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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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abschließen konnte. Der schläft noch oben, bis sein WG-Zimmer in einer Woche frei ist. Aber das Mobiltelefon steckt in meiner Jackentasche.“
    „Lassen Sie es dort. Sie beide verlassen jetzt gleich das Hotel, als würden Sie etwas unternehmen, und gehen Sie zu Fuß zum Buckingham-Palast“, drängte O’Brien.
    „Wir haben die Jacken oben, tragen Jeans, Sneakers und Rollkragenpullover.“
    „Das Wetter ist kühl, aber trocken. Die Polizei und bestimmt jede Menge Presse wird gleich eintreffen. Letztere darf Sie keinesfalls sehen. Keine Dummheiten! Der Geheimdienst beobachtet jeden Ihrer Schritte. Gehen Sie jetzt los!“
    Simon zog mich nun energisch vom Telefon weg und eilte mit mir an der Hand auf die Straße hinaus. Alle drehten sich nach uns um, als wir in Richtung Piccadilly Circus liefen. Schon fuhren von beiden Seiten der Old Compton Street Streifenwagen vor, ignorierten uns jedoch, da wir wirklich sehr unköniglich angezogen waren. An der nächsten Kreuzung hatte sich eine kleine Gruppe versammelt.
    „Was passiert da?“, fragte mich sofort ein Lesbenpaar.
    „Ich will euch sagen, was die Frommen gerade für eine Schweinerei …“, wollte ich loslegen.
    „Unsere Bekanntschaft Timm ist nach seinem Pass achtzehn. Mehr zu sagen geht im Moment nicht“, musste mich mein Mann bremsen, denn die halbe Gruppe hatte ihre Handykameras eingeschaltet. Es würde nur Minuten gehen, bis ein wütendes Statement von mir auf dem Internet abrufbahr wäre.
    Wir eilten weiter. Als wir die Shaftesbury Avenue erreichten, sah niemand mehr etwas Besonderes in uns. Jede Menge Leute standen auf der Straße und wir gingen darin einfach als irgendwelche Twens auf. Ob O’Brien nur geblufft hatte mit dem Geheimdienst, fragte ich mich und ging nun in ein normales Tempo über. Sollten wir absichtlich in die falsche Richtung gehen, ein wenig im Zickzack durch Chinatown rüber nach Covent Garden laufen, um evenutelle Verfolger abzuschütteln? Ich konnte mich nicht dazu entschließen.
    Beim Piccadilly Circus mussten wir hinunter in eine Unterführung, um diagonal auf die andere Platzseite zu kommen. In deren Mitte der Unterführung hätten wir zur U-Bahnstation hinuntersteigen können. Ich hielt einen Moment bei den automatischen Schranken der Tube an. Sollten wir mit der U-Bahn zur St. Pancras Station fahren, dort den Eurostar nach Paris nehmen und dann mit dem TGV nach Zürich verschwinden? So wären wir am Abend zu Hause.
    „Wenn wir jetzt abhauen, hat die religiöse Rechte um den Evangelical Sentinel gewonnen!“, warnte Simon, der meine Gedanken wohl erraten hatte. „Vielleicht wollen das alle?“
    Er hatte ja recht, also gingen wir weiter in Richtung Ausgang auf der anderen Platzseite und folgten der Regent Street, um zur Mall zu gelangen.
    Aber es ging ja nicht mehr nur darum, Royal zu spielen, sondern womöglich um Gefängnis. Ich hatte einen Geistesblitz und ging unvermittelt in einen Elektronikshop, der plötzlich neben mir auftauchte, so dass ich beinahe Simon abhängte. Im Shop kauften wir uns ein Handy mit Prepaid-Karte.
    Wieder draußen, auf dem Waterloo Place, kramte ich Jack Kerns Visitenkarte raus. Ich wurde verarscht von den religiösen Fundamentalisten und vermutlich auch vom konservativen Establishment um Sir Geoffrey. Wieso sollte ich mich an irgendwelche Abmachungen halten?
    „Ja, was ist?“, begrüßte mich Kern, der ja nicht wusste, wer da anrief.
    „Hier ist Sascha!“, meldete ich mich und ging während des Telefonierens weiter in Richtung Mall.
    „Ja, genau! Nie im Leben. Was willst du, Junge? Kleiner Scherz, oder was?“
    „Nein, auf dem Flug von Zürich nach London habe ich einen derben Scherz wegen Pornofilmen gemacht!“
    „Ja, ist gut, ich glaub’s dir, dass du Sascha bist. Was ist los?“, brummte Kern.
    „Ich wurde reingelegt und soll in den Knast!“
    „Was?“
    „Ja, kein Scherz. Du hast dir doch von dem dünnen Emo eine Fotokopie vom Pass geben lassen.“ Mir war es im Moment egal, dass meine Sprache alles andere als royal war. „Druck die Kopie in der nächsten Ausgabe ab. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der ein Lockvogel ist, der von der religiösen Rechten losgeschickt wurde. Dieser Timm soll angeblich noch nicht sechzehn sein.“
    „Dieses lange, verkommene Elend? Der ist ja noch hochgeschossener als ihr beide.“
    „Find ich ja auch seltsam. Doch im Hotel ist jetzt die Polizei und wir sind irgendwo in der Stadt. Schau dir mal die Internetseite vom Evangelical Sentinel an“,

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