Ploetzlich Vater
seine Hand zur Faust. Er war wütend auf Aaron, doch genauso wütend war er auf sich selbst, weil er sich so wenig unter Kontrolle hatte. Was zur Hölle war los mit ihm?
* * *
Am selben Abend saß Derrick in seinem großen, leeren Haus und fragte sich zum ersten Mal, seit er vor zwei Jahren dieses 750 Quadratmeter große Ungeheuer von einem Anwesen gekauft hatte, was er sich eigentlich dabei gedacht hatte. Er hatte ein großes Haus, schöne Autos, all das, was die Leute gemeinhin so behaupteten, haben zu wollen. Er hatte einen Beruf, den er liebte. Dennoch saß er jetzt hier, schaute durch die riesigen Fenster den Wellen zu und fragte sich, was zum Teufel das alles sollte. Die Lichter im Haus waren aus, doch der Fernseher erhellte den Raum sanft und warf seltsame Schatten an die Wände. Er hielt sich einen Eisbeutel an die linke Gesichtshälfte.
Maggie zu küssen, war eine dumme Idee gewesen, doch wenn sich die Gelegenheit bot, würde er es wieder tun. Aaron war genauso schuld daran. Er wusste, dass Derrick in Maggie verliebt war. Zum Teufel, jeder Typ in Arcadia war in sie verliebt gewesen. Sie war hübsch, klug und flirtete gerne. Hatte sie schon immer und würde es wohl auch immer tun. Alle mochten sie, und das war der Grund dafür, dass sie alle feierlich gelobt hatten, sie niemals zu ernst zu nehmen. Im Klartext hieß das: Sie war tabu.
Seine Brüder waren mit ihm einer Meinung gewesen, dass niemand sie auseinanderbringen würde, schon gar nicht eine Frau. Doch Aaron hatte offenbar nicht verstanden, was ein Schwur bedeutete. Als Maggie ans College gegangen war, hatten sie alle vor Erleichterung aufgeatmet. Zumindest hatte er das, denn ihm war schon damals klar gewesen, dass er sie liebte. Trotzdem war er bereit gewesen, die Liebe zu ihr um der Freundschaft seiner Brüder willen aufzugeben. Er hatte gedacht, er hätte ein großes Opfer gebracht, doch nun wurde ihm klar, dass es der größte Fehler seines Lebens gewesen war. Er hätte Maggie schon damals sagen sollen, was er für sie empfand, und hätte sie niemals aus den Augen lassen sollen.
Er stöhnte frustriert auf. Er wollte nicht über Maggie nachdenken oder über Aaron. In seinem Kopf hämmerte es, und seine Gedanken wanderten zu Ryan Michael Garrison.
Er hatte einen Sohn, den er noch nicht im Arm gehalten hatte.
An dem Tag seiner Geburt hatte ihm die Krankenschwester Ryan in die Arme legen wollen, doch er hatte eine fadenscheinige Ausrede erfunden, nämlich dass er ein Kratzen im Hals habe und das Baby nicht anstecken wolle. In Wahrheit hatte er Angst gehabt, Angst davor, seinen eigenen Sohn zu halten. Jetzt wo er darüber nachdachte, ängstigte ihn der Gedanke, seinen Sohn niemals halten zu dürften, noch viel mehr.
Draußen brach sich eine Welle geräuschvoll an einem der Felsen. Derrick stand auf und schaute sich um. Entschlossenheit erfüllte ihn, als ihm klar wurde, dass sein Sohn seinem Leben einen neuen Sinn gegeben hatte. Er würde für Ryan kämpfen, und er würde nicht damit aufhören, bis er das gemeinsame Sorgerecht für seinen Sohn hatte.
Kapitel 4
Es war schon Mittag am nächsten Tag, als Jill aus dem Schlafzimmer ins Wohnzimmer wankte.
„Du lebst“, sagte Sandy.
„Gerade noch so.“
„Ryan hat dich wachgehalten, oder?“
„Das ist die Untertreibung des Jahres“, seufzte Jill und ließ sich in den Sessel fallen, der neben der Couch stand, auf der Sandy saß. „Was habe ich getan?“
„Ein Baby zu versorgen, ist am Anfang immer schwer, aber es wird besser … einfacher.“
Jill schüttelte den Kopf. „Du verstehst das nicht. Ich habe das Gefühl, Ryan mag mich nicht.“
„Natürlich mag er dich“, widersprach Sandy und lächelte. „Es dauert einfach ein bisschen, sich daran zu gewöhnen, ein Baby zu haben.“
Jill blies sich eine Strähne ihres unordentlichen Haares aus dem Gesicht. „Ich brauche Kaffee.“
„Ich glaube, das ist keine gute Idee, während du noch stillst.“
„Ich stille nicht mehr.“
„Seit wann denn das?“
„Seit heute Nacht irgendwann. Jetzt schläft Ryan selig. Er hasst mich!“ Jill schlug die Hände vors Gesicht.
Sandy kam zu ihr hinüber und tätschelte ihre Schulter. „Ach, Süße, er hasst dich doch nicht. Alles wird gut. Ich mache dir jetzt erst mal einen Tee und Rühreier.“ Damit ging sie in Richtung Küche.
„So fühle ich mich sonst nie“, sagte Jill. „Ich bin hundemüde … und deprimiert. Seit Ryan auf der Welt ist, will ich nur noch
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