Plötzlich Royal
bestimmt nicht verurteilt“, versuchte Simon ihn aufzubauen.
Timm deutete auf eine Zeitung, die etwas weiter weg auf dem Tisch lag. Im Prominenten-Teil fand ich ein Foto von Timm im Green Park und den Text dazu:
Royal Pet: Wer sich gefragt hat, ob Sascha&Simon (nicht mal ein Leerzeichen kommt zwischen die beiden) Haustiere halten werden, der hat nun eine Antwort. Und diese Antwort ist: Ja! Allerdings war bis Redaktionsschuss nicht zu erfahren, von welchem Planeten dieses möglicherweise intelligente Lebewesen undefinierbaren Geschlechts stammt. (JK)
„Das ist Kerns makabrer Humor. Mir hat er mal geradewegs ins Gesicht gesagt, für ihn seien die Royals nur eine Seifenoper, ein Spektakel für die Medien“, erklärte ich ihm.
„Die Daily World unterstützt Sascha und mich nur, weil sie erwartet, dass wir für Auflage sorgen, während wir schwulen Schweizer das Königshaus in die Tonne treten“, ergänzte Simon.
„Ignoriert ihn“, fuhr ich fort. „Ich brauche Aktivisten. Als König kann ich nicht in Kirchen demonstrieren gehen, Flugblätter über dem Petersplatz abwerfen oder in Riga am CSD teilnehmen. Das müssen Leute wie du. Ich kann euch aber den Rücken stärken, Kautionen zahlen und euch Unterkunft geben. Vergiss Kern! Deine Mum ist aber wichtig. Wir lassen uns was einfallen, damit du wieder mit ihr klarkommst.“
Timm nickte, schien aber nach wie vor wenig Zuversicht zu haben.
Der Gärtner, dessen Titel mir nicht mehr in den Sinn kam, wollte nun Timm abholen. Ich stand auf, ging mit ihm ein paar Meter in den Flur und brachte ihm bei, dass Timm sehr empfindlich sei, und verbot ihm jedes homophobe Wort, egal was der Gärtner privat von Schwulen halte. Der Gärtner antwortete nur mit einem gelegentlichen „Sehr wohl, Majestät“.
Es wurde Zeit. Mit Simon am Händchen ging ich zurück zum Arbeitsbereich und dosierte das Tempo dabei so, dass wir den Thomas-Cook-Salon beim Glockenschlag erreichten und Simon alleine zu unserem Büro weitergehen musste. Der Butler öffnete die Tür mit einem tiefen, feierlichen „ His Majesty The King “. Die Haushaltsführung stand an einem schweren Tisch im viktorianischen Stil, der wie ein Schulzimmer-Hufeisen gebaut war, jedoch durchgehend und nicht aus einzelnen Pulten wie in der Schule. An der Decke hing ein Beamer, die Leinwand war heruntergeklappt.
„Guten Morgen, Ladies and Gentlemen“, wünschte ich in dem Tonfall, wie ich beim Militär einen Rapport betreten würde. Das war wohl noch das Spannendste an der ganzen Sitzung. Die Teilnehmer analysierten pedantisch die zurückliegenden Zeremonien und ereiferten sich über einen Schnörkel im Wappen eines Earls, das nie offiziell abgesegnet worden sei. Dann wurde noch als Höhepunkt im größten Vertrauen angedeutet, es könnte im Frühjahr 2011 eine Hochzeit des neuen Prince of Wales geben und dass man angesichts gewisser gesellschaftlicher Entwicklungen im Königshaus wohl gar nicht erst über die Jungfräulichkeit der Braut sprechen sollte. Weder der Vorfall mit der Regenbogenfahne noch die Firewall oder die möglichen LGBT-Veranstaltungen wurden erwähnt. Auch die Sicherheit wäre nach dem Attentat ein Thema gewesen, doch vielleicht war dies dafür die falsche Sitzung? Wieso saß ich überhaupt hier? Brisanter wurde es erst, als Earl Binnester, der neue Lord Chamberlain, das Wort dem Marshal of the Diplomatic Corps erteilte.
„Majestät, Hoheit, My Lords, Gentlemen. Morgen Abend findet der Antrittsempfang des Diplomatischen Corps statt. Es sind der Premierminister und alle Botschafter sowie die Royals geladen. Sie, Majestät, werden jedem Botschafter und Gattin die Hand schütteln, danach gibt es ein festliches Bankett mit Kammermusik. Alles nach protokollarischen Standards. So weit, so gut. Jetzt kommt leider der kleine Stolperstein.“
„Lassen Sie mich raten. Der Stolperstein sitzt in meinem Büro und ist blond?“
„Ich fürchte, ja, Eure Majestät“, fuhr der Marshal fort. „Eine Lösung wurde mit dem Premier bereits besprochen. Normalerweise werden die Botschafter in alphabetischer Reihenfolge aufgerufen, doch dieses Mal werden die Länder, die kein Foto mit dem Prince Consort wünschen, zuerst vorgestellt. Danach tritt dieser hinzu, und die anderen Botschafter werden vorgestellt. Wir haben den Botschaften dies bereits so angekündigt. Wer in der ersten Gruppe sein möchte, teilt mir das bis morgen Mittag mit. Der Rest des Abends verläuft normal mit Simon in der Rolle des Monarchengatten. Die
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