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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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fuhren mit Blaulicht der Polizeieskorte los.
    Ich scrollte durch die verpassten Anrufe und in der Tat war da eine Nummer mit englischer Vorwahl, die nach Auskunft des Botschafters diejenige des Premiers war, der trotz der späten Stunde dringend meinen Rückruf erwarte.
    „Cramer!“, meldete er sich gleich. Ich hatte mir gar nicht überlegt, wie ich mich melden sollte.
    „Sascha Philipp Burger. Guten Abend, Premier.“
    „Wo stecken Sie, Sascha?“, fragte er genervt und übernächtigt.
    „Im Wagen des Botschafters!“
    „Na, Gott sei Dank. Herzliches Beileid!“ Er fasste sich wieder. „Sind Sie sich einigermaßen bewusst, was das für Sie bedeutet? Sie sind König!“
    „Die Zeit wird mich das lehren.“
    Ich musste schnell den Disco-Boy der letzten Stunden aus meinem Kopf kriegen. Wie würde ein Monarch verhandeln?
    „Simon McTombreck ist mein Mann. Sieht das meine Regierung auch so, Premierminister?“
    Es dauerte, bis die Antwort kam.
    „Earl Binnester, Ihr Lord Chamberlain, meint, dass für den Monarchen selbst etwas höhere Ansprüche an Moral und Familiensinn … Sie sind sich vielleicht noch nicht im Klaren, was Ihre neue Position bedeutet.“
    „Kurz: Ich komm mit Simon oder gar nicht.“
    „Gar nicht? Was bitte schön soll ‚gar nicht‘ heißen?“, brauste Cramer auf. Er hätte sich The Queen von Stephen Frears ansehen und dort schauen sollen, wie Tony Blair mit Ihrer Majestät telefonierte. Zugegeben, Cramer telefonierte nicht mit Ihrer Majestät, sondern mit Seiner Pubertät. Ich musste erneut versuchen, solche Gedanken aus dem Kopf zu kriegen, und mich wieder auf den Inhalt des Gesprächs zu konzentrieren. In Hintergrund hörte ich aufgeregte, aber leider unverständliche Stimmen.
    „Simons vollständiger Titel ist: His Royal Highness Prince Consort. Das ist nicht verhandelbar. Telefonieren wir morgen um acht Uhr meiner Zeit, das ist sieben Uhr bei Ihnen. Gute Nacht, Premier.“
    „Nicht so hastig. Der Zusatz Consort ist eigentlich dem kirchlich angetrauten Ehegatten des Souveräns vorbehalten. Die anglikanische Kirche wird keine Freude an der Idee haben. Zudem gibt es namhafte Leute, die ihre Partnerschaft mit Simon als Verstoß gegen den Royal Marriages Act von 1772 ansehen, da die Zustimmung des damaligen Souveräns nicht vorlag, als Sie die Partnerschaft mit Simon eingingen.“
    „Wir wurden damals zur Queen vorgelassen unter der Voraussetzung, dass Simon und ich eine Civil Union eingehen. Das könnte man doch als ihre Zustimmung auffassen.“
    „Es gibt über die Absichten der Queen leider nicht Schriftliches“, meinte Cramer. „Der Kompromiss läuft eher darauf hinaus, dass die Kirche Sie als ledigen Mann ansieht und somit Royal Marriages Act von 1772 für Sie gar nicht greift. Ihre Forderung nach dem Titel Prince Consort machen die Verhandlungen hier in London nicht einfacher. Aber ich versuche es. Dann wird es wohl Plan B.“
    „Was ist Plan B?“
    „Ausrufung zum König an einem noch zu bestimmenden Ort, eine kleine Krönungszeremonie gleich im Anschluss in Westminster Palace. Wir folgen dabei weitgehend der Zeremonie zur Parlamentseröffnung. Eine anschließende Kutschfahrt vor dem jubelnden Volk wird aus Sicherheitsgründen nicht möglich sein und wäre auch nicht angebracht. Ihr Großvater ist erst seit ein paar Stunden tot.“
    „Ich dachte, die Krönung sei jeweils erst nach Ablauf des Trauerjahrs.“
    „Das ist nirgends vorgeschrieben, zudem, ich als Premier habe noch anderes zu tun, als mich jahrelang mit der Kirche um die Krönung eines schwulen Königs zu streiten. Man wird Sie kurz nach sieben Ihrer Zeit anrufen. Gute Nacht, Majestät!“, sagte er knapp und legte auf.
    Aus The Queen wusste ich, dass man mit Premierministern etwas herablassend sprechen musste und der Monarch zuerst auflegte. Doch war ich der Monarch? Wäre Carmen eine gute Königin? Ihr Anglistik-Studium in München hatte sie ja mit Leopold zusammen verbummelt. Hatten die Briten wirklich einen frechen Linksaktivisten und ein Partygirl verdient? Vielleicht sollte ich Carmen anrufen und ihr vorschlagen, zu Gunsten Williams zu verzichten. Dazu durchringen konnte ich mich nicht. Mein Puls raste und im Botschafterwagen herrschte Eiszeit. Die Fahrt diagonal durch Zürich dauerte lang, trotz Eskorte und später Stunde. Ich fürchtete, dass ich wie neulich im Flugzeug einen Zusammenbruch hinlegen würde, bevor wir in der Villa ankamen.
    Die Polizei hatte den Heuelsteig abgeriegelt. Ich verabschiedete

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