Ploetzlich Vater
Ei?“
„Genau.“
„Was macht denn Ryan?“, fragte Jill, obwohl sie ihren Sohn vom Beifahrersitz aus sehen konnte. „Kannst du erkennen, ob er noch schläft?“
Lexi schaute zu dem kleinen Bündel in der Babytrage hinüber. „Ryan hat deine Decke weggestrampelt. Ich tlaub, er will raus.“
„Wir sind gleich da, Schätzchen, nur noch ein paar Minuten“, versicherte Sandy ihrer Tochter.
„Was soll ich denn jetzt tun?“, fragte Jill und drehte sich wieder zu ihrer Freundin um. „Ich kann einfach nicht glauben, dass es so weit gekommen ist.“
„Du musst jetzt hart bleiben. Derrick Baylor will seinen Sohn, ich habe schon gewusst, dass da etwas faul ist, als ich ihn im Park in seiner Angeberkarre hab sitzen sehen. Dass seine Anwältin in den Nachrichten war, hat mein Misstrauen nur noch bestätigt. Er will Ryan, und er würde alles, wirklich alles dafür tun, ihn dir wegzunehmen.“
„Ich weiß nicht“, warf Jill ein, „er scheint mir nicht zu den Männern zu gehören, die einer Mutter das Kind wegnehmen würden. Ich hätte mit ihm reden sollen, bevor ich das Krankenhaus verlassen habe. Meine Sachen zu packen und einen Tag früher abzuhauen, war vielleicht ein bisschen voreilig.“
„Bevor du auch nur ein Wort zu Derrick Baylor sagst, müssen wir erst einmal einen guten Anwalt für dich finden. Zweitens sollten wir CryoCorp kontaktieren und herausfinden, wie die Lage ist. Sie sind bestimmt daran interessiert zu hören, dass irgendjemand Kundeninformationen ausplaudert. Ich für meinen Teil hätte kein Interesse daran, dass Du-weißt-schon-wer “, sie wussten beide, dass sie Lexis biologischen Vater meinte, „plötzlich vor meiner Tür steht.“
Jill fragte sich, was das mit CryoCorp zu tun hatte, schließlich war Lexi ja auf natürlichem Wege gezeugt worden. Sandy hatte sich in den Mann verliebt und gedacht, sie hätte in ihm ihren Traumprinzen gefunden, bis er sich kurz nach Lexis Geburt aus dem Staub gemacht hatte. Sie seufzte. „Du hast recht. Ich habe im Moment ohnehin keine Zeit, mich mit Derrick Baylor auseinanderzusetzen. Chelsey hat mich vorhin angerufen, um mir zu sagen, dass Dave Cornerstone Probleme mit der Grafik hat und zwei meiner Autoren ihr Gehalt noch nicht bekommen haben. Außerdem ist meine monatliche Kolumne in drei Tagen fällig.“
„Ich weiß, dass dein Kleiner früher als erwartet gekommen ist, und dass dieser Mann wie aus dem Nichts aufgetaucht ist, macht die Sache nicht einfacher, aber das Wichtigste ist, dass du optimistisch bleibst. Ich helfe dir da durch. Schließlich ist es ja mein Job als deine Redaktionsassistentin, dich bei Laune zu halten.“ Sie hielt kurz inne und fügte dann hinzu: „Falls diese Sache dir über den Kopf wächst, kannst du immer noch deine Mutter anrufen und sie um Hilfe bitten.“
„Machst du Witze?“
Sandy trat auf die Bremse und bog rechts in den West Lake Boulevard ein. „Vielleicht ist das ja ein guter Zeitpunkt, das Kriegsbeil zu begraben“, schlug sie vor. „Deine Eltern haben mehr Geld als Donald Trump. Sie können es sich leisten, dir einen Spitzenanwalt zu besorgen.“
„Das kann ich nicht machen.“
„Du meinst wohl, du willst es nicht.“
„Ich kann und ich werde es nicht tun. Seit dem Tag meiner Geburt haben meine Eltern ihr Geld dazu benutzt, mich dazu zu bringen, alles so zu machen, wie sie es wollen. Wenn ich auf meinen Treuhandfond zugreife, haben sie gewonnen. Dann steigen Mom und Dad in ihren Privatjet, sind in Windeseile hier und kommandieren mich wieder herum“, fügte sie hinzu. „Ehe du auch nur bis drei zählen kannst, haben sie einen Mann für mich gefunden, den ich dann heiraten soll. Er ist dann eine Kopie von allen Männern, mit denen sie mich schon verkuppeln wollten: groß, schlank und mit gerader Nase. Tadellos gekleidet, mit einem ultrakurzen Haarschnitt und viel zu viel Pomade. Ich lasse nie wieder jemanden meine Liebe erkaufen.“
„Nicht einmal Thomas?“
Jill spürte einen kurzen Stich in ihren Eingeweiden. „Nicht einmal Thomas.“
Sandy parkte das Auto vor einer Wohnanlage. „Vermisst du ihn?“
„Nicht mehr“, erwiderte Jill und drehte sich so in ihrem Sitz, dass sie Sandy direkt in die Augen schauen konnte. „Der Mann hat mich am Altar sitzenlassen. Ich dachte, so etwas passiert nur in Filmen. Er hatte nicht mal den Anstand, mich anzurufen. Stattdessen hat er mich mutterseelenallein in der Kirche stehen lassen, sodass ich mich auch richtig gedemütigt fühlen
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