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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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ich dich und deinen Freund auf vielleicht siebzehn schätzen und nicht auf dreiundzwanzig.“
    König George setzte sich an die Stirn des Tischs. „Ist das nicht das Problem, das Schätzen des Alters? Wie viele Schläge soll die Monarchie noch aushalten, bevor wir abgeschafft werden? Sag es mir, Sascha!“, wurde er laut.
    „Könige waren schon in Haft und wurden im Verließ ermordet. Königinnen wurden geköpft. Das ist nicht der Punkt, Großvater.“
    „Was dann?“
    „Das passiert, weil wir als Schwule Feinde haben, die in einer Art Heiligem Krieg gegen uns sind. Sie haben die Kopie von seinem Pass bestimmt verschwinden lassen, damit keiner mir glaubt, dass Timm achtzehn ist. Gibt es denn einen Haftbefehl gegen uns?“
    „Bisher nicht. Immerhin habt ihr getrennt von ihm geschlafen, wie auf der Überwachung zu sehen ist. Man entscheidet nach der Aussage des Jungen über eine Anzeige. Wenn du im Gegenzug in ein paar Monaten von der Schweiz aus verzichtest, kann ich aus Staatsraison den Staatsanwalt sicherlich dazu bewegen, das Verfahren gegen ein Bußgeld einzustellen.“
    Großvater stand wieder auf.
    „Mit einem Fünfzehnjährigen treibt ihr es. Ekliges Pack! Telefon her!“
    „Warum glaubst du denen und nicht mir?“ Aber Großvater wollte nicht hören. Außerdem las man im Palast ja die Daily World nicht. Deshalb kannte er Jack Kerns Artikel wohl noch nicht. Er nahm mir das Billighandy energisch aus der Hand, was mich noch wütender machte. Ich war vielleicht ein Kindskopf, aber kein Bub, und er benahm sich auch nicht wie ein König.
    „Merkst du es nicht, Großvater? Diese Leute hassen Schwule.“
    Großvater George stampfte ohne eine Antwort hinaus und warf die goldverzierte Tür mit solcher Wucht zu, dass es knallte, als hätte jemand eine Pistole abgefeuert.
    Ich wusste nicht mehr, was ich denken sollte. Erste Tränen liefen mir über die Wangen. Ich hatte doch den Briten und den Windsors nichts kaputt machen wollen.
    Endlich servierte ein Angestellter im Frack Sandwiches und Mineralwasser und legte uns beiden noch in Folie eingeschweißte Exemplare eines dicken Buches hin: Die zweite elisabethanische Epoche . Es sei zum achtzigsten Geburtstag der Queen geschrieben worden und ein Geschenk von Earl Amble, sagte der Angestellte und zog sich wieder zurück. Wir hatten ja nichts anderes zu tun und so war es besser, zu lesen, als ständig nur zu grübeln. Das Buch war sehr exakt und detailreich, doch in einem flüssigen Stil geschrieben.
    Draußen dämmerte es bereits, als die Tür wieder aufging. Der bullige Sicherheitsmann John schob Timm ziemlich energisch in den Raum und schloss die Tür wieder von außen. Wir starrten den langen Kerl mit großen Augen an. Er setzte sich auf den Stuhl neben mir, griff sich das letzte Sandwich und kaute trotzig darauf herum.
    „Erzähl!“, forderte ich ihn auf.
    „Plötzlich standen ganz viele Leute ums Bett herum. Ich musste mich anziehen und wurde zur Polizei gekarrt. Dort machten alle einen riesigen Tanz. Ob ich mich wohl fühle? Ob ich was brauche? Jetzt werde alles gut. Ein psychologisch geschulter Beamter werde gleich eintreffen. Der werde mir helfen, darüber zu reden. Es sei nicht meine Schuld. Nur wusste ich nicht genau, was denn nicht meine Schuld ist. Das ging so etwa bis zum Mittag, dann schlug die Stimmung um. Irgendeine fette Sau schubste mich in ein Verhörzimmer mit diesen Spiegelfenstern wie im Film. Der Arsch wollte wissen, wie wir es treiben würden. Ich hab dem Typ den Mittelfinger gezeigt. Er solle sich im Internet Filmchen runterladen, wenn er sich aufgeilen wolle. Ich sei achtzehn. Deshalb gehe ihn mein Privatleben nichts an.“
    „Achtzehn, das ist der Punkt. Jetzt ehrlich, bist du achtzehn?“, fragte ich Timm eindringlich.
    „Ja, ich hab keine Ahnung, was da abgeht, Mann. Der Fette stand auf, sagte was von perversem Pack und ging mit rotem Kopf raus. Ich saß dann den ganzen Nachmittag allein da im Verhörzimmer. Keine Ahnung, warum ich von Mamas Liebling plötzlich zum Perversen heruntergestuft worden war. Dann kamen so ein Chauffeur vom Palast und der Muskelprotz von vorhin. Ich musste mit und jetzt bin ich da.“
    „Wir glauben eher, du bist ein Lockvogel, der uns reinlegen sollte, damit wir wegen Sex mit Minderjährigen drankommen. Hast du den Pass dabei?“
    „Ja, die Polizei hat ihn einkassiert, der Muskelprotz hat ihn mir vorhin wiedergegeben.“
    Timm schob mir den Pass rüber und ich schaute nach. Er war danach tatsächlich

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