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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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auf einen Sitz in Flugrichtung Platz zu nehmen. Er hatte etwas von Clark Kent in der Superman-Serie, etwas älter vielleicht. Ich schätzte ihn auf Ende vierzig.
    „Simon?“
    „Ich habe Ihren Mann gebeten, auf der anderen Seite des Mittelgangs zu sitzen. Mein Vorschlag wäre es, wir nutzen die gute Stunde Flugzeit, um ein paar Dinge zu besprechen, Sire.“
    „Selbstverständlich, Mr. Grant.“ Ich setzte mich und danach nahm auch er Platz. Als der Jet sich in Bewegung setzte, winkte ich kurz hinaus zu Frau Leuthard, während ein Steward unterwürfig die Sicherheitsgurte kontrollierte.
    „Können meine Eltern an der Zeremonie teilnehmen, Mr Grant?“
    „Bedaure, Sire, die Flugzeit von Schanghai nach London beträgt 12 Stunden 40 Minuten“, erklärte der Sekretär und hob verlegen ein wenig seine Hornbrille. „Sie müssen noch berücksichtigen, Sire, dass Ihr Herr Vater leider nicht gleich beim Flughafen residiert und die Buchung eines Business-Jets eine Vorlaufzeit von mehreren Stunden hat. Ihr Vater kann deshalb erst zur Abdankungsfeier Seiner Majestät, Ihres Herrn Großvaters, zugegen sein.“
    „Oh, sehr bedauerlich“, versuchte ich mich seiner Sprache anzupassen. „Was berichten die Zeitungen, Mr Grant?“
    „Der Tod Ihres Großvaters und die Nachrufe beherrschen die Medien. Ihr Nachtclub-Aufenthalt wird zwar erwähnt, aber nicht skandalisiert.“
    „Es war eine Schwulendisco, ein Nachtclub wäre mit Striptease.“
    „Verzeihung, ich kenne mich da nicht so aus“, meinte Mr Grant scheu. Das Gespräch wurde unterbrochen, als die Maschine unvermittelt Vollschub gab und wir immer schneller über die Piste rollten. Wir hoben ab, das Rütteln hörte auf, die Autobahn huschte unter uns weg und wir gewannen an Höhe. Rechts kam das Alpenpanorama in Sicht.
    „Ich bin heute zum ersten Mal in der Schweiz. Die Alpen sind majestätischer, als ich es mir vorgestellt hatte“, schmeichelte Grant. „Für den Winter könnte ich mir eine Urlaubsreise mit meiner Familie vorstellen.“
    Damit hatte er nun auch diskret erwähnt, dass er und ich nicht die gleiche sexuelle Orientierung hatten. Höflich fragte ich nach seiner Familie: Er war verheiratet, hatte zwei Töchter in meinem Alter an der Uni, ein Sohn im Internat, Hund, Katze, Gummibaum, das Übliche halt. Wir drehten gen Norden ab und überquerten den Bodensee und damit auch die Schweizer Grenze. Dieses Mal war ich mir nicht so sicher, dass ich in ein paar Tagen wieder zurückkommen würde.
    Der Steward fragte nach meinen Wünschen und ich bestellte einen Kaffee, während Grant eine Dokumentenmappe aus der Gepäckablage holte. Er legte sie auf das Tischchen zwischen uns. Ich holte meinerseits den gelben Ordner aus der Tasche und blätterte zum Dokument über den Krönungseid. Mr Grant warf kurz einen Blick darauf.
    „Bedaure Sire, das Dokument SN/PC/00435 vom 27. August 2008 wurde wohl in der vergangenen Nacht obsolet. Vielleicht sollte ich Sie erst etwas allgemeiner mit der aktuellen Situation vertraut machen. Die Stimmung im Vereinigten Königreich ist etwas schwierig, Sire. Man geht davon aus, dass die fatale Infektion mit diesem afrikanischen Erreger kein Zufall war. Ob er sich schon an den Pfeilen des Anschlags befand oder nicht, ist unklar.“
    Er öffnete die Mappe und reicht mir ein Blatt Papier.
    „Das ist der Eid, den Sie im Tower gleich nach der Proklamation leisten werden. Es geht im Wesentlichen nur darum, dass Sie erklären, Protestant zu sein und es auch zu bleiben.“
    Ich las die zungenbrecherische Formel einmal durch. Sie wandte sich vor allem gegen die Katholische Kirche. Mit den Anti-Papst-Passagen hatte ich nun wirklich keine Probleme, jedoch mit dem Versprechen, die Anglikanische Kirche zu schützen. Ich fügte dem Schwur noch „solange die Kirche ethnische und sexuelle Minderheiten nicht diskriminiert und die Menschenrechte der Vereinten Nationen respektiert, inklusive der Yogyakarta-Prinzipien“ hinzu und gab das Blatt dem Sekretär zurück, er solle den Premierminister über diese Ergänzung unterrichten.
    Der korrekte Brite schluckte leer. „Was sind die Yogyakarta-Prinzipien?“
    „Mit 29 Prinzipien werden die Menschenrechte in Bezug auf sexuelle Orientierung und Geschlechtsidentität angewandt“, erklärte ich knapp.
    Grant entschuldigte sich und ging nach hinten, wo sich vermutlich ein Satellitentelefon befand. Die Unterbrechung nutzte der Steward, um Simon und mir den Kaffee mit etwas Gebäck zu servieren. Es passte zwar

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