem Duke of Edinburgh ein Fettnäpfchen?“, fragte Simon, während William das Absperrgitter für Besucher öffnete. Die Nordhälfte der Anlage war ja normalerweise begehbar.
„Nur ein kleines! Das Gefühl, wann es von familiär auf offiziell wechselt, müsst ihr beide noch entwickeln.“
Ich zog mit den drei Prinzen aus dem Schloss hinaus in den noch immer ungewöhnlich leeren, aber dafür umso besser überwachten Touristenbereich und von dort unter der Bewachung von Timm und Peter in eine Stammkneipe meiner beiden Vettern anderthalbten Grades, wie Harry und ich scherzhaft unsere Verwandtschaft an der Verlobung meiner Schwester bezeichnet hatten.
Beim ersten Bier an der Bar quatschten wir übers Studium, während an einem Tisch gleich hinter uns Peter und Timm saßen. Vermutlich musste Timm dem Familienvater Peter erklären, wie das Leben so sei als schwuler Teenager, für den er sich bestimmt noch hielt.
Mein Gespräch mit den Prinzen über unser Studium bezog auch Simon mit ein, da er hier als diplomierter Physiker auf Augenhöhe mit William war. Dafür war ich sehr dankbar.
Selbstverständlich driftete das Thema wegen Harry auch in Richtung Militär. Hier konnte ich als einfacher Radpanzeroberleutnant nicht so ganz mit den beiden Hubschrauberpiloten mithalten. Nach dem zweiten Bier stupfte Harry seinen Bruder an.
„Frag ihn
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