Plötzlich Royal
Nachrichten verfolgt?“
„Simon und ich arbeiteten seit Wochen achtzehn Stunden am Tag an unserer Diplomarbeit. Tut mir leid. Ich fürchte, wir haben vor zwei Monaten den Kontakt zum Planeten Erde verloren“, erwiderte ich unter leichtem Seufzen.
Cramers bisher noch etwas steifer Tonfall lockerte sich.
„Dann heißt es wohl ‚Raumschiff Burger, hier ist die Downing Street, bitte melden!‘“
„Hier ist die Burger, wir empfangen Sie verrauscht, aber deutlich, Downing Street!“, spielte ich mit.
Er lachte.
„Aber im Ernst. Wie Sie richtig vermuten, Prince Sascha, geht es um die Revision des Act of Settlement von 1701 und der Bill of Rights von 1689. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die gesellschaftliche Entwicklung kaum noch einen Unterschied macht zwischen den Geschlechtern. Es ist deshalb an der Zeit, auch in der Thronfolge die Ungleichbehandlung zu beenden. Es heißt aber auch ausdrücklich: ‚ohne Rücksicht auf Geschlecht und sexuelle Orientierung‘. Damit sollte auch Ihre LGBT-Community zufriedengestellt werden.“
„Ach, kommen Sie“, wandte ich ein. „Diese Übung veranstalteten Sie und die Lords, um einen schwulen Schweizer aus den Repräsentationsaufgaben zu entfernen.“
„Es ist leider so, dass gewisse, sehr traditionelle Mitglieder des Oberhauses jeglicher Art von Änderungen der altehrwürdigen Gesetze skeptisch gegenüberstehen. Das Parlament müsste nur beschließen, Sie aus der Thronfolge zu streichen. Eine neue Thronfolgeregelung sei gar nicht notwendig. Die Patriarchen haben eines nicht begreifen wollen. Es geht bei der Reform nicht um Sie, Prince Sascha, sondern um die Chancengleichheit zwischen Mann und Frau. Elisabeth II. wurde ja nur Königin, weil sie keinen Bruder hatte. Doch nun ist es geschafft. Die Lords haben mit knapper Mehrheit nun doch die Bill of Royalty verabschiedet. Das Unterhaus hatte ja bereits mit der Mehrheit meiner Koalition vor einem Monat zugestimmt, das schottische Parlament wird in den kommenden Tagen nachziehen. Da erwarte ich keine Schwierigkeiten. Im Rahmen eines kleinen Staatsaktes wird dann Seine Majestät Ihr Großvater das Gesetz in Kraft setzen. Sie sind ja nicht aus der Thronfolge gestrichen, sondern rutschen lediglich um einen Platz nach hinten.“
„Also wird meine Schwester eines Tages Queen, da sie ein paar Minuten älter ist als ich?“
„Ja, irgendwann einmal. In der Bill of Royalty wird auch der Anti-Katholiken-Paragraf gestrichen. Es heißt an dieser Stelle nur, der neue König bzw. die neue Königin müsse am Tag der Thronbesteigung der Anglikanischen Kirche von England oder Schottland beitreten.“
Das haute mich nun doch um, zudem war mir meine Unwissenheit etwas peinlich.
„Haben Sie bereits mit meiner Mutter gesprochen? Die macht ja mit meinem Vater irgendein Big Business in China.“
„Das kann man wohl sagen. Das Vermögen Ihres Herrn Vaters wird derzeit auf fünf Milliarden Pfund geschätzt.“
„Was? Krass! Sind Sie aber nicht in der Zeile verrutscht oder so?“
Cramer lachte über meine Ahnungslosigkeit. Ich hatte mich so im Detail nie dafür interessiert, weder für das Big Business noch für die königliche Familie.
„Es laufen da Gespräche, ob Ihre Frau Mutter ihre Position in der Thronfolge wieder einnehmen will. Da dies noch in der Schwebe ist, wird Ihr Großvater das neue Gesetz erst in einigen Tagen unterzeichnen, wenn wir genau wissen, wer nach dessen Inkrafttreten Thronfolger ist. Die Monarchie muss moderner und schlanker werden. Der Staat wird ab Anfang des übernächsten Jahres nur noch das Defizit dreier offizieller Sitze der Königsfamilie finanzieren. Hauptsitz sind der Buckingham- und der St. James’s Palace als Einheit, hinzu kommen Windsor Castle und der Palace of Holyroodhouse in Edinburgh. Alle anderen Sitze wie beispielsweise Kensington Palace werden zum Museum oder wie die diversen Landsitze an Privatinvestoren verkauft. Die Windsors haben selbstverständlich ein Vorkaufsrecht.“
„Sie wollen die Schlösser an meinen Vater verscherbeln und hoffen auf sein Portemonnaie und seine Beziehungen zu China. Wie auch immer, ich bin ja dann fein raus. Vielen Dank für die Informationen, Premierminister.“
„Nicht so hastig, junger Mann. Sie bleiben auch nach der Unterzeichnung durch den König einer der engsten Verwandten des Monarchen oder später der Monarchin. Wir, Seine Majestät Ihr Großvater und ich, planen eine Geste an die LGBT-Community, damit der scheußliche Begriff
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