Plötzlich Royal
jungen Mannes. Angesichts des Eindringens auf das Gelände eines Atomkraftwerkes muss nun aber im heutigen Fall geklärt werden, ob die Tat eine terroristische Motivation hatte.“
„Vielen Dank für diese Abklärungen. Kriegen Sie ihn frei?“
„Die Kaution von zehntausend Pfund, die der Haftrichter vor einer Stunde festgelegt hat, besitzt er nicht und seine Weltverbesserer zahlen nicht, da es sich nicht um eine autorisierte Aktion handelte.“
„Gut, bezahlen Sie die Kaution und bringen Sie ihn zu uns in den Palast.“
„Da gibt es ein kleines Hindernis, Sire. Das Gesetz über den königlichen Finanzhaushalt verbietet eine solche Verwendung, es sei denn, ein Mitglied der Königsfamilie selbst wäre verhaftet. Sie haben ja finanziell Ihren Großvater nicht beerbt, da Erbrecht und Thronfolge nicht identisch sind. Ihre Mutter wurde wegen der katholischen Heirat enterbt. Nach dem Hinscheiden Ihrer Urgroßmutter und Ihres Großvaters teilen sich die Geschwister von König George alle nicht an die Krone gebundenen Güter und Vermögen der Windsors. Sie können aber Ihre staatliche Privatpension von 25.000 Pfund monatlich verwenden, wie Sie wollen, Sire. Alle anderen der Krone zukommenden Gelder sind zweckgebunden. Wie Sie das Windsor-Familienvermögen verwenden dürfen, wäre wohl noch mit den Königlichen Hoheiten, den Prinzen Charles, Andrew und Edward sowie Prinzessin Anne, auszuhandeln. Doch das könnte sich hinziehen.“
Für einen Vorschuss auf die staatliche Pension hätte ich zu Grant gehen müssen, der wohl schon in der U-Bahn saß. Deshalb musste ich die Kaution wohl aus dem Burger-Vermögen bezahlen.
„Ich hab eine goldene Kreditkarte. Wir bringen das Geld inkognito als Sascha Burger vorbei. Sagen Sie der Polizei nur etwas von einem Boten aus dem Palast.“
Der Anwalt schluckte leer, traute sich aber nicht zu widersprechen und versprach, vor Ort zu warten. Als ich John anrief und ihm erklärte, was ich vorhatte, fragte er nur, ob das weise sei. Selbstverständlich war es das nicht, doch ich hielt mich an das indische Sprichwort: Wenn du die Wahl hast zwischen Verstand und Herz, wähle das Herz.
Butler Fletcher zeigte uns unsere neue Suite mit Ehebett. Wenigstens musste ich nicht gegen getrennte Betten kämpfen. Unser Turnschuh-Röhrenjeans-Look hing zum Glück im Wandschrank. Der königliche Haushalt hatte ihn nicht mit spitzen Fingern entsorgt. Wir zogen uns um und eilten dann über Personaltreppen hinunter in die Tiefgarage. Dort trafen wir John, der uns zu seinem privaten deutschen Kombi führte. Ein Rolls wäre zu auffällig gewesen. Wir sollten uns bei der Ausfahrt hinlegen, es lauerten immer irgendwelche Paparazzi, meinte er. Als wir etwas Distanz gewonnen hatten, durften wir wieder hochkommen.
Draußen in der bereits einsetzenden Dämmerung zeigte sich das Wetter regnerisch. Die Scheinwerfer spiegelten sich auf der Straße und der Verkehr stockte in der City. John hielt vor der ersten Bank am Weg und telefonierte mit seiner Frau, dass es etwas später werde. Ein Bobby näherte sich langsam unserem im Parkverbot stehenden Wagen. Also stiegen wir beiden schnell aus, hinaus in das scheußlicher werdende Wetter, und eilten in die Bank. In der gut besuchten Schalterhalle zogen wir eine Nummer und setzten uns.
„Hast du dein Handy für alle Fälle dabei, Simon?“
„Ups, ist noch in der roten Jacke der Royal Scots.“ Auch ich hatte keines. Egal, draußen wartete ja John, und der hatte ja vorhin offensichtlich eines gehabt.
Endlich! Unsere Nummer wurde über einem Schalter mit einer Dame angezeigt. Ich zog im Gehen die Brieftasche und suchte darin meine Schweizer Identitätskarte und die Kreditkarte heraus. Simon blieb auf der Bank sitzen. Ich hoffte, die Bankangestellte würde mich nicht erkennen, wenn ich mich als Schweizer Tourist Sascha Burger ausgab, und legte in meine Aussprache absichtlich eine schweizerdeutsche Silbenbetonung. Ich verlangte zehntausend Pfund. Sie machte mich professionell-freundlich darauf aufmerksam, dass 3 Prozent, also 300 Pfund, Kommission fällig würden, während sie die Kreditkarte und den Ausweis auf einen Scanner legte. Ein Security-Mann hinter mir verlangte von Simon einen Ausweis, während die Dame nun meine Kreditkarte am Computer in einen Schlitz steckte und mir andeutete, die PIN einzugeben.
„Es dauert einen Moment, das Geld wird aus dem Tresor per Druckluftkapsel geschickt.“
Hinter der Dame stellte sich nun ein zweiter, etwas grimmigerer
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